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Die Katzen von Ulthar

Die Katzen von Ulthar

Titel: Die Katzen von Ulthar
Autoren: H.P. Lovecraft
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und ihre himmelwärts segelnden Galeeren, und obwohl ihn seine Träume an viele prachtvolle und unerhörte Stätten trugen, konnte ihm niemand, dem er begegnete, sagen, wie Ooth−Nargai hinter den Tanarischen Bergen zu finden sei. Eines Nachts flog er über dunklen Gebirgen dahin, wo er fahle, einsame und weitverstreute Lagerfeuer sah und seltsam zottige Herden, deren Leittiere klingende Glöckchen trugen; und in den wildesten Regionen dieses bergigen Landes, so abgelegen, daß es nur wenige Menschen jemals gesehen haben können, fand er einen gräßlichen uralten Wall oder Steindamm, der sich im Zickzack über die Kämme und Täler wand; er war zu gigantisch, um von Menschenhand errichtet zu sein, und von solcher Länge, daß man weder Anfang noch Ende entdeckte. Jenseits der Mauer gelangte er im grauen Dämmerlicht in ein Land schmucker Gärten und Kirschbäume, und als die Sonne aufging, offenbarte sich ihm eine solche Schönheit roter und weißer Blumen, grüner Laubdächer und Rasenflächen, weißer Pfade, diamantener Bäche, blauer Teiche, gemeißelter Brücken und rotgedeckter Pagoden, daß er in hellem Entzücken die Stadt Celephais für einen Augenblick vergaß. Doch er entsann sich ihrer wieder, als er einen weißen Pfad hinunter auf eine rotgedeckte Pagode zuschritt, und würde die Menschen dieses Landes nach ihr befragt haben, hätte er nicht herausgefunden, daß es dort keine Menschen gab, sondern nur Vögel und Bienen und Schmetterlinge. In einer anderen Nacht stieg Kuranes eine feuchte, steinerne Wendeltreppe endlos empor und kam zu einem Turmfenster, das eine gewaltige Ebene und einen mächtigen Strom im Licht des Vollmonds überschaute; und im Aussehen und der Anlage der stillen Stadt, die sich vom Flußufer fortzog, glaubte er etwas ihm bereits Bekanntes zu entdecken. Er wäre hinabgestiegen und hätte sich nach dem Weg nach Ooth−Nargai erkundigt, wäre nicht von einem entlegenen Ort jenseits des Horizontes eine fürchterliche Morgenröte hochgesprüht, die den Zerfall und die Altertümlichkeit der Stadt, den stockenden, verschilften Strom und den Tod enthüllt hätte, der über diesem Land lag, so wie er dort gelegen hat, seit König Kynaratholis von seinen Eroberungszügen nach Hause kehrte, um von der Rache der Götter ereilt zu werden.
    So forschte Kuranes vergebens nach der wunderbaren Stadt Celephais und ihren Galeeren, die gen Serannian in den Himmel segeln, lernte unterdessen viele 11
    Wunder kennen und entkam einmal mit knapper Not dem unbeschreibbaren Hohepriester, der eine gelbe Seidenmaske vor dem Gesicht trägt und gefährtenlos in einem prähistorischen Steinmonasterium auf dem Eiswüstenplateau von Leng haust. Mit der Zeit wurde er über die öden Tagesintervalle so ungehalten, daß er begann, Drogen zu erstehen, um seine Schlafperioden zu verlängern. Haschisch leistete ihm gute Dienste und sandte ihn einmal in einen Teil des Alls, wo keine Formen existieren und wo glühende Gase die Geheimnisse des Seins ergründen. Und ein violettes Gas erklärte ihm, daß dieser Teil des Alls außerhalb dessen läge, was er Unendlichkeit nenne.
    Das Gas hatte vorher nie von Planeten und Organismen gehört und identifizierte Kuranes bloß als etwas aus der Unendlichkeit, wo Materie, Energie und Gravitation existieren. Kuranes bemühte sich jetzt sehr intensiv darum, ins minarettbesetzte Celephais zurückzukehren und erhöhte die Dosis der Drogen;
    doch schließlich besaß er kein Geld mehr, um sich Drogen zu kaufen. Eines Sommertages dann wurde er aus seinem Mansardenzimmer geworfen, und er streifte ziellos durch die Straßen und trieb über eine Brücke in eine Gegend, wo die Häuser vereinzelter standen. Und hier vollzog sich die Erfüllung, und er begegnete dem Ehrengeleit der Ritter, die aus Celephais gekommen waren, ihn auf immer dorthin zu tragen.
    Stattliche Ritter waren es, auf Rotschimmeln und in glänzenden Rüstungen mit wunderlich blassonierten Wappenröcken aus goldgemustertem Zeug. So zahlreich waren sie, daß Kuranes sie beinahe mit einer Armee verwechselte, doch sie waren ihm zu Ehren gesandt; denn er hatte Ooth−Nargai in seinen Träumen erschaffen, und dafür sollte er nun für alle Zeit zu seinem obersten Gott ernannt werden. Dann gaben sie Kuranes ein Pferd und stellten ihn an die Spitze der Kavalkade, und alle ritten majestätisch durch die Niederungen von Surrey und weiter in jene Gegend, wo Kuranes und seine Vorfahren geboren wurden. Es wirkte eigentümlich, doch als die
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