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Die Lagune Der Flamingos

Die Lagune Der Flamingos

Titel: Die Lagune Der Flamingos
Autoren: Sofia Caspari
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verriet?
    Mina wagte nicht, sich das auszumalen. Längst war sie dazu übergegangen, ihre Brust mit einem festen Leinenband zurückzubinden. Fieberhaft hatte sie überlegt, wie sie Philipp auch in Zukunft am besten aus dem Weg gehen konnte, bis ihre Mutter ihr vorgeschlagen hatte, bei den Dalbergs, für die auch der Stiefvater arbeitete, in Stellung zu gehen. Annelie und sie hatten beide befürchtet, Xaver Amborn könnte das Vorhaben ablehnen, aber der Gedanke an mehr Geld hatte den Mann recht schnell überzeugt.
    »Lass sie nur arbeiten, wird Zeit, dass das Gör nicht nur frisst, sondern auch was einbringt«, hatte er schließlich geknurrt.
    »Ich freue mich auf die Sonntage«, hatte Philipp Mina mit einem anzüglichen Grinsen zugeflüstert, als sie später einen Moment allein gewesen waren, »ich freue mich darauf zu sehen, wie du zur Frau heranreifst. Wenn ich dich seltener vor Augen habe, wird mir der Unterschied viel deutlicher werden.« Er hatte sich kurz wohlig grunzend zwischen die Beine gegriffen.
    Darüber, hatte Mina danach immer und immer wieder bei sich wiederholt, denke ich jetzt nicht nach. Wenn alles gut lief, würde sie die Woche über im Haus ihrer Dienstherrin zubringen. Dort hatte sie wenigstens Ruhe.
    »Wir sind da«, sagte Hermann Blum, der eben seinen Karren vor dem Dalberg’schen Stadthaus zum Stehen gebracht hatte. »Viel Glück, Mina!«
    »Danke.«
    Mina kletterte vom Wagen herunter, das mulmige Gefühl in ihrem Magen verstärkte sich. Sie atmete dreimal tief durch, um ihr nunmehr wild klopfendes Herz zu beruhigen. Dann bediente sie entschlossen den Türklopfer. Eine streng aussehende Haushälterin geleitete sie nach einem kurzen, jedoch wortreichen Vortrag in einen leeren Salon. Mina blieb in der Nähe eines Tisches stehen, der so blankpoliert war, dass sie sich darin spiegelte. Eines der Fenster stand weit offen. Lange seidene Vorhänge bewegten sich im sanften Morgenwind. Helles Licht fiel herein und hinterließ eine Lichtpfütze auf dem Parkett zwischen dem Fenster und einem dicken orientalischen Teppich. Neben dem Fenster stand die Holzskulptur eines Mohren, der ein Tablett hielt. Ein Stuhl stand etwas davon entfernt, als hätte eben noch jemand dort gesessen und wäre gerade erst aufgestanden.
    Mina trat neugierig näher an den Mohren heran und betrachtete ihn eingehend, wagte sogar, seine Konturen mit der Hand nachzufahren. Das Holz fühlte sich sehr glatt an, als hätten es schon sehr viele Hände berührt.
    Als sich die Tür nach geraumer Zeit öffnete, zuckte sie, trotz aller Bemühungen, sich zu beherrschen, zusammen. Eine grauhaarige Dame, einen Gehstock in der rechten Hand, ein Monokel auf dem linken Auge, kam auf sie zu und betrachtete sie prüfend.
    »Das ist ein guéridon«, sagte sie knapp und wies mit dem Kopf auf das Mohrentischchen.
    Mina nickte, weil sie sicher war, ohnehin kein Wort herauszubekommen.
    »Frau Vahlens hat mit dir gesprochen?«, fuhr die ältere Dame, die Frau Dalberg sein musste, fort.
    Mina nickte wieder und versuchte, sich an die barschen Fragen zu erinnern, die die Haushälterin ihr gestellt hatte, ohne jedoch eine Antwort abzuwarten.
    »Du weißt, was wir erwarten?«
    Erneutes Nicken.
    Frau Dalberg runzelte die Stirn. »Hm, kannst du sprechen?«
    »J … ja«, stotterte Mina.
    »Nun, offenbar neigst du nicht zur Geschwätzigkeit, das mag von Vorteil sein. Stell dich einmal dorthin«, Frau Dalberg wies auf die Raummitte, »und dreh dich.«
    Mina tat wie ihr geheißen. Frau Dalberg betrachtete sie noch einmal eingehend.
    »In Ordnung«, sagte sie endlich, »gesund siehst du aus, verständig scheinst du auch zu sein. Kleidung wirst du von Frau Vahlens erhalten. Bevor ich dich zum Nähen einsetze«, Frau Dalberg wies kopfschüttelnd auf Minas selbst genähte Schürze, »musst du aber noch kräftig üben.«
    Mina errötete beschämt.
    »Deine Dienstkleidung wirst du vom Lohn abgezogen bekommen, damit du pfleglich damit umgehst, ebenso dein Essen. Du isst hier ohnehin besser, als du es gewohnt bist. Gezahlt wird zum Ende der Woche, der Sonntag ist frei. Alles Weitere besprichst du mit Frau Vahlens.«
    Frau Dalberg nickte ihr noch einmal zu. Und damit war Mina entlassen.
    In den nächsten Tagen lernte Mina, sich in einem weit größeren Haushalt zurechtzufinden, als sie ihn bislang kennengelernt hatte. Die Familie Dalberg hatte damals auch zu den ersten Einwanderern gehört und bewohnte heute ein schönes Haus im alten spanischen Kolonialstil. Über eine
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