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Die Kaufmannstochter von Lübeck

Die Kaufmannstochter von Lübeck

Titel: Die Kaufmannstochter von Lübeck
Autoren: Conny Walden
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versammelt, als die Tür aufsprang. Hintz, ein Laufbursche, den Moritz von Dören zur Erledigung diverser Botengänge und Besorgungen angestellt hatte, kam herein. Sein Kopf war hochrot, er musste tatsächlich ein ganzes Stück gerannt sein. »Herr, die Seehundsbraut liegt bei Kopenhagen fest. König Waldemar lässt sie nicht passieren und verlangt einen unverschämt hohen Zoll für die Öresund-Durchfahrt …« Hintz rang nach Luft.
    »Damit war leider zu rechnen«, murmelte Wolfgang.
    »Die Seehundsbraut war nicht allein unterwegs«, stellte Moritz fest. »Was ist mit den anderen Koggen des Verbandes?«
    »Dasselbe«, keuchte Hintz. »In Kopenhagen festgesetzt, bis bezahlt ist. Der Bote kam gerade vorhin in die Stadt und ist jetzt noch beim Bürgermeister.«
    Moritz von Dören ballte die Hände zu Fäusten, und in sein ansonsten eher weich und freundlich wirkendes Gesicht trat ein harter Zug, wie Johanna ihn nur sehr selten bei ihrem Vater bemerkt hatte. »Waldemar, dieser dänische Räuber«, entfuhr es ihm. »Es wird Zeit, dass ihm jemand das Handwerk legt! Höchste Zeit wird es!«
    Waldemar IV., König von Dänemark, hatte vor kurzem die südschwedische Provinz Schonen erobert und kontrollierte jetzt beide Seiten des Öresunds. Nur ein paar Meilen breit war diese Wasserstraße an der schmalsten Stelle. Es hing jetzt von König Waldemars Gnaden ab, ob und zu welchem Preis er die Schiffe der Hanse dieses Nadelöhr zwischen Nord- und Ostsee passieren ließ. Nicht genug, dass der wichtige Handel mit der Küste von Schonen jetzt vollständig unter seiner Kontrolle stand, auch die Schiffe, die Stockfisch in Bergen luden, und der überaus wichtige Schiffsverkehr mit Flandern und England waren davon betroffen.
    »Hintz!«, sagte Moritz plötzlich auf sehr energisch wirkende Weise.
    »Ja, Herr.«
    »Ruf alle Mitglieder unserer Bruderschaft zusammen. Wir treffen uns in zwei Stunden im großen Saal des Rathauses. Und lasst auch unseren Bürgermeister von unserer Zusammenkunft wissen und ihm ausrichten, dass er ein herzlich willkommener Gast sei.«
    Hintz musste jetzt erst einmal tief durchatmen. Einige Dutzend Handelsherren in so kurzer Zeit zusammenzurufen war auch für einen robusten Laufburschen eine anspruchsvolle Aufgabe, auch wenn Lübeck kein besonders ausgedehntes Stadtgebiet besaß. Seine Lage hatte eine ungehemmte Erweiterung verhindert. Nur ein kurzes Stück verband die Stadt mit dem Land, ansonsten wurde sie von allen Seiten durch die in einem Bogen ins Meer fließende Trave begrenzt, weshalb man relativ kurze Wege hatte: eine ideale Voraussetzung für den Handel.
    »Ich werde tun, was ich kann, Herr«, versprach Hintz.
    »Beeil dich!«, verlangte Moritz mit einer drängenden Ungeduld, die ansonsten nicht zu den typischen Eigenschaften des Ältermanns der Schonenfahrer-Bruderschaft gehörte. »Und der Bote aus Kopenhagen – er soll im Kreis der Bruderschaft wiederholen, was er gesagt hat!«
    »Jawohl, Herr.«
    Hintz verneigte sich leicht. Dann drehte er sich um und brach sofort auf.
    Moritz wandte sich an Johanna. »Sorg dafür, dass dieser Schatz gut verschlossen und sicher verwahrt wird, Johanna.«
    »Das werde ich«, versprach sie.
    »Ich werde jetzt einiges zu tun haben. Sucht mich im Rathaus, wenn irgendetwas sein sollte!« Mit diesen Worten verließ er den Raum. Wolfgang Prebendonk folgte ihm, allerdings nicht, ohne Grete zuvor noch einen Blick zuzuwerfen, den man gegenüber einer verlobten Frau wohl nur als unverschämt bewerten konnte.
    Grete errötete leicht, aber es war unübersehbar, dass ihr die Aufmerksamkeit gefiel, die Wolfgang ihr nach wie vor zuteil werden ließ.
    Sie wischte sich mit einer schnellen Bewegung über die erröteten Wangen und sagte dann: »Es scheint, als seist du die Einzige, der unser Vater die innere Stärke zugetraut hat, der Versuchung zu widerstehen und tatsächlich dafür zu sorgen, dass der Schatz, wie er ihn nennt, sicher verwahrt wird.« Sie lächelte breit und richtete ihre Frisur, um die Verlegenheit zu überspielen.
    »Hättest du diese innere Stärke denn nicht, Schwester?«, fragte Johanna.
    »Du hast doch gesehen, wie sehr ich dieser klebrigen, zuckersüßen Masse verfallen bin, Johanna.«
    »Und was ist mit den anderen Versuchungen?«
    Grete sah Johanna geradewegs in die Augen.
    »Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst«, behauptete sie schmunzelnd.
    »Ich hatte das Gefühl, Wolfgang wusste das sehr genau.«
    »Denkst du, wir sind wirklich so verschieden,
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