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Die letzte Rune 09 - Das Tor des Winters

Titel: Die letzte Rune 09 - Das Tor des Winters
Autoren: Anthony Mark
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Sie dorthin gehen, wenn Sie könnten?«
    Sie lehnte sich zurück und berührte den Silberring, den sie an der rechten Hand trug. Es war der Ring, den ihr Glinda im Surrender Dorothy gegeben hatte – dem Londoner Nachtclub, der ein geheimer Zufluchtsort für Menschen mit Elfenblut in den Adern gewesen war. Duratek hatte die Kundschaft des Surrender Dorothy kontrolliert, sie mit der Droge Electria versorgt in der Hoffnung, mit ihrem Blut ein Tor nach Eldh öffnen zu können. Aber dann hatte Duratek einen echten Elfen gefangen nehmen können; der Konzern hatte die anderen nicht länger gebraucht. Der Nachtclub war bis auf die Grundmauern niedergebrannt, aber vorher hatte Deirdre noch einmal mit Glinda sprechen können.
    Und seit jener Nacht hatte sie tausend Mal an Glindas purpurfarbene Augen denken müssen und den unmöglich realen Wald, den sie erblickt hatte, als sie sich geküsst hatten. Ein Wald, von dem sie fest überzeugt war, dass er sich nicht in dem Nachtclub oder sonst wo in London befand.
    »Bitte beantworten Sie die Frage, Miss Falling Hawk. Würden Sie nach Eldh gehen, wenn sich die Gelegenheit bieten würde?«
    Sie drehte den Ring an ihrem Finger und lächelte. »Ich glaube, vielleicht bin ich das schon.«
    Das Licht ging an, und es war vorbei. Sie war in den Korridor gegangen, um zu warten, während Hadrian Farr drankam.
    Wieder seufzte Deirdre. Wie lange war er da schon drin? Nirgendwo gab es eine Uhr – hier gab es nichts, das die sorgfältig kultivierte Patina von Alter und Tradition beschädigte, die das Londoner Stiftungshaus durchdrang. Die einzigen Konzessionen an Modernität waren ein Schild mit der Aufschrift ›Ausgang‹ am Ende des Korridors und die Glühbirnen in den Messinglampen, in denen einst Öl gebrannt hatte.
    Kurz vor Shakespeares Zeit gebaut, war das Stiftungshaus ursprünglich das Gildehaus einiger von Londons berüchtigtesten Alchemisten gewesen. Heutzutage hielten es Passanten für einen exklusiven Klub. Da lagen sie nicht einmal völlig falsch. Die Sucher unterschieden sich nicht sehr von den Geografischen Gesellschaften des Viktorianischen Zeitalters, sie planten Reisen in exotische Gegenden. Dass diese Gegenden nicht auf anderen Kontinenten, sondern auf anderen Welten lagen, tat nicht viel zur Sache.
    Von den Suchern während der Restauration erworben, um als erstes Stiftungshaus zu dienen, war das Gebäude beinahe ununterbrochen modifiziert worden; unter dem Erdgeschoss hatte man ein riesiges Labyrinth von Büros, Laboratorien und Computerräumen hinzugefügt sowie Tunnel, die zu mehreren umliegenden Gebäuden führten.
    Deirdre dachte gerade darüber nach, aufzustehen und an die Tür zu klopfen, als sie aufschwang. Farr stand zur Hälfte in der Dunkelheit jenseits der Schwelle, so dass sie ihn nur in Schwarz und Weiß wahrnahm. Mit seinem zerknitterten Hemd, den Hosen und den Bartstoppeln sah er aus, als hätte man ihn aus einem Humphrey-Bogart-Film herausdigitalisiert.
    »Und?« Deirdre stand auf.
    Farr schloss die Tür, ohne zurückzuschauen, und trat ins Licht. »Ich hätte nicht gedacht, dass das so abläuft.«
    »Wie abläuft?«
    Über Farrs Arm hing eine Kamelhaarjacke. Er entfaltete sie und schüttelte sie aus, aber das schien die Falten nur noch hervorzuheben. Farr warf sich die Jacke über die gekrümmten Schultern.
    »Wissen Sie, wie viele der Neun Desiderate wir gebrochen haben?«
    »Ja, das tue ich. Eins, drei, vier, sechs und sieben. Auch wenn ich den Unterschied zwischen Desiderat eins und Desiderat drei nie verstanden habe. Ob da wohl während der Übersetzung aus dem Lateinischen etwas verloren gegangen ist?«
    »Und wissen Sie, wie viele der anderen Direktiven und Dienstvorschriften wir bei unseren Handlungen ignoriert haben?«, fuhr Farr fort.
    »Mal sehen. Da war natürlich der Schwur. Und etwa ein Dutzend lokaler, staatlicher und bundesstaatlicher Gesetze, die in Colorado gelten. Und wenn ich mich recht erinnere, haben Sie während unseres gesamten Aufenthalts in den Vereinigten Staaten nur einmal Zahnseide benutzt Hadrian.«
    Er fuhr sich mit der Hand durch das dunkle Haar, so als könnte es noch zerzauster sein, als es ohnehin schon war. »Es ergibt nicht den geringsten Sinn.«
    »Nein, Farr, Ihr Gerede macht keinen Sinn.« Sie zupfte einen Fussel von seiner Jacke, bemerkte, dass er einen Fleck verborgen hatte, und legte ihn vorsichtig wieder an Ort und Stelle. »Jetzt sagen Sie mir, was passiert ist. Sie haben drei Monate gebraucht, um sich zu
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