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Die Legende der Wächter 2: Die Wanderschaft

Die Legende der Wächter 2: Die Wanderschaft

Titel: Die Legende der Wächter 2: Die Wanderschaft
Autoren: Kathryn Lasky
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Selbstentzündung handeln“, warf Gylfie ein.
    Morgengrau bedachte die zierliche Elfenkäuzin mit einem vernichtenden Blick. Andauernd versuchte sie, ihm mit ihren angeberischen Wörtern die Schau zu stehlen. Er hatte keine Ahnung, was „Selbstentzündung“ war. Wahrscheinlich wusste Gylfie es selber nicht. Er entschloss sich jedoch, die Sache vorerst auf sich beruhen zu lassen. „Kommt, wir fliegen hin.“
    Sie landeten nicht weit von der Stelle entfernt, wo der Rauch am dichtesten war. Der Qualm schien aus einer Höhle unter einem Felsvorsprung zu kommen. Vor der Höhle lagen ein paar glimmende Holzstücke und angesengte Zweige.
    „Sag mal, Digger“, meinte Morgengrau, „kannst du mit deinen komischen federlosen Beinen eigentlich genauso gut graben, wie du laufen kannst?“
    „Und ob! Was glaubst du wohl, wie wir Höhlenkäuze unsere Bauten befestigen und erweitern? Wir geben uns nicht mit dem zufrieden, was uns andere Tiere hinterlassen!“
    „Na, dann buddel mal drauflos und zeig uns, wie man das macht! Wir müssen die Glut vergraben, ehe ein Windstoß sie wegfegt und es womöglich doch noch ein großes Feuer gibt.“
    Die Glut zu vergraben war Schwerstarbeit, vor allem für Gylfie, die nicht nur von allen die Kleinste war, sondern auch die kürzesten Beine hatte. „Was hier wohl los war?“, fragte sie halblaut. Sie hielt inne und schaute sich um. Ihr Blick blieb an einem verkohlten Holzstück hängen, das bei näherem Hinsehen sonderbar schimmerte. Gylfie blinzelte. Es glänzte und war gebogen. Gylfies Muskelmagen zog sich zusammen, ihre Füße trugen sie wie von allein auf das schwarze, gekrümmte Ding zu.
    Die Elfenkäuzin schnappte nach Luft. „Das sind ja Kampfkrallen!“
    In diesem Augenblick drang aus der Höhle ein schauriges Stöhnen: „Weg hier! Weg hier!“
    Aber das ging nicht. Sie konnten sich auf einmal nicht mehr vom Fleck rühren. Denn vor dem Höhleneingang glühten zwei Augen, rot wie das glimmende Holz. Ein widerlicher Gestank schlug ihnen entgegen. Zwei krumme Reißzähne blitzten auf.
    „Ein Luchs!“, schrie Morgengrau warnend.
    Wie auf Befehl vollführten alle vier Eulen mit ihren Schwingen kraftvolle Aufwärtsschläge, während der Luchs unter ihnen tobte und fauchte. Noch nie hatte Soren solche Laute vernommen. Alles kam so plötzlich, dass er ganz vergaß, das glühende Holzstück fallen zu lassen, das er noch im Schnabel trug.
    „Gütiger Glau x – Soren!“, rief Gylfie aus, die sah, wie der rötliche Glutschein auf das Gesicht ihres besten Freundes fiel.
    Soren ließ das brennende Stück Holz los.
    Jäh ertönte ein himmelerschütterndes Kreischen. Ein Schatten, schwärzer als die Nacht, machte einen Luftsprung, dann wand er sich jaulend am Boden.
    „Bei meinem Muskelmagen!“, entfuhr es Morgengrau. „Du hast die Glut auf den Luchs geworfen, Soren! Volltreffer!“
    „Ich habe was?“
    „Kommt, wir machen das Biest fertig. Wir geben ihm den Rest!“
    „Den Rest?“
    „Alles hört auf mein Kommando! Soren, du hackst dem Luchs die Augen aus. Gylfie, gib acht, dass du keinen Schlag mit dem Schwanz abkriegst. Ich schlitze dem Vieh die Kehle auf und du nimmst dir die Flanke vor, Digger.“
    Zum todbringenden Keil formiert, stürzten sich die vier Eulen von oben auf den Luchs. Soren hackte mit dem Schnabel nach dem Auge, das nicht von dem glühenden Holzstück ausgebrannt war. Digger grub der sich windenden Raubkatze die Krallen in die Flanke und Gylfie hieb ihrerseits in die größte Schnauze ein, die Soren je untergekommen war. Morgengrau holte nach der Kehle aus. Blut spritzte, der Luchs gab keinen Laut mehr von sich. Mit qualmender Augenhöhle lag er reglos da. Es stank nach versengtem Fell. Das Herz der Raubkatze schlug nicht mehr.
    Soren drehte sich nach Gylfie um. „Glaubst du, der Luchs war hinter den Kampfkrallen her?“
    Seinerzeit im Sankt Äggie hatte ihnen der alte Raufußkauz Grimbel einiges über Kampfkrallen erzählt, bevor er bei Sorens und Gylfies Flucht ums Leben gekommen war. Die Krieger von Sankt Ägolius konnten ihre Kampfkrallen nicht selbst herstellen, sondern stahlen sie von verlassenen Schlachtfeldern. Aber wozu brauchte ein Luchs Kampfkrallen? Die beiden Eulen betrachteten die langen, spitzen Klauen der Raubkatze, die weitaus gefährlicher aussahen als irgendwelche künstlichen Krallen.
    „Nein“, sagte Morgengrau da. Er war etwas weitergeflogen und stand nun im Eingang der Felshöhle. „Was den Luchs hergelockt hat, befindet sich hier
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