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Die Katzen von Ulthar

Die Katzen von Ulthar

Titel: Die Katzen von Ulthar
Autoren: H.P. Lovecraft
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Reiter weiterstürmten, schienen sie rückwärts durch die Zeit zu galoppieren; denn jedesmal, wenn sie im Zwielicht durch ein Dorf ritten, sahen sie nur solche Häuser und Bewohner, wie sie Chaucer oder Menschen vor ihm gesehen haben mochten, und manchmal trafen sie Ritter zu Pferd, die kleine Vasallenhaufen anführten. Als es dunkelte, reisten sie geschwinder, bis sie bald wie durch die Lüfte flogen. Im trüben Morgendämmer erreichten sie jenes Dorf, das Kuranes in seiner Kindheit voller Leben gesehen hatte und schlafend oder tot in seinen Träumen. Jetzt lebte es, und frühaufgestandene Dorfbewohner verneigten sich, als die Reiter die Straße hinabklapperten und in die Gasse abbogen, die im Abgrund der Träume endet.
    Kuranes hatte den Abgrund bislang nur nachts aufgesucht und fragte sich, wie er wohl bei Tage aussähe; deshalb blickte er voller Neugier, als sich die Kolonne dem Rand näherte. Gerade als sie das zum Absturz hin ansteigende Land hinaufgaloppierten, stieg irgendwo aus dem Westen ein goldener Glanz und verbarg die ganze Landschaft hinter strahlenden Draperien. Der Abgrund glich einem siedenden Chaos rosenfarbener und himmelblauer Pracht, und unsichtbare Stimmen sangen frohlockend, als die ritterliche Entourage über den Rand setzte und anmutig hinabschwebte, vorbei an glitzernden Wolken und silbrigen Blitzen. Endlos hinab trieben die Reiter, und ihre Rosse trommelten im Äther, als galoppierten sie über goldene Dünen; und dann teilten sich die luminösen Dämpfe, um eine größere Herrlichkeit zu entdecken, die Herrlichkeit 12
    der Stadt Celephais und der Meeresküste dahinter und des schneeigen Gipfels, der die See überschaut, und der buntbemalten Galeeren, die aus dem Hafen nach fernen Gefilden segeln, wo sich die See dem Himmel vermählt.
    Und danach regierte Kuranes über Ooth−Nargai und alle benachbarten Regionen des Traums und hielt abwechselnd Hof in Celephais und dem wolkengestaltigen Serannian. Er regiert noch immer dort und wird auf ewig glücklich regieren, obwohl am Fuße der Klippen bei Innsmouth die Kanalfluten spöttisch mit dem Körper eines Landstreichers spielten, der in der Morgendämmerung durch das halbverlassene Dorf gestolpert war; spöttisch damit spielten und ihn auf die Felsen beim efeubewachsenen Trevor Towers warfen, wo ein bemerkenswert fetter und besonders anstößiger Brauereimillionär die erkaufte Atmosphäre erloschenen Adels genießt.
    Die Traumsuche nach dem unbekannten Kadath
    Dreimal träumte Randolph Carter von der wunderbaren Stadt, und dreimal wurde er fortgerissen, als er noch auf der hohen Terrasse über ihr verweilte.
    Ganz golden und lieblich glänzte sie im Sonnenuntergang, mit Mauern, Tempeln, Kolonnaden und Bogenbrücken aus geädertem Marmor, Fontänen prismatischen Sprühregens in silbernen Bassins auf weiten Plätzen und inmitten duftender Gärten und breiten Straßen, die zwischen köstlichen Bäumen, blütenüberladenen Urnen und glühenden Reihen elfenbeinerner Statuen verliefen, während an schroffen Nordhängen Zeilen roter Dächer und alter, spitzer Giebel emporklommen und kleine grasüberwucherte Pflastersträßchen beherbergten. Sie war ein Fieber der Götter, eine Fanfare himmlischer Trompeten und ein Geschmetter unvergänglicher Zimbeln. Geheimnis umlagerte sie wie Wolken einen sagenhaften unbestiegenen Berg, und als Carter atemlos und erwartungsvoll auf jener Brustwehr mit dem steinernen Geländer ringsum stand, da schwemmten zu ihm herauf Bitternis und Zweifel fast versunkener Erinnerung, der Schmerz über verlorene Dinge und das rasende Bedürfnis, sich wieder dessen zu entsinnen, was einst eine ehrfurchtgebietende und wichtige Stätte gewesen war.
    Er wußte, daß sie für ihn einst von höchster Bedeutung gewesen sein mußte; doch in welchem Zyklus oder welcher Inkarnation er sie gekannt hatte, und ob im Traum oder im Wachen konnte er nicht sagen. Vage rief sie schwache Erinnerungen an eine längst vergessene, früheste Jugend herauf, als das Mysterium der Tage Staunen und Wonne barg, und Morgengrauen und Abenddämmer zum lebhaften Klang von Lauten und Liedern gleichermaßen prophetisch voranschritten und feurige Tore zu weiteren, überraschenden Wundem eröffneten. Doch jede Nacht, wenn er auf dieser hohen Marmorterrasse mit den seltsamen Urnen und dem gemeißelten Geländer stand und über die stille, abendliche Stadt der Schönheit und überirdischen Immanenz hinblickte, fühlte er die Knechtschaft der tyrannischen
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