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Die Lady mit der Feder - Roman

Die Lady mit der Feder - Roman

Titel: Die Lady mit der Feder - Roman
Autoren: Jocelyn Kelley Anke Koerten
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gegangen war, eilte Isabella mit Jordan
quer über den Kreuzgang. Sie zögerte, als sie die Ruinen erreichten. Seit dem Erdbeben hatte sie den Schutt zwischen der Westfront und dem kleinen, noch einsturzgefährdeten Teil im Osten gemieden. Hier roch es nach Tod, und sie wusste, dass noch weitere Opfer unter dem Schutt lagen.
    Sie erwog, Jordan vorzuschlagen, er solle warten, während sie über Schutthalden kletterte, doch ging er ihr voran. Er riet ihr, genau zu beobachten, wohin er trat, und dann ihren Fuß nur dorthin zu setzen.
    »Kannst du mir sagen, wo der Chor war?«, fragte sie, die Hände vor sich ausgestreckt, um ihr Gleichgewicht zu halten, als die Steine unter ihr sich bewegten. Gerieten diese vollends ins Rutschen, konnte sie sich etwas brechen, oder es stieß ihr noch Ärgeres zu.
    »Ja, da ich zehn Tage lang in diesen Ruinen umherkroch. Das Kirchenschiff war etwa zweihundert Fuß lang, und der Chor lag unweit des Querschiffs.« Er schirmte die Augen ab und blickte über das Trümmerfeld. »Er müsste zwanzig Fuß vor uns liegen, dort, wo diese Steine beiseitegeschoben wurden. Vermutlich an der Stelle, wo man die Männer fand.«
    Es dauerte länger, als Isabella geahnt hatte, bis sie diese kurze Strecke überwunden hatte. Bis sie die Stelle erreichte, an der sich die Steine hoch türmten, waren ihre Finger wund, und beide Beine trugen Schrammen von den Knöcheln bis zu den Knien. Doch dies kümmerte sie nicht, als sie in den Raum unter ihr spähte. Er war größer als erwartet und viel tiefer.
    »Wie klettern wir hinunter?«, fragte sie.
    »Gar nicht. Es ist zu gefährlich, da die Steine sich rasch lockern können.«
    »Aber wir müssen die Metallkassette holen.«

    »Du musst ein wenig Platz machen, damit ich etwas sehen kann.«
    Isabella verbiss sich die Erwiderung, dass sie ebenso gut Nachschau halten konnte und nicht unter Schwindelanfällen litt, weil ein Stein sie getroffen hatte. Sie schob sich vorsichtig herunter und sah zu, wie er sich auf den Bauch legte und mit dem Arm ins Loch griff.
    »Ich sehe die Metallkassette!«, rief er.
    »Kannst du sie erreichen?« Sie wollte neben ihm wieder hinaufklettern.
    »Nein.« Er setzte sich auf und deutete nach links. »Sie ist außer Reichweite.«
    »Lass es mich versuchen.«
    »Dich? Deine Arme sind kürzer als meine.«
    Sie rollte die Peitsche auf. »Lass es mich versuchen.«
    Er glitt den Steinhaufen herunter und bedeutete ihr, sie solle hinaufklettern. Dann fasste er nach ihren Knöcheln. Wenn die Steine in sich zusammenstürzten, konnte er Isabella davor bewahren, ins Loch zu fallen.
    Ein Blick hinunter in die Leere zeigte ihr, dass auf dem Boden Wasser schimmerte. Sie fragte sich, ob es immer schon eine Quelle unter der Kirche gegeben hatte oder ob diese erst nach dem Erdbeben ausgetreten war. Ihr Lächeln wurde breit, als sie Metall im Sonnenlicht aufblitzen sah. Das musste die Kassette sein. Sie stemmte ihre Füße gegen zwei Steinbrocken, die fest gegeneinander verkeilt schienen. Dann hob sie die Peitsche und ließ das Ende durch die Öffnung wirbeln.
    Sie stieß einen Jubelruf aus, als sie vorsichtig an der Peitsche zog. »Sie hat sich um etwas verfangen.«
    Vorsichtig zog sie daran und stieß einen enttäuschten Seufzer
aus, als ein Brett von der Länge ihres Unterarmes zum Vorschein kam. Sie löste die Peitsche und warf das Holz fort. Wieder zielte sie mit der Peitsche auf die Öffnung. Als sie diesmal daran zog, schepperte etwas im Loch, doch hatte das Peitschenende sich nicht verfangen.
    Sie wartete, dass Jordan zu ihr sagte, sie solle Platz machen, damit er einen neuen Versuch wagen könne, doch sagte er kein Wort. Als sie zu ihm schaute, lächelte er ermutigend und gab ihr das Zeichen, es abermals zu versuchen. Es kostete sie zwei weitere Versuche, bis sich das Peitschenende fest um die Kassette schlang.
    »Ich habe sie«, sagte sie und fiel auf die Knie.
    »Brauchst du Hilfe?«
    »Strecke deine Hände aus und fasse die Kassette, wenn ich sie hochziehe. Wenn sie sich irgendwo verfängt, könnte sie wieder zurück auf den Boden fallen.«
    Wieder streckte er sich der Länge nach auf dem Bauch aus und griff nach unten, so weit er konnte. Sie rollte langsam die Peitsche ein und wünschte, jemand würde noch immer ihre Fesseln umfassen, damit sie nicht tief unten im Wasser landete.
    Er fasste nach der Kassette, kaum dass er danach greifen konnte, zog sie hoch und drückte sie fest an seine Brust. Dann glitt er nieder und lehnte sich an einen
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