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Die Leiche am Eisernen Steg (German Edition)

Die Leiche am Eisernen Steg (German Edition)

Titel: Die Leiche am Eisernen Steg (German Edition)
Autoren: Frank Demant
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„Na, wie geht’s?“
    Mit einer die komplette Menschheit verachtenden Grimasse schlürfte der Redakteur an einer dampfenden Kaffeetasse. Dann sah er erschöpft zu Herrn Schweitzer. Es sah so aus, als überlege er, ob Arglist hinter der Frage lauerte. Doch irgendwie hatte es sein Gegenüber fertiggebracht, völlige Ahnungslosigkeit und jungfräulich reine Unschuld auszustrahlen, was wiederum des Redakteurs Sarkasmus belebte: „Eigentlich wollte ich mich gerade umbringen. Aber jetzt, wo ich dich sehe, erkenne ich, daß ich gar nicht so schlecht dran bin.“
    „Blödmann.“
    Melibocus griff nach der Lambruscoflasche. „Willst einen Schluck? Hab ich extra für dich übriggelassen.“
    „Laß mal.“
    „Überleg’s dir gut. Ich schütt’s sonst weg.“
    „Schütt’s halt weg.“
    Und während die rote Flüssigkeit ins Waschbecken rann, fragte Melibocus: „Du hast nicht zufällig eine Ahnung, wie ich gestern nach Hause gekommen bin?“
    Herr Schweitzer erinnerte sich an sein Klassentreffen und ergötzte sich an der Vorstellung, daß es den Leuten wie den Menschen geht. Oft denkt man ja, man sei der einzige, der immerzu mit den Fallstricken des Lebens zu kämpfen habe, und ist meist verwundert, wenn man vom Gegenteil hört. „Im Eichkatzerl warst du jedenfalls nicht.“
    „Soso. Aha. Nun denn. Setz dich doch. Was treibt dich her? Nein, laß mich raten. Bestimmt hast du mal wieder alles aufgeklärt und legst mir gleich ein unterschriebenes Geständnis von diesem Wichser Heidenbrück auf den Tisch.“
    „Senior oder Junior?“
    „Ach, stimmt ja. Jetzt, wo du’s sagst. Der Senior ist ja tot. Und von Toten kannst selbst du nix mehr verlangen, gelle?“
    Er fand es gar nicht mal so schlecht, daß Melibocus so drauf war, wie er drauf war. Gleichgültigkeit war genau der Zustand, der Menschen dazu brachte, das zu tun, was sie normalerweise nicht taten. Und so berichtete Herr Schweitzer ausführlich von seiner Israelvisite. Was es mit diesem Hermann Bauer auf sich hatte. Wie Peter Söhnle ins Bild paßte. Und daß Claude Heidenbrück genau das Arschloch war, für den er, Melibocus, ihn immer gehalten habe.
    Obwohl er anfangs eher desinteressiert gewirkt hatte, so glätteten sich seine Gesichtsfalten mit zunehmender Vortragsdauer. Als die Sprache dann auf Heidenbrück kam, hatte sich Melibocus bereits kerzengerade in seinem Sessel aufgerichtet. Herrn Schweitzer war, als hätten sich sogar die Ohren des Redakteurs vergrößert. Als er endete, war er mächtig stolz auf seine in unzähligen Kneipengesprächen geschärfte Erzählkunst.
    Nach seinem Gesichtsausdruck zu urteilen, war Melibocus nun nicht mehr damit beschäftigt, wie er seinen Kater bekämpfen sollte, sondern suchte nach einem Weg, die erhaltenen Informationen sinnvoll zu nutzen. Daß er auf Hochtouren lief, merkte man auch an der Art, wie er sich am Kinn kratzte. Eine nachgerade würdevolle Weihe durchwob die noch immer nach Alkoholexzeß stinkende Luft. Er würde einen Teufel tun und Melibocus jetzt unterbrechen.
    Als Herr Schweitzer schon glaubte, der Redakteur sei auf ewig verstummt, wartete dieser mit einer Glanzleistung auf: „Belastendes Material wird doch eh nie im Original verschickt.“
    Obschon ihm klar war, was Melibocus damit ausdrücken wollte, und weil es ihm, dem ausgebufften Psychologen, besser in den Kram paßte, dem Redakteur das Gefühl zu vermitteln, von ganz alleine daraufgekommen zu sein, fragte Herr Schweitzer in typisch frankfurterischer Manier: „Hä?“
    „Ist doch ganz einfach. Wir fälschen die Beweise. Oder besser gesagt, wir rekonstruieren sie und zwingen damit Heidenbrück Junior, zur Nazi-Vergangenheit des Konzerns Stellung zu nehmen.“
    „Buah. Ist echt klasse, deine Idee. So was wäre mir nie im Leben eingefallen.“
    „Ich bin mir sicher, wenn der Stein erst mal ins Rollen geraten ist, dann werden auch noch andere Beweise auftauchen. Das ist immer so, glaube mir. Ich kenne mich aus in der Branche. Laß die Meute nur erst einmal Blut geleckt haben, dann hält sie keiner mehr auf.“
    „Ja, aber glaubst du denn, daß das hinhaut? Ich meine, so ein offizielles Schreiben von wegen der Deportation zu fälschen, mit Unterschriften und so, das ist doch bestimmt nicht ganz einfach, kann ich mir denken.“
    „Pah, eine meiner leichtesten Übungen. Und weißt du was, wir setzen sogar noch eins drauf. Genau. Wir erpressen Heidenbrück. Er soll eine bestimmte Summe an eine gemeinnützige Organisation seiner Wahl spenden,
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