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Die Leibwächterin (German Edition)

Die Leibwächterin (German Edition)

Titel: Die Leibwächterin (German Edition)
Autoren: Leena Lehtolainen
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sie in Lappeenranta Paskewitsch kennen, der dort nach Villen für seine russischen Kunden suchte. Er war ein aufstrebender Oligarch mit Verbindungen zum Öl- und Gashandel. Es waren die verrückten Jahre, in denen die wirtschaftliche Macht in Russland neu verteilt wurde, wobei Frechheit siegte. Kurz zuvor war Nuutinen, ihr Mann, aus Anitas Leben verschwunden; sie behauptete, sie habe sich aus purer Einsamkeit in Paskewitsch verliebt und sei von ihm so verzaubert gewesen, dass sie nicht nur mit ihm ins Bett ging, sondern auch seine Geschäftspartnerin wurde. Rubel schien er genug zu haben. Paskewitsch und Anita ließen drei Sommerhausdörfer am Ufer des Saimaa-Sees und einige Luxusvillen auf den Inseln bauen. Sie gingen davon aus, dass sie genug reiche russische Kunden finden würden. Um die gleiche Zeit scheffelte Paskewitsch mit Immobiliengeschäften in Moskau Geld. Anita nahm einen riesigen Kredit auf, um auch dort seine Teilhaberin zu werden. Sie spekulierte darauf, dass die Rezession in Finnland bald zu Ende gehen und es sich lohnen würde, in Russland zu investieren. Ein paar Jahre lang lief auch alles plangemäß. Anitas Investitionen in Finnland und in Moskau trugen reiche Früchte, und sie konnte ihren Kredit in einem Tempo zurückzahlen, über das der Bankdirektor staunte. Ihre Beziehung zu Paskewitsch wurde nie offiziell gemacht, hielt aber jahrelang. Allerdings war Paskewitsch nicht daran gewöhnt, treu zu sein. Anita war eine elegante und gepflegte Frau, doch der virile Russe brauchte Abwechslung. Als Anita eines Abends unangemeldet die gemeinsame Loftwohnung in Moskau betrat, entdeckte sie in Paskewitschs Bett zwei kaum volljährige Models; wie sich schnell herausstellte, waren sie nicht zum ersten Mal bei ihm.
    Anita handelte besonnen. Statt eine Szene hinzulegen, holte sie eine Flasche Champagner aus dem Kühlschrank und goss allen Anwesenden ein Glas ein. Sie sagte, sie verstehe Valentin, ihr selbst sei Herr Nuutinen nach zehn Ehejahren ja auch langweilig geworden. Paskewitsch beteuerte, er wolle sich keineswegs von Anita trennen, aber er brauche nun einmal mehr als eine Frau.
    Anita fasste darauf einen Plan, den sie über Jahre hinweg verwirklichte. Sie nahm Paskewitschs Seitensprünge scheinbar gleichmütig hin, denn letztlich kehrte er doch immer wieder zu ihr zurück, aber insgeheim bereitete sie einen Betrug vor, und zwei Jahre bevor ich in ihren Dienst trat, setzte sie ihn in die Tat um. Die genauen technischen Einzelheiten der Aktion kannte ich nicht, aber jedenfalls hatte Anita es geschafft, ein Ferienhausdorf und zwei Mietshäuser am Ufer der Moskwa auf sich allein überschreiben zu lassen. Ich hatte den Verdacht, dass sie Paskewitsch unter Drogen gesetzt hatte oder dass ihm aus irgendwelchen anderen Gründen einfach nicht klar gewesen war, was er unterschrieb. Aber seine Unterschriften waren rechtskräftig. Anita hatte das Gesetz auf ihrer Seite, allerdings setzte Paskewitsch nun seine Killer auf sie an, und sie wagte zwei Jahre lang nicht, Finnland zu verlassen. Schließlich sah sie sich jedoch gezwungen, wieder nach Russland zu reisen, da sie ihrer Sachwalterin in Moskau nicht uneingeschränkt trauen konnte. Ihr voriger Leibwächter hatte seinen Beruf wegen eines Unfalls in der Freizeit aufgeben müssen: Er hatte sich die Achillessehne gerissen und würde nie mehr schnell laufen können. Anita hatte jedoch den Verdacht, dass er bestochen oder misshandelt worden war. Er war später nach Florida gezogen, wo er nun in einem Fitnesscenter arbeitete.
    Ich sah, dass Schabalin vor einem Haus stoppte, das ich kannte. Mein Taxi hielt ebenfalls, und zwar näher an Schabalins Wagen, als mir lieb war. Der Fahrer fragte, wie es nun weitergehen solle. Ich antwortete auf Englisch, wir würden erst einmal abwarten. Schabalin hielt Wache, bis Anita das Haus betreten hatte. Dann wendete er in einem waghalsigen Manöver, das prompt ein Hupkonzert auslöste.
    Im Erdgeschoss des Hauses befand sich ein Lokal. Wenn ich dort einen Fenstertisch bekam, würde ich Schabalin sehen, wenn er zurückkam, um Anita abzuholen. Ich bezahlte das Taxi und stellte fest, dass mir nur noch fünfzig Rubel Bargeld blieben. Zum Glück genug für einen Drink in der Bar, die Swoboda hieß, nichtssagend, zu hell und fast leer war. Einen Fenstertisch zu ergattern war kein Problem. Obwohl es in dem Lokal keinerlei Textilien gab, nur Holztische und Barhocker aus Plastik, schien sich überall Zigarettenrauch eingefressen zu haben. Ich
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