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Die Kinder des Kapitän Grant

Die Kinder des Kapitän Grant

Titel: Die Kinder des Kapitän Grant
Autoren: Jules Verne
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ich nicht ohne Veranlassung. In dem Augenblicke, da ich den von Glenarvan dictirten Brief schrieb, ging mir das Wort ›Zealand‹ durch den Kopf. Sie erinnern sich, daß wir uns im Wagen befanden. Mac Nabbs hatte Lady Helena eben die Geschichte der Deportirten mitgetheilt; er hatte die Nummer der ›
Australian and Zealand Gazette
‹ dabei, welche das Unglück an der Camdenbrücke berichtete. Gerade als ich schrieb, lag das Blatt auf dem Boden, aber so gebrochen, daß von seinem Titel nur zwei Sylben sichtbar waren. Diese beiden Sylben waren ›aland‹. Welches Licht ging mir damit auf! Aland war ein Wort des englischen Documentes, ein Wort, welches wir stets als ›an’s Land‹ deuteten, und welches doch nur das Ende von ›Zealand‹ war.
    – Aha! rief Glenarvan.
    – Ja, fuhr Paganel mit voller Ueberzeugung fort, und auf diese Deutung kam ich nicht eher, weil mir das französische Document, welches vollständiger war, als die übrigen, hauptsächlich als Unterlage diente, in diesem aber gerade dieses wichtige Wort fehlt.
    – Oho, fiel der Major ein, das ist zu viel Einbildung, Paganel, auch vergessen Sie sehr leicht die früheren Deutungen.
    – Fragen Sie, Major, ich werde auf Alles antworten.

    – Nun, sagte Mac Nabbs, was wird aus dem Worte ›
austra
‹?
    – Es bleibt bei seiner Bedeutung und bezeichnet nur die ›östlichen‹ Gegenden.
    – Gut. Aber die Sylbe ›
indi
‹, welche einmal der Stamm des Wortes ›Indianer‹, das andere Mal der von ›
Indigènes
‹ (Eingeborene) sein sollte.
    – Richtig. Zum dritten und letzten Male, antwortete Paganel, ist es der Anfang des Wortes ›
indigence
‹ (Noth).
    – Und ›
contin!
‹ rief Mac Nabbs, bedeutet es noch immer ›Continent‹?
    – Nein! Insofern ja Neu-Seeland nur eine Insel ist.
    – Nun, dann …? fragte Glenarvan.
    – Mein lieber Lord, antwortete Paganel, ich will Ihnen das Document nach meiner dritten Auslegung französisch zusammenstellen, und Sie mögen dann selbst urtheilen. Zuvor erlauben Sie mir aber zwei Bemerkungen: 1) Vergessen Sie die vorhergehenden Auslegungen soviel als möglich, und befreien Sie sich vollkommen von vorgefaßten Meinungen. 2) Einzelne Stellen mögen Ihnen ›gezwungen‹ erscheinen, und es ist möglich, daß ich sie falsch übersetze; aber sie sind nur unwichtig, wie das Wort ›
agonie
‹, welches mich quält und das ich doch nicht anders erklären kann. Uebrigens dient mir das französische Document als Unterlage, welches von einem Engländer geschrieben ist, dem die Feinheiten der Sprache nicht so geläufig sein konnten. Dieses vorausgeschickt beginne ich.«
    Paganel las mit besonderer Betonung der betreffenden Sylben folgende Sätze, welche wir hier in deutscher Sprache wiedergeben:
     
    »Am 7. Juni 1862 scheiterte der Dreimaster Britannia aus Glasgow nach langem Kämpfen in den östlichen Meeren an der Küste von Neu-Seeland – englisch Zealand. – Zwei Matrosen und der Kapitän Grant vermochten sie zu erreichen. Sie haben , fortwährend eine Beute der grausamen Noth, dieses Document ausgeworfen unter …° Länge und 37°11’ Grad Breite. Kommt ihnen zu Hilfe, sonst sind sie verloren.«
     
    Paganel schwieg. Seine Deutung war annehmbar. Da sie aber ebenso wahrscheinlich war, als die vorigen, konnte sie auch ebenso falsch sein. Glenarvan und der Major besprachen sie also nicht weiter. Da sich aber weder an der Küste von Patagonien, noch an der von Australien, da wo sie der siebenunddreißigste Breitengrad durchschnitt, Spuren von der Britannia gefunden hatten, so bot Neu-Seeland offenbar Aussichten auf Erfolg.
    Diese Bemerkung Paganel’s machte seine Freunde aufmerksam.
    »Nun aber, Paganel, sagte Glenarvan, warum haben Sie diese Auslegung des Documentes gegen zwei Monate geheim gehalten?
    – Weil ich in Ihnen keine leeren Hoffnungen erwecken mochte. Uebrigens gingen wir ja nach Auckland, also genau nach dem bezeichneten Punkte der Breite.
    – Als wir aber gezwungen waren, von dieser Linie abzuweichen, warum gingen Sie dann nicht mit der Sprache heraus?
    – Weil diese Deutung, und wenn sie noch so richtig wäre, zur Rettung des Kapitäns doch nichts beitragen konnte.
    – Und warum das?
    – Weil anzunehmen ist, daß Kapitän Grant, wenn er bei Neu-Seeland scheiterte und nach zwei Jahren noch nicht wieder auftauchte, dem Schiffbruche oder den Neu-Seeländern zum Opfer gefallen ist.
    – Also ist Ihre Meinung …? fragte Glenarvan.
    – Daß man wohl einzelne Spuren von dem Schiffbruche
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