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Die Krieger 3 - Die Stimme der Ahnen

Die Krieger 3 - Die Stimme der Ahnen

Titel: Die Krieger 3 - Die Stimme der Ahnen
Autoren: Pierre Grimbert
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Mein immenses Vermögen zu verwalten war eine banale, eintönige Aufgabe, die mich bald langweilte, und ich sehnte mich nach einer neuen Herausforderung, um der Einsamkeit zu entfliehen – doch nichts war meinem wachen Verstand Herausforderung genug.
    Erst die Ereignisse des Jahres 889 boten mir etwas Abwechslung. Als wir erfuhren, dass die Goroner zu den Waffen gerufen wurden, ließ auch mein Bruder auf meinen Rat hin unsere Truppen aufmarschieren, bevor wir uns vergewisserten, dass unsere Nachbarn nur einen weiteren Angriff thalittischer Barbaren abzuwehren gedachten. Doch es kam anders als erwartet.
    Die Nachricht und die Schilderungen von der Schlacht am Blumenberg überraschten mich ebenso wie alle anderen. Unser Stolz war empfindlich getroffen. Wie hatte eine Armee aus den Ländern des Ostens unter der Führung der barbarischen Wallatten es nur zuwege gebracht, einen Tunnel unter dem Rideau-Gebirge zu graben? Und wie hatte ein derart kühner Plan so lange unentdeckt bleiben können?
    Ohne das Eingreifen der Arkarier, die in höchster Eile aus dem Weißen Land anmarschiert kamen, hätten die Barbaren die Stadt Ith, eine der bedeutendsten Städte der Oberen Königreiche, einfach überrannt. Und sie hätten sich wohl nicht damit begnügt, diesen strategisch wichtigen Ort zu besetzen: Selbst Lorelien hätte den Ansturm der blutrünstigen Krieger mit ihren todbringenden Lowas fürchten müssen.
    Während an den Königshöfen Erleichterung vorherrschte, konnte ich vor Empörung kaum an mich halten. Wie hatten unsere Spione derart versagen können? Wie war es möglich, dass ein so unzivilisiertes Volk wie die Wallatten uns alle zum Narren gehalten hatte?
    Ich musste meinen Bruder nicht lange überreden, den Hauptmann der Grauen Legion hinrichten zu lassen. Der Nichtsnutz wurde auf dem Platz von Uliterra gehenkt wie ein gemeiner Strolch. Um sein Amt musste ich jedoch erbittert kämpfen: Die Berater des Königs wollten mich nicht an der Spitze des Geheimdienste sehen und versuchten, meinen Griff nach der Macht zu verhindern, indem sie behaupteten, eine Frau sei für eine solche Aufgabe ungeeignet.
    Dieser Vorwand blieb ihnen im Halse stecken, als ich preisgab, welche Auskünfte ich über sie gesammelt hatte. Heimliche Liebesabenteuer, Geldbetrügereien oder abfällige Bemerkungen über meinen Bruder: Ich hatte sie alle in der Hand. Die meisten hatten sich sogar mehrere Vergehen zuschulden kommen lassen. Zu meinem Glück hatte ich seit vielen Jahren über sämtliche Angehörige des Hofs Buch geführt, und so waren meine Erpressungsversuche noch erfolgreicher, als ich zu hoffen gewagt hatte. Mir wurde nicht nur die Führung der Grauen Legion anvertraut; mein Bruder räumte dem Geheimdienst sogar eine noch größere Unabhängigkeit ein, nachdem ihm einige seiner Vertrauten, die ich gefügig gemacht hatte, zu diesem Schritt geraten hatten.
    So wurde ich durch einige geschickte Schachzüge und mit dem Segen des Königs Anführerin der Grauen Legion. Als Erstes veränderte ich die Rangordnung von Grund auf und besetzte alle Schlüsselpositionen mit Männern, die mir seit Jahren treu ergeben waren. Dann ließ ich alle Feiglinge, Zauderer und Schwächlinge aus den niederen Rängen entfernen und beförderte sie in den vorzeitigen Ruhestand. Wer meinem Vorgänger ewige Treue geschworen hatte, wurde ebenfalls entlassen oder dem Henker übergeben.
    Als Nächstes rekrutierte ich aus dem übelsten Gesindel unserer Armee neue Spitzel. Es kümmerte mich nicht, dass sie gewalttätig waren oder ihren Heerführern den Gehorsam verweigert hatten. Ich suchte Männer, die zu allem entschlossen waren und es mit dem Gesetz nicht allzu genau nahmen.
    Aus einer trägen, von Diplomatie verweichlichten Organisation schuf ich einen effizienten Machtapparat – eine wahre Schattenarmee, die jeden Feind vernichten würde, der sich mir in den Weg zu stellen wagte.
    ***
    An diesen ersten Tagen der Jahreszeit des Windes war es im einzigen Hafen der Insel Zui’a brütend heiß. Die Eskadrille, die unter lorelischer Flagge segelte, ächzte und stöhnte unter der Hitze: Ihre Planken knarrten, und die Masten ragten wie totes Gerippe in den Himmel. Eine Schar neugieriger Inselbewohner drängte sich vor dem fremden, mit einem eisernen Sporn bewehrten Kriegsschiff. Fischer ließen ihre Dornhaie, Nieslinge und Langustane liegen, Gemüsehändler, Kutscher und Marktbesucher liefen herbei, und auch allerlei zwielichtige Gestalten aus dem Hafenviertel, Piraten,
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