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Die Kommissarin und der Tote im Fjord

Die Kommissarin und der Tote im Fjord

Titel: Die Kommissarin und der Tote im Fjord
Autoren: Kjell Ola Dahl
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an.
    »Sieht aus wie ein Unfall. Wahrscheinlich kam er betrunken von einer Weihnachtsfeier und ist auf dem Nachhauseweg ausgerutscht«, sagte sie, um das Schweigen zu beenden. »Wenn ich mit den Pathologen gesprochen habe, weiß ich vielleicht etwas mehr.«
    Rise betrachtete sie stumm und mit ernstem Blick.
    Die eisige Luft biss in Lenas Ohren, sie war hungrig und wollte ins Haus.
    Als sie sich anschickte, weiterzugehen, sagte Fartein Rise schnell: »Was die Weihnachtsfeier gestern Abend angeht: Sveinung Adeler war mit einer Parlamentsabgeordneten essen.«
    »Mit wem?«
    »Aud Helen Vestgård.«
    Lena wartete auf die Fortsetzung, auf einen Zusammenhang. Der kam aber nicht. Mit dem Kerl zu sprechen ist wie mit einem viel zu breiten Messer altes Wachs aus einem Kerzenhalter zu pulen, dachte sie, man kriegt es einfach nicht raus.
    »Woher wissen Sie das?«
    Rise zwinkerte nur schlau, drehte sich um und wollte schon den Weg hinuntergehen.
    Verwirrt stand Lena ein paar Sekunden lang da und sah ihm nach, bevor sie ihm mit schnellen Schritten folgte. »Sie haben doch mehr als nur einen Namen, oder?«
    Rise blieb stehen. »Was brauchen Sie denn noch?«
    Lena suchte in ihrem Kopf nach einer vernünftigen Antwort. »Egal, irgendwas. Es muss überprüft werden, ob sie überhaupt etwas mit dem Fall zu tun hat.«
    »Na klar«, sagte Rise grinsend. »Fragen Sie sie doch. Ist gar nicht so schwer.« Fartein Rise entblößte beim Lächeln eine gleichmäßige Zahnreihe. »Haben Sie Angst, mit Vestgård zu sprechen? Wenn Sie Hilfe brauchen, stehe ich zu Diensten.«
    Lena spürte, wie ihr Ärger wuchs. »Wir beide sind Kollegen, wir informieren einander über das, was wir wissen, wir sitzen nicht auf Geheimnissen oder kaufen und verkaufen einander Informationen.«
    Fartein Rise legte den Kopf schief, als wüsste er nicht, was sie meinte. »Was wollen Sie damit sagen? Wir arbeiten in einem Team, ja. Und ich habe Ihnen gerade einen Tipp für Ihren Fall gegeben und biete Ihnen meine Hilfe an, oder?«
    »Sie könnten ja damit anfangen, mir zu sagen, woher Sie den Tipp haben.«
    Rise schwieg beharrlich. Er wollte nicht noch mehr preisgeben, das war offensichtlich. Lena drehte sich auf dem Absatz um und ließ ihn stehen. Sie riss die Tür auf und ging ins Haus, ohne sich noch einmal umzudrehen. Aber sie machte sich schon wieder Vorwürfe. Sie hätte nicht so wütend auf Rise werden dürfen. Sein Tipp war nützlich. Sveinung Adeler arbeitete im Finanzministerium. Nicht unnatürlich, dass er mit einer lokalen Politikerin zu Abend aß. Aber Rise hatte irgendwie den Anschein erweckt, als wären die beiden allein gewesen. Aud HelenVestgård war eine verheiratete, attraktive Politikerin. Ab und zu trat sie im Fernsehen auf. Sie bezog Stellung zu brisanten Themen und gab immer sehr schlagfertige Antworten, wenn sie zur besten Sendezeit zu Politshows eingeladen wurde. Wenn sie mit einem jüngeren Angestellten essen gegangen war – würde das die Dinge komplizierter machen?
    Lena schob die Gedanken beiseite. Sie musste sowieso mit Aud Helen Vestgård sprechen.
10
    Der Spiegel hatte Form und Größe eines Din-A4-Blattes. Der Rahmen war schmal, aber fein gearbeitet. An den Rändern war die Fläche ein wenig gesprungen. Der ist richtig alt, dachte Gunnarstranda. Das Alter hat sich an den Rändern des Spiegels festgesetzt, es sieht ein bisschen aus wie Kopfsteinpflaster. Als er sich darin betrachtete, erkannte er sich kaum wieder. Die Wangen waren ausgebeult, und seine Nase bekam langsam die Form einer Kartoffel. Der Spiegel war mit anderen Worten unbrauchbar. Trotzdem überlegte er, ihn zu kaufen. Er wusste, dass Tove diesen Spiegel lieben würde. Er war das perfekte Weihnachtsgeschenk für jemanden, der sich für Antiquitäten interessierte. Und dennoch. Auch wenn der Spiegel ein richtiges Kleinod war, so konnte er sich doch nicht überwinden, ihn zu kaufen. Er stellte ihn zurück, vermied es, dem Verkäufer in die Augen zu schauen, und verließ den Gebrauchtwarenladen.
    Draußen war es dunkel geworden. Er war überhaupt nur hier vorbeigegangen, weil er nach dem Bus suchte, in dem die Heilsarmee besonders bedürftige Drogenabhängige betreute. Er musste mehr über die tote Nina Stenshagen in Erfahrung bringen. Das bedeutete, dass er jemanden finden musste, deretwas wusste und außerdem auch noch glaubwürdig war. Das war in Nina Stenshagens Kreisen gar nicht so einfach.
    Er ging in Richtung Jernbanetorget und entdeckte den Bus, als er in die
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