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Die Kinder von Estorea 02 - Der magische Bann

Titel: Die Kinder von Estorea 02 - Der magische Bann
Autoren: James Barclay
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befürchten, dass Ocetarus noch einmal zuschlug und sie einfach auf den Meeresgrund drückte.
    Der Strudel hatte sich rasch wieder beruhigt, und dann war auch der Wind eingeschlafen. Als die Wellen sie erreichten und das Schiff sanft wiegten, wusste Iliev, dass es vorbei war. Er richtete das Steuerruder neu aus und betrachtete das leere Meer. Es war still. Ocetarus’ Schlund hatte sich wieder geschlossen.
    »Ocenii.« Ilievs Stimme war kaum mehr als ein Krächzen. »Ocenii. Wir danken Ocetarus, dass er uns heute verschont hat. Wir danken ihm, weil er unsere Feinde vernichtet hat, aber wir trauern auch um unsere Gefährten, die wir an diesem siegreichen Tag verloren haben.«
    Zweifellos hatten sie einen Sieg errungen, auch wenn er mit einem schalen Gefühl verbunden war. Als hätte man ihn der Gelegenheit beraubt, sich zu bewähren und als Erster in den Hafen zu segeln, gezeichnet von den Wunden des Krieges, aber mit der Siegesflagge am Mast. Die Schlacht war jedenfalls vorbei, die Tsardonier wie die Besatzungen der Konkordanz standen nur an der Reling ihrer Schiffe und starrten. Unter Deck hatten die Ruderer die Arbeit eingestellt, weil sie die Berührung einer Kraft gespürt hatten, gegen sie sie sowieso nichts ausrichten konnten.
    Ilievs Männer setzten sich inzwischen wieder und nahmen die Ruder in die Hände. Er legte die Ruderpinne herum und wendete den Korsaren, um in Richtung Hafen zu fahren. Die Schiffe der Konkordanz tauschten unterdessen Meldungen aus Triremen und Angriffsgaleeren ruderten zum Hafen, um ihn für die Tsardonier zu blockieren, doch wer den Strudel gesehen hatte, verspürte nicht die geringste Lust, den Kampf fortzusetzen. Die anderen, die noch folgten, würden entweder von ihren fliehenden Kameraden erfahren, dass es besser sei, das Weite zu suchen, oder auf eine überwältigende Streitmacht der Ocetanas stoßen.
    Ein paar hundert Schritte entfernt tauchte ein Fass auf und tanzte auf der leichten Dünung. Iliev nickte.
    »Vergesst nicht, dass wir Seeleute und Marinesoldaten sind und unsere Ehre wahren müssen. Wir wollen nach Überlebenden suchen. Ocenii, zwanzig Schlag, geht es langsam an.«
     
    Auf einmal war Jhereds Kopf ganz leicht. Über sich sah er noch das auf dem Wasser tanzende Licht, doch es war fern und stumpf. Der Strudel hatte sich aufgelöst und zog ihn nicht weiter nach unten.
    Irgendwie hatte er es auch geschafft, seinen Rock zu lösen und den Brustharnisch zu lockern, doch inzwischen war die Oberfläche viel zu weit entfernt. Er hatte sich damit abgefunden, dass er ertrinken würde, und trat nicht einmal mehr Wasser, sondern ließ sich vom Meer nach unten ziehen. Er hatte die Augen geschlossen und den Mund geöffnet.
    Der Tod spielte mit ihm. Eine Wärme breitete sich in seinen Lungen aus, und er hatte das Gefühl, jemand streichelte sein Gesicht. Seine Lippen bewegten sich, er fühlte etwas wie einen Kuss.
    Er riss die Augen auf.
    Mirron war vor ihm. Sie hatte den Mund auf seine Lippen gepresst und atmete das Leben in ihn hinein. Er hob die Hände an ihre Wangen. Ihr Gesicht erkannte er nur verschwommen, und im Wasser rings um sie tanzten die Luftblasen von den Trümmern, die in der Tiefe versanken. Doch er war frei, und wenn dies nicht der Traum des Todes war, dann lebte er auch noch.
    Sie stiegen empor. Langsam und gleichmäßig. Er fühlte sich leicht und konnte wieder schwimmen. Als er sich bewegen wollte, unterbrach sie ihn jedoch mit einem Kopfschütteln. So traten sie gleichmäßig Wasser und stiegen langsam zusammen auf, innig umarmt und mit verschmolzenen Lippen.
    Wäre es nach Jhered gegangen, dann hätte es nie aufhören sollen. Die Welt unter Wasser war magisch, und er verspürte eine Freiheit, die er noch nie empfunden hatte. Sie atmete für ihn und küsste ihn. Er verbannte die unerwünschten Gedanken, die in ihm erwachten. Dieses Wunder wollte er genießen und nicht besudeln.
    Als sie durch die Oberfläche brachen, atmete Jhered die kalte, frische Luft tief ein. Er würgte und hustete und verkrampfte sich am ganzen Körper. Mirron hatte ihn losgelassen und schwamm schützend um ihn herum. Er wollte sich bei ihr bedanken, spuckte aber nur noch mehr Wasser aus. Schließlich ließ er sich erschöpft auf dem Rücken treiben.
    »Ich konnte dich nicht festhalten«, sagte er. »Du hast mich hochgeholt.«
    »Ich konnte Euch doch nicht da unten sterben lassen. Ich konnte Euch nicht einfach loslassen.«
    Danach verlor er anscheinend das Bewusstsein, und das Nächste,
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