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Die Kiste der Beziehung: Wenn Paare auspacken (Populäres Sachbuch) (German Edition)

Die Kiste der Beziehung: Wenn Paare auspacken (Populäres Sachbuch) (German Edition)

Titel: Die Kiste der Beziehung: Wenn Paare auspacken (Populäres Sachbuch) (German Edition)
Autoren: Ralf Husmann , Sonja Schönemann
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Jahr«, salbadert er weiter, »war ich auf Schloss Neuschwanstein!« – Mike übergibt sich in den Briefkasten, der mal den Eltern von Doris Gertzke gehört hat – »… und natürlich ist Schloss Neuschwanstein ’n anderes Kaliber als meine Drei-Zimmer-Butze, aber …« – Möhre hebt (bedeutungs-)voll den Finger – »die Butze ist Zuhause. Und auf Dauer wollen wir alle nach Hause«, sagt Möhre. »Die Miri, die ist nicht Neuschwanstein, die ist auch nicht Fünf Sterne, das ist schon klar, aber sie ist Zuhause. Die Miri ist mein Zuhause, und das ist schön. Außer der Miri hab ich nur euch, und von euch ist nix zu erwarten.« Möhre deutet auf Siggi, der gerade mit Edding einen Schwanz auf die Stirn von Mike malt, während Thilo leise etwas von den Scorpions singt.
    Das hier sind auch meine besten Freunde, ein Haufen alt gewordener Sechzehnjähriger. Die Jungs sind kein Zuhause für jeden Tag, sondern ein Partykeller für höchstens einmal die Woche. In diesem Moment begreife ich, dass Möhre der weiseste Mann des Universums ist. Möhre hat verstanden, um was es geht. Und meine Miri heißt Ramona. Ich möchte schlagartig auch nach Hause. Im übertragenen Sinne und im ganz wörtlichen. Aber das ist nicht einfach, denn telefonisch erfahren wir, dass Momir den Kleinbus geschrottet hat, und zwar schon vor zwei Stunden.
    Wir sind also gezwungen weiterzutrinken, bis uns jemand abholt. Das tun wir. Die Jungs beteuern, dass dies der schönste und am besten organisierte Junggesellenabschied ever ist und ich fortan alle weiteren Junggesellenabschiede in die Hand nehmen soll. Aber zu dem Zeitpunkt habe ich im Kopf schon angefangen, meinen Heiratsantrag zu planen …

Wenn eine Beziehung den Bach runtergeht, merkt es meistens erst mal nur einer. Ich. Für Rainer war das Kapitel »Wollen wir nicht heiraten?« abgehakt, sobald der Keller entrümpelt und er sicher war, dass ich keine weiteren Nachfragen mehr stellen würde. So ist das bei Männern: Wenn Probleme nicht mehr angesprochen werden, sind sie gelöst. Er hat keine Ahnung, dass ich bereits mit Nicole, Vera und Miri darüber gesprochen habe, dass unsere Beziehung auf einem so absteigenden Ast sitzt, dass er schon beinahe den Boden berührt. Wenn ich abends auf der Couch liege und unser Bücherregal anschaue, sehe ich gut die Hälfte davon bereits in Umzugskartons. Wenn Rainer unser Bücherregal anschaut, sieht er unser Bücherregal.
    So ist der Stand unserer Beziehung, als ich vom Frauenarzt zurückkomme und einen Termin für die Entfernung eines »Knubbels« in meiner linken Brust in der Tasche habe.
    »Das ist sehr wahrscheinlich nur eine Zyste«, hatte mein Arzt mich zu beruhigen versucht. »Wir entfernen das ambulant, lassen es untersuchen, und dann war’s das bestimmt schon. Kein Grund zur Panik.« Auf dem Heimweg rufe ich einen befreundeten Anwalt an, um ihm mein Testament zu diktieren. Wenn ein Arzt »sehr wahrscheinlich« und »bestimmt« sagt, heißt das im Subtext: »Kann gut sein, dass es was Ernstes ist.« Wenn er dazu auch noch sagt »Kein Grund zur Panik«, kann man schon mal die CDs brennen, mit denen man die Hinterbliebenen auf seiner Beerdigung zum Heulen bringen will.
    Als ich Rainer von der bevorstehenden OP und dem Knubbel in meiner linken Brust erzähle und anmerke, wie komisch es ist, dass wir den nicht selber entdeckt haben, ist seine erste Reaktion: »Ich dachte, der Knubbel wär deine linke Brust!«
    Im Angesicht des Todes kann ich nicht darüber lachen. Das merkt Rainer immerhin und versucht mich mit exakt denselben Worten zu beruhigen wie mein Frauenarzt: »Ist bestimmt gar nichts, die machen das weg, und dann ist gut.«
    Woher will er das denn wissen? Rainer weiß vom weiblichen Körper genauso viel wie alle anderen Männer: Manche Stellen sind geil! Das war’s.
    Mir ist schlecht, ich habe Angst vor der OP, einen Knubbel in der Brust, und mein Freund macht Witze. Vor dem Hintergrund, dass ich unsere ganze Beziehung bereits seit einiger Zeit in Frage stelle, ist das nicht gerade ein weiterer Pluspunkt für ihn. Als ich ihn bitte, mir den Laptop rüberzuschieben, damit ich die Wahrscheinlichkeit eines »Todes durch Knubbel in der Brust« anhand von Statistiken im Internet ausrechnen kann, zögert er auch noch. Er ist gerade dabei, bei Google-Street-View die Strecke für Möhres Junggesellenabschied zu planen. Einen Blick später habe ich den Laptop vor mir und überlege ernsthaft, wie ich Trennung, Umzug, OP und Sterben zeitlich
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