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Die letzte Rune 08 - Das Schwert von Malachor

Titel: Die letzte Rune 08 - Das Schwert von Malachor
Autoren: Anthony Mark
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Stroboskop, abwechselnd golden und schwarz.
    Zähle, Travis! Bei Olrigs Auge, du musst zählen!
    Der Klang von Jacks Stimme riss ihn aus seiner Verwunderung. Er sah zu, wie die Sonne über den Himmel raste, gefolgt vom Mond. Schatten wuchsen in die Länge, fielen zurück, wuchsen wieder. Sterne kreisten wild, verblichen zu schwachem Blau, erschienen wieder. Die Tage rasten immer schneller vorbei, einer bei jedem Herzschlag, bis Travis nur noch einen Sonnenuntergang über den vorherigen gelegt sah. Es war wie eine Reihe von Fotos, von denen jedes im Abstand von einem Tag aufgenommen worden war, als die Sonne im Westen starb; dann hatte man sie in der richtigen Reihenfolge auf einen Stapel gelegt, so dass er sie mit dem Daumen durchblättern konnte.
    Lange Schatten schienen sich von Norden nach Süden durch den Kreis zu bewegen. Dann passierte es, so schnell, dass er es beinahe verpasste. Der Schatten der westlichsten Säule huschte über den Mittelobelisken. Das Herbstfest. Dann bewegte sich der Schatten weiter.
    Achte nicht auf die anderen Säulen, Travis. Konzentriere deinen Blick auf die ganz im Westen. Jedes Mal, wenn ihr Schatten die Mitte berührt, musst du ein weiteres Jahr hinzuzählen.
    Es war schwerer, als er gedacht hätte. Die Geschwindigkeit nahm stetig zu. Zuerst schien es eine Minute zu dauern, bis der Schatten die Position wieder erreichte. Dann eine halbe. Dann nur noch Sekunden.
    Manchmal wurden die Dinge grau; an manchen Tagen musste die untergehende Sonne von Wolken verdeckt worden sein. Aber Travis wurde mit dem Muster und dem Rhythmus der Bewegung vertraut; er wusste, wann die Tagundnachtgleiche vergangen war, denn dann schwang der Schatten der westlichen Säule wie ein dunkles Pendel aus.
    Er war sich der anderen neben sich nur dunkel bewusst. Aber er konnte sich nicht umdrehen, um nach ihnen zu sehen. Standen sie in Regen und Schnee? Wäre jemand auf das Turmdach gestiegen, hätte er dann vier Menschen erblickt, die selbst wie Steinsäulen dort standen? Er war sich nicht sicher; irgendwie glaubte er es aber nicht.
    Travis zählte weiter. Er war an neunzig vorbei, und noch immer vergingen die Jahre schneller. Einhundert. Einhundertzwanzig. Er hielt die Augen geöffnet, er wagte es nicht zu blinzeln.
    Jetzt!
    Der Schatten berührte die Zentralsäule. Travis schob die beiden Hälften der Scheibe zusammen. Aber dabei hätte er eine davon beinahe verloren, konnte sie gerade noch fest halten. Der Schatten setzte an, an der Zentralsäule vorbeizuschwingen …
    Sei unversehrt!, rief Travis in Gedanken.
    Die beiden Hälften der Rune vereinigten sich mit einem blauen Blitz. Der wirbelnde Schattentanz hörte auf. Travis taumelte und wäre gefallen, wäre da nicht Durges starker Griff an seiner Schulter gewesen.
    Sareth machte ein paar Schritte vor, sein Holzbein schlug auf dem Stein ein hartes Stakkato. »Hat es geklappt?«
    Es war Nacht. Aber welcher Tag? Welches Jahr?
    Durge starrte in den sternenübersäten Himmel und studierte ihn. »Nach den Konstellationen zu urteilen, würde ich sagen, dass das Herbstfest mindestens einen Monat vorbei ist.«
    Travis strich über die Rune in seiner Hand; sie war wieder unversehrt. »Ich hatte ein kleines Problem, die Dinge wieder anzuhalten.«
    »Ich hoffe, nicht zu sehr«, meinte Sareth. »Was glaubt ihr, in welchem Jahr sind wir? Sind wir weit genug in die Zukunft gereist?«
    »Ja«, sagte Lirith und streckte den Arm aus. »Seht doch.«
    Sie folgten ihrem Blick, dann sahen sie es. Der Stern pulsierte wie ein funkelnder Rubin tief am südlichen Horizont.
    »Das ist Tiras Stern«, sagte die Hexe. »Er ist vor unserem Aufbruch im Sommer erschienen. Also müssen wir im richtigen Jahr sein.«
    Es sei denn, wir sind zu weit gegangen, wollte Travis sagen, und sind Jahre nach unserem Aufbruch eingetroffen. Aber bevor er es sagen konnte, keuchten alle auf.
    Der rote Stern verschwand.
    »Was ist passiert?«, fragte Sareth und rieb sich die Augen. »Wir haben uns das doch nicht bloß eingebildet, oder? Vielleicht war das ja nur ein Wunschtraum. Schließlich wollten wir etwas sehen, das uns wissen ließ, dass wir das richtige Jahr erreicht haben.«
    Durge warf dem Mournisch einen mürrischen Blick zu. »Ich habe keine Wunschträume. Er war da.«
    »Er hat Recht«, sagte Travis. »Wir haben Tiras Stern gesehen.«
    Aber nur einen Augenblick lang. Wo war er hin? Bevor sie weiter darüber nachdenken konnten, hörten sie Schritte. Sie drehten sich um und sahen eine Gestalt durch
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