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Die letzte Lagune

Die letzte Lagune

Titel: Die letzte Lagune
Autoren: Nicolas Remin
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schärfer
aus. Tron bildete sich ein, jedes einzelne Bläschen in seinem
Champagnerglas wahrzunehmen.
    «Und
womit?», erkundigte sich die Principessa.
    «Als Flyte zu
Besuch war, hattest du doch das Gefühl, dass er uns etwas
verschweigt», sagte Tron. «Erinnerst du
dich?»
    «Was hat er uns
denn verschwiegen?»
    «Praktisch
alles», erwiderte Tron. «Und Contarini war der Erste,
der ihm auf die Schliche gekommen ist. Jetzt verstehe ich, warum
Contarini plötzlich das Interesse an den Tagebüchern
verlor. Wir dachten, er wolle die Tagebücher nicht mehr, weil
er die Informationen, die er brauchte, durch seinen Einbruch bei
Flyte erhalten habe. Wir hielten ihn ja für den
Einbrecher.»
    «Du meinst, die
Information, wo Zanetto Tron den Gral versteckt
hatte?»
    Tron nickte.
«Aber der Grund für das plötzliche Desinteresse
Contarinis war ein anderer. Wir haben ja beim Einbruch in seine
Wohnung im Seminario eine Übersetzung gefunden, die
merkwürdigerweise nicht von Flyte stammte.» Tron
nahm einen weiteren Schluck, um die Wirkung der zahlreichen Tassen
Kaffee zu kompensieren, die er im Florian getrunken hatte.
«Diese Übersetzung», fuhr er fort, «war
keine Übersetzung der Tagebücher aus Flytes Wohnung. Die
hatte Contarini ja nie betreten. Es war die Übersetzung eines
Tagebuchfragments, das in der Bibliothek von San Lazzaro gefunden
wurde und die jemand in Rom angefertigt hat. Contarini hatte sie
nach Venedig mitgebracht.»
    «Ich verstehe
nicht, worauf du hinauswillst.»
    Tron lächelte.
«Die Pointe kommt gleich. Flyte hatte in San Lazzaro
angefragt, ob sich dort noch Fragmente der Tagebücher Zanetto
Trons befänden. Nun, es haben sich dann Fragmente gefunden, die
so interessant waren, dass sie sofort nach Rom geschickt worden
sind. Da wurden sie geprüft, und Contarini bekam den Auftrag,
den Gral nach Rom zu holen. Aber dann sind die Tagebuchfragmente in
Rom ein zweites Mal untersucht worden. Und da hat man etwas
Interessantes festgestellt.»
    «Was
denn?» Die Principessa fischte eine Maria Mancini aus ihrem
Zigarettenetui.
    «Kannst du dich
auch daran erinnern, wie Flyte uns gegenüber erwähnt hat,
dass er ein paar Tage in der Bibliothek von San Lazzaro geforscht
hat?»
    «Wo du es jetzt
erwähnst, ja.»
    «Gut»,
sagte Tron. «Denn das ist für die Geschichte
entscheidend. Übrigens hat Flyte auch in der Bibliothek der
Hofburg geforscht, was ich erst von Lodron erfahren habe.»
Tron gab Moussada den Wink, noch etwas Cliquot nachzuschenken.
«Jedenfalls haben sie dann in Rom etwas festgestellt, was sie
vermutlich auch in Wien hätten herausfinden können, wenn
sie sorgfältiger gewesen wären.»
    «Mach’s
nicht so spannend.»
    «Sie haben
festgestellt», fuhr Tron fort, «dass sie auf eine
Fälschung hereingefallen sind.»
    Die Principessa
verschluckte sich fast am Rauch ihrer Zigarette. Sie starrte Tron
ungläubig an. «Soll das heißen, Zanetto Tron hat
nie existiert?»
    Tron schüttelte
den Kopf. «Zanetto Tron hat sehr wohl existiert. Aber man
weiß lediglich, dass ein gewisser Zanetto Tron am vierten
Kreuzzug beteiligt gewesen und in Konstantinopel verschollen ist.
Flyte hat seine Rolle dann ein wenig
ausgeschmückt.»
    «Und sich dieses
Tagebuch ausgedacht?»
    «So ist
es», sagte Tron. «Er hat in Wien und auf San Lazzaro
nur zum Schein geforscht. In Wahrheit hat er in beiden Bibliotheken
perfekte Fälschungen deponiert.»
    «Und was ergibt
das alles für einen Sinn?»
    «Flyte brauchte
eine Stellung», sagte Tron. «Es ging um die Berufung
ans Queen’s College, auf die Flyte angewiesen war, um Holly
Parker heiraten zu können. Er hat wohl nie ernsthaft damit
gerechnet, den Prozess gegen seinen Onkel zu
gewinnen.»
    «Du meinst, als
Entdecker der Tagebücher hätte er alle Mitbewerber aus
dem Feld
geschlagen?»      
    Tron nickte.
«Und dabei wollte er kein Risiko eingehen. Also nicht nur
eine perfekte Fälschung für die Marciana fabrizieren,
sondern auch Wien und Rom als Zeugen für die Echtheit seiner
Entdeckung gewinnen. Deshalb hatte er Fragmente der
gefälschten Tagebücher in der Wiener Hofbibliothek und
auf San Lazzaro deponiert.»
    «Hätte das
alles nicht auch ohne den Gral funktioniert?
    Die Entdeckung der
Tagebücher wäre in jedem Fall eine Sensation
gewesen.»
    «Natürlich»,
sagte Tron. «Aber Flyte war ein Perfektionist und hatte viel
Phantasie. Er wird durch irgendeinen Zufall erfahren haben, dass
wir dort oben an der Lagune ein Haus besitzen. Dann hat er das Haus
mit
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