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Die Legende

Die Legende

Titel: Die Legende
Autoren: David Gemmell
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aufsteht, Vater, sonst bleibt er noch den ganzen Tag liegen.«
    »Sie hat recht, Rek«, erklärte Horeb, als die Tür sich hinter ihr schloß. »Es ist Zeit für dich zu gehen, und da ich weiß, wie lange du brauchst, um dich für die Öffentlichkeit präsentabel zu machen, ist es wohl am besten, ich überlasse dich dieser Tätigkeit.«
    »Man muß möglichst gut aussehen ...«
    » ... wenn man eine Stadt verläßt. Ich weiß. Das sagst du immer, Rek. Ich sehe dich unten.«
    Wieder allein, änderte sich Reks Verhalten. Die Lach-fältchen um seine Augen wurden zu Zeichen der Anspannung, fast der Trauer. Die Drenai waren als Weltmacht am Ende. Ulric und die Nadir-Stämme hatten bereits mit ihrem Marsch auf Drenan begonnen, und sie würden auf Strömen von Blut in die Städte der Ebenen reiten. Selbst wenn jeder Drenai-Krieger dreißig Stammesleute tötete, blieben immer noch Hunderttausende übrig.
    Die Welt veränderte sich, und Rek wurden allmählich die Verstecke knapp.
    Er dachte an Horeb und seine Töchter. Seit sechshundert Jahren hatte die Rasse der Drenai der Welt eine Zivilisation aufgedrückt, für die sie nicht geeignet war. Sie hatten brutal erobert, weise gelehrt und, im großen und ganzen, gut geherrscht. Aber sie hatten ihren Sonnenuntergang erreicht, und ein neues Reich wartete, bereit, aus Blut und Asche des alten zu erstehen. Er dachte wieder an Horeb und lachte. Was immer auch geschieht, der alte Mann wird überleben. Selbst die Nadir brauchen gute
    Wirtshäuser. Und die Töchter? Wie würde es ihnen ergehen, wenn die Horden durch die Stadttore brachen? Blutige Bilder überfluteten seine Gedanken.
    »Verdammt!« brüllte er, rollte sich aus dem Bett und riß das eisverkrustete Fenster auf.
    Der Winterwind streifte seinen bettwarmen Körper und brachte ihn zurück in die Wirklichkeit des heutigen Tages und zu seinem langen Ritt nach Süden. Er ging zur Bank hinüber, auf der seine Kleider ausgelegt waren, und zog sich rasch an. Das weiße, wollene Unterhemd und die blaue Hose waren Geschenke von der sanften Dori; die Tunika mit dem goldbestickten Kragen ein Überbleibsel aus besseren Tagen in Vagria; die Weste mit dem Schaffellfutter und den goldenen Bändern ein Geschenk von Horeb, und die schenkellangen Hirschlederstiefel ein Überraschungsgeschenk von einem müden Reisenden in einer abgelegenen Herberge. Und wie dieser Reisende erst überrascht gewesen sein muß! dachte Rek, als er sich an den Kitzel aus Angst und Aufregung erinnerte, als er vor nicht einmal einem Monat in das Zimmer des Mannes geschlichen war und die Stiefel gestohlen hatte. An der Garderobe stand ein mannshoher Bronzespiegel, in dem Rek seinem Bild einen langen Blick zuwarf. Er sah einen hochgewachsenen Mann mit schulterlangem braunen Haar und gepflegtem Schnurrbart, der in seinen gestohlenen Stiefeln eine gute Figur machte. Er hängte sich das Wehrgehänge um und schob sein Langschwert in die schwarzsilberne Scheide.
    »Was für ein Held«, sagte er mit einem zynischen Lächeln zu seinem Spiegelbild. »Was für ein Schmuckstück von einem Helden.« Er zog das Schwert und vollführte ein paar Scheinattacken und Paraden, prüfte dabei jedoch ständig mit einem Blick sein Spiegelbild. Das Handgelenk war noch immer geschmeidig, der Griff sicher. Was immer du nicht bist, sagte er sich - ein Mann des Schwertes bist du. Vom Fensterbrett nahm er den silbernen Stirnreif, seinen Talisman. Er war sein Glücksbringer, seit er ihn in einem Bordell in Lentria gestohlen hatte.
    Er schob ihn sich über die Stirn und hielt damit sein dunkles Haar zurück.
    »Du bist vielleicht nicht wirklich großartig«, erklärte er seinem Spiegelbild, »aber bei allen Göttern in Missael, du siehst so aus!« Die Augen lächelten ihm entgegen. »Spotte nicht über mich, Regnak Wanderer«, sagte er. Er warf sich den Umhang über den Arm und schlenderte in den langgestreckten Raum hinunter, wo er seinen Blick prüfend über die frühen Gäste schweifen ließ. Horeb winkte ihm vom Tresen her einen Gruß zu.
    »Das ist schon besser, Rek, mein Junge«, sagte er und lehnte sich in spöttischer Bewunderung zurück. »Du könntest direkt einem von Serbars Gedichten entsprungen sein. Was zu trinken?«
    »Nein. Ich glaube, das lasse ich für eine Weile - vielleicht zehn Jahre. Das Gebräu von gestern nacht gärt noch immer in meinen Eingeweiden. Hast du mir etwas von deinem abscheulichen Fraß für unterwegs eingepackt?«
    »Madige Kekse, verschimmelten Käse und eine
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