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Die Kaufmannstochter von Lübeck

Die Kaufmannstochter von Lübeck

Titel: Die Kaufmannstochter von Lübeck
Autoren: Conny Walden
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London oder Nowgorod im Sinne des Hauses zu erledigen, schickte Moritz von Dören zumeist seinen Vertrauten Wolfgang Prebendonk. Selbst in Venedig war er schon in Moritz’ Auftrag gewesen, und ein spätes Ergebnis seiner dortigen Verhandlungen war unter anderem der Erhalt dieser Krüge. Marzipan, die süße Verführung der Reichen und Edlen, die bereit waren, nahezu jeden Preis zu zahlen, gegen haltbaren Stockfisch, der über Lübeck, Nürnberg und die Alpen schließlich bis nach Italien gebracht wurde, wo in der Fastenzeit so viel Bedarf an Fisch bestand, dass der Papst in Rom bereits mehrere mit dem Wasser in Beziehung stehende Tierarten wie zum Beispiel den Biber kurzerhand zu Fischen erklärt hatte. Andernfalls hätte man entweder eine Hungersnot oder einen massenhaften Verstoß der Gläubigen gegen die Fastenregeln in Kauf nehmen müssen.
    »Nicht, dass hier jemand glaubt, dass solche Köstlichkeiten in Zukunft häufiger auf den Tisch kämen«, sagte Moritz von Dören unterdessen, während er sich noch eine Messerspitze Marzipan genehmigte und sie für einen langen Moment schweigend und mit geschlossenen Augen genoss. Erst dann sprach er weiter. »Aber eine gewisse Überprüfung der Qualität muss schon sein. Unsere Kunden sind schließlich hohe und einflussreiche Herrschaften.«
    »So, an wen soll denn dieser Inbegriff des sündhaften Luxus verkauft werden?«, fragte Johanna, nachdem sie ihre Fingerspitze Marzipan, solange es irgend möglich war, zwischen Zunge und Gaumen hatte zergehen lassen, ehe sie sie dann doch herunterschluckte.
    »Wir haben Anfragen des Herzogs von Lüneburg-Braunschweig«, erklärte Moritz von Dören. Dabei straffte sich seine Haltung, und ein zufriedenes Lächeln spielte um seine Lippen. Er schien den zu erwartenden geschäftlichen Erfolg noch weitaus intensiver zu genießen als die Süße dieser unvergleichlichen Speise. »Außerdem hat der Kurfürst von Brandenburg sein Interesse bekundet, und wie mir Joop Bartelsen von den Rigafahrern ganz offiziell schon vor längerer Zeit mitgeteilt hat, wäre offenbar auch der Hochmeister des Deutschordens daran interessiert, größere Mengen davon einzuführen.«
    »Haben die Ordensritter nicht Armut und Keuschheit gelobt?«, wandte Grete ein, während sie noch etwas von der Köstlichkeit naschte.
    Dabei tauschte sie einen Blick mit Wolfgang Prebendonk.
    »Man sagt, dass viele der Ordensritter sich weder an das eine noch an das andere halten«, grinste Wolfgang.
    Grete errötete leicht, während Wolfgang sie auf eine Weise ansah, die die Grenze des Schicklichen beinahe überschritt. Sie wandte sich in ihrer Verlegenheit Johanna zu, die diese Szene aufmerksam beobachtet hatte.
    »Wenn du demnächst dein Gelübde ablegst und ins Kloster gehst, dann kannst du es ja genauso halten wie die Ordensritter«, meinte sie.
    »Grete!«, ermahnte Moritz von Dören seine ältere Tochter streng. Zumindest so streng, wie ihm dies möglich war. Gegenüber seinen Töchtern war er nämlich nie wirklich streng gewesen. Sosehr er auch darauf achtete, dass innerhalb seines Handelshauses alles exakt so erledigt wurde, wie er sich das vorstellte, so nachgiebig war er andererseits immer gegenüber Grete und Johanna gewesen.
    Nur in einer Frage hatte er sich durchgesetzt, und das betraf die Wahl von Gretes zukünftigem Ehegatten.
    Dass Wolfgang Prebendonk sich zu Grete hingezogen fühlte, war unübersehbar, und lange Zeit hatte der Prokurist und Vertraute des Hausherrn die besten Chancen gehabt, eines Tages die Geschäfte ganz zu übernehmen und der Vater einer zukünftigen Generation von Kaufleuten der Familie von Dören zu werden. Grete war gegenüber einer Verbindung mit Wolfgang auch gar nicht abgeneigt gewesen, alles hätte gepasst.
    Aber dann war das Angebot aus Antwerpen gekommen. Die Verbindung zur Antwerpener Familie van Brugsma war für Moritz von Dören zuvor schon immer wichtiger geworden. Beide Handelshäuser waren Partner eines sehr einträglichen Fernhandels. Marzipan war dabei noch nicht einmal das wichtigste Gut. Das Haus von Dören lieferte vor allem Pelze aus Nowgorod und importierte dafür Tuchwaren aus England und Flandern. Dass sich nun durch eine Heirat zwischen Grete von Dören und Pieter van Brugsma dem Jüngeren die Gelegenheit ergab, beide Handelshäuser noch enger miteinander zu verbinden, musste Moritz wie eine glückliche Fügung erscheinen, zumal er keinen männlichen Erben besaß, der seine Geschäfte hätte weiterführen können. Und von
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