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Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)

Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Tereza Vanek
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richtig, denn sie war es leid, dass andere Menschen über ihren Kopf hinweg Entscheidungen trafen.
    » Dann überlege. Aber treffe bitte einen endgültigen Entschluss. Die ecclesia Dei braucht keine Heuchler, wie sie unter den katholischen Klerikern scharenweise zu finden sind. Wenn du dich nochmals zu uns bekennst, dann tue es aus ganzem Herzen. «
    Adelind erhob sich. Es erstaunte sie, dass sie keinen Zorn mehr empfand, sondern tiefe Erleichterung, als hätten sich Fesseln von ihren Füßen gelöst, sodass sie erstmals frei ihren Weg gehen konnte.
    » Hildegard bat Euch wirklich, mir den Schmuck zu geben, wenn ich mich für ein weltliches Leben entscheiden sollte? « , bohrte sie nochmals nach. Esclarmonde nickte nur, dann fielen ihre Augen wieder zu, und ihr Kopf sank langsam gegen die Lehne des Stuhls.
    » Die Welt ist vom Teufel geschaffen, und unsere Körper sind teuflische Hüllen, in denen unsere Seelen gefangen sind « , murmelte sie leise. Adelind wusste nicht, ob die Gräfin überhaupt noch zu ihr sprach, und beschloss, sich leise aus dem Raum zu schleichen.
    » Doch die Liebe, die wir für andere Menschen empfinden, kommt von Gott. Sie ist ein Schimmer des himmlischen Lichts in dieser finsteren Welt, so wie wir ihn auch beim Consolament empfangen. Ich habe es so lange nicht verstanden, musste erst eine alte, kranke Frau werden, die Gott dankt, ihre Tochter wiedersehen zu dürfen. «
    Esclarmondes Kopf sackte zur Seite. Beunruhigt eilte Adelind zu ihr zurück und versicherte sich, dass ihr Herz noch schlug. Sie konnte die Augen nicht mehr davor verschließen, dass die einst so starke, entschlossene Gräfin nun mit jedem Tag dem Tod entgegenging. Sanft strich sie ihr ein paar Haarsträhnen aus der Stirn und versuchte, sich das blasse, von zahlreichen Falten durchfurchte, aber weiterhin ebenmäßig geformte Gesicht jener Frau einzuprägen, die es gewagt hatte, der allmächtigen römischen Kirche die Stirn zu bieten. Vielleicht sah sie Esclarmonde des Foix nun zum letzten Mal.
    Der Schmuck ruhte sicher in ihrer geballten Hand, als sie wieder aus dem Zimmer trat. Endlich konnte sie Erinnerungen an ihre Schwester heraufbeschwören, ohne dass ein böser Dämon mit Krallen nach ihrem Herzen griff, um es ihr aus der Brust zu reißen. Vieles an Hildegard begann sie erst jetzt allmählich zu begreifen, als wäre jene Schwester, die sie als Teil ihres Selbst empfunden hatte, gleichzeitig eine Fremde gewesen.
    Sie eilte in den Gemeinschaftssaal, doch fand sie ihn völlig leer vor. So stieg sie wieder in ihre Kammer hoch und entdeckte Biatris, die zu einem Bündel zusammengerollt auf dem Bett lag.
    » Wo ist Peyres? « , fragte sie so beiläufig wie möglich und bemerkte erst dann, dass Biatris’ Augen rot geweint waren.
    » Er will fort, und zwar möglichst weit. Gerade eben hat er sich von mir verabschiedet. «
    Biatris richtete sich auf.
    » Er ist der Vater deines Kindes, nicht wahr? «
    Adelind nickte stumm.
    » Ich habe es ihm verschwiegen « , gestand sie dann. » Ich dachte, es wäre besser, ihm die Trennung nicht unnötig zu erschweren. «
    Unter Biatris’ vorwurfsvollem Blick sackte sie ein wenig zusammen. Gleichzeitig begann sie sich heftiger nach Peyres zu sehnen als jemals zuvor. Ihre Entscheidung fiel, ohne dass es längeren Grübelns bedurfte, als hätten alle ihr möglichen Wege sich zu einer breiten Straße vereint, die nun in aller Deutlichkeit vor ihr lag.
    » Ich habe stets geahnt, dass mein Bruder niemals eine Möglichkeit haben wird, dich von deiner Schwester zu trennen « , sagte Biatris nun. » Und im Tod ist sie noch mächtiger geworden. «
    » Sie war niemals mächtig « , entgegnete Adelind und wandte sich ungeduldig zur Tür. » Nur hilflos und voller Angst, die sie schließlich überwinden konnte. Ihr Tod war etwas, das sie für sich selbst entschied, aber ich habe es lange nicht verstanden. Ist Peyres schon aufgebrochen? «
    Sie drückte den Schmuck so fest zusammen, dass er in ihrer Faust knackste.
    » Er ist vor einer Weile losgezogen. Vielleicht kannst du ihn noch einholen. Aber höre auf, ihn zu deinem Spielzeug zu machen « , rief Biatris ihr zu. Adelind riss die Tür auf.
    » Ein Spielzeug ist er nie für mich gewesen. Leb wohl, Biatris, und führe unsere sociae nach Montsegur. Dort sehen wir uns hoffentlich wieder, denn ich werde weiterhin dieser Kirche dienen, aber nur als gewöhnliche Gläubige. «
    Adelind raste sämtliche Stufen hinab und keuchte bereits, als sie durch den
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