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Die Leibwächterin (German Edition)

Die Leibwächterin (German Edition)

Titel: Die Leibwächterin (German Edition)
Autoren: Leena Lehtolainen
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Mineralwasser, nahm eine Tablette gegen die Übelkeit und zwei gegen die Kopfschmerzen und tastete vorsichtig meinen Kopf ab. Nichts deutete darauf hin, dass man mich niedergeschlagen hatte. Als Nächstes zog ich mich aus, stellte mich vor den Spiegel und inspizierte meinen Körper. Die Knie waren leicht verschorft, wie nach einem Sturz, aber meine Handflächen waren unversehrt. Zwischen den Beinen spürte ich keinen Schmerz, entdeckte auch keine Prellungen, die den Verdacht auf Vergewaltigung geweckt hätten. Als ich unter der Dusche stand, erinnerte ich mich, dass ich zu den Blinis einen Wodka und zwei Glas litauisches Starkbier und in der Bar Swoboda noch ein Bier getrunken hatte. Wenn in dem Bier, das ich beim Essen zu mir genommen hatte, ein Betäubungsmittel gewesen wäre, hätte es weitaus früher wirken müssen, und das Bier in der Bar hatte ich behütet wie eine Mutter ihr Baby. Oder? Als Anita auf die Straße getreten war, hatte ich einen Moment lang nur auf sie geachtet. Hatte es einer der drei Männer, die mich umringten, fertiggebracht, mir etwas ins Glas zu träufeln, bevor ich den letzten Schluck getrunken hatte? Fluchend wickelte ich mich in das dünne Handtuch, das gerade breit genug war, um meinen Körper vom Brustansatz bis zum Po zu bedecken. Dann zog ich die Vorhänge zu und rief Anita am Handy an. Keine Antwort.
    Hatte ich mit ihr gesprochen? Hatten wir uns ausgesöhnt? Wie war ich ins Hotel gekommen? Vergeblich durchforstete ich mein Gedächtnis. Ich rief in Anitas Hotelzimmer an, doch auch dort meldete sie sich nicht. An der Rezeption sagte man mir lediglich, Frau Nuutinen logiere noch im Haus; weitere Auskünfte könne man mir nicht geben.
    Wer wusste etwas über Anitas Angelegenheiten? Ihre Sachwalterin Maja Petrowa? Der Taxifahrer Sergej Schabalin? Petrowas Telefonnummer kannte ich nicht, und als ich Schabalin anrief, hörte ich das Besetztzeichen. Der Ton war unerträglich, er bohrte sich geradezu in meinen Schädel. Ich musste mich noch einmal aufs Bett legen und zog auch die Decke über mich, obwohl sie ebenso schlecht roch wie meine schmutzigen Kleider. Die Duschfrische war im Nu verflogen. Als ich mich umdrehte, strich mir etwas Weiches über die Füße. Ich griff danach, spürte glatte Seide. In meinem Bett lag Anitas goldfarbenes Gucci-Tuch, das sie oft verwendete, wenn sie Kleidung in neutralen Farben trug. Wie war es bei mir gelandet?
    Panik erfasste mich, denn alle Erklärungen, die mir einfielen, waren gleichermaßen schlimm. Anita hätte mir nie im Leben ihr Tuch gegeben, selbst wenn wir in Freundschaft auseinandergegangen waren. Ich zwang mich, meine Waffe zu inspizieren – war sie während meines Blackouts benutzt worden? Nein, es waren keine Pulverspuren zu sehen, und im Magazin fehlte keine Kugel. Warum hallte mir dennoch ein Schuss in den Ohren, den ich nicht einzuordnen wusste?
    Plötzlich drängte es mich, das stickige Zimmer so schnell wie möglich zu verlassen, obwohl es noch Stunden dauerte, bis mein Zug fuhr. Ich verspürte Hunger. Im Rucksack fand ich den Energieriegel, den ich für Notfälle eingesteckt hatte. Ich aß ihn langsam, voller Angst, die Übelkeit würde zurückkommen. Dann duschte ich noch einmal und zog mich an. Anitas Tuch packte ich ganz unten in meinen Rucksack, unter die Reservemagazine, die Glock steckte ich ins Schulterhalfter. Nachdem ich die Hotelrechnung beglichen hatte, bekam ich meinen Pass ausgehändigt, den ich beim Einchecken als Pfand hatte hinterlegen müssen. Ich fuhr mit der Metro zum Bahnhof und löste die vorbestellte Fahrkarte. Wieder versuchte ich vergeblich, Anita oder Schabalin zu erreichen. Schabalins Anschluss war nicht mehr besetzt, ich ließ es lange läuten, doch er meldete sich nicht.
    Da ich keine Lust hatte, mit meinem Gepäck herumzulaufen, es aber auch nicht bei der Aufbewahrung hinterlassen wollte, ging ich ins Bahnhofsrestaurant, wo ich Borschtsch und Mineralwasser bestellte. Nachdem ich mich gestärkt hatte, versuchte ich erneut, mir die Ereignisse des gestrigen Abends ins Gedächtnis zu rufen, doch meine Erinnerung endete schlagartig an dem Punkt, als ich die Bar verlassen hatte, um auf Anita zu warten. Vielleicht waren wir uns nicht begegnet, oder sie hatte es abgelehnt, mit mir zu reden. Vielleicht hatte sie das Tuch versehentlich fallen gelassen, und ich hatte es aufgehoben. Die meisten Knock-out-Tropfen führen zu tiefem Gedächtnisschwund, der weder durch Hypnose noch durch eine Therapie zu beheben ist. Aber
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