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Die Katzen von Ulthar

Die Katzen von Ulthar

Titel: Die Katzen von Ulthar
Autoren: H.P. Lovecraft
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Gestalt erscheinen können, um die Übergabe seines Besitzes zu fordern. Dies vermag ich nötigenfalls zu beweisen. Deshalb bitte ich Sie, diese Versammlung auf unbestimmte Zeit zu vertagen.«
    VIII
    De Marigny und Phillips starrten den Hindu wie hypnotisiert an, während Aspinwall aufgebracht schnaubte. Der Widerwille des alten Anwalts war jetzt in offene Wut umgeschlagen, und seine apoplektisch geäderte Faust krachte auf den Tisch. Als er sprach, klang es wie ein Bellen .
    »Wie lange soll dieser Schwachsinn denn noch dauern? Ich habe diesem Verrückten − diesem Betrüger − eine Stunde lang zugehört, und jetzt besitzt er die verdammte Unverschämtheit zu behaupten, daß Randolph Carter lebt − und uns zu bitten, die Vermögensregelung ohne ersichtlichen Grund zu verschieben!

129
    Warum schmeißen Sie den Schurken nicht einfach hinaus, de Marigny? Oder wollen Sie etwa, daß wir alle zur Zielscheibe eines Scharlatans oder Idioten werden?«
    De Marigny hob ruhig die Hand und meinte sanft: »Wir wollen in aller Ruhe und Klarheit einmal überlegen. Dies war eine höchst eigenartige Geschichte, und einiges davon scheint mir, als nicht gerade unerfahrenem Mystiker, alles andere als unmöglich. Außerdem habe ich seit dem Jahr 1930 von dem Swami etliche Briefe erhalten, die mit seinem Bericht übereinstimmen.«
    Als er innehielt, wagte der alte Mr. Phillips zu sagen: »Swami Chandraputra sprach von Beweisen. Auch ich erkenne in seiner Geschichte manches, was von Bedeutung ist, und habe selbst während der vergangenen zwei Jahre viele, diese Geschichte bestätigende Briefe von Swami bekommen; doch einige dieser Behauptungen sind äußerst extrem. Gibt es denn nichts Greifbares, das sich vorweisen ließe?«
    Schließlich gab der unbeweglich blickende Swami schleppend und heiser Antwort, und als er sprach, zog er aus seinem schlotternden Mantel einen Gegenstand.
    »Es hat zwar keiner von Ihnen jemals den Silberschlüssel selbst gesehen, doch Mr. de Marigny und Mr. Phillips kennen Photogra−phien davon. Kommt Ihnen das hier bekannt vor?«
    Seine große, weißbehandschuhte Hand legte linkisch einen schweren, angelaufenen Silberschlüssel auf den Tisch − beinahe fünf Zoll lang, von unbekannter und mehr als exotischer Machart und mit den allerbizarrsten Hieroglyphen bedeckt. De Marigny und Phillips rangen nach Luft.»Das ist er!«
    rief de Marigny. »Die Kamera lügt nicht. Ich irre mich nicht!«
    Doch Aspinwall hatte bereits eine Antwort abgefeuert.
    »Dummköpfe! Was beweist das? Wenn das wirklich der Schlüssel ist, der meinem Cousin gehörte, muß uns dieser Fremde hier− dieser verdammte Nigger − erklären, wo er ihn her hat! Randolph Carter verschwand vor vier Jahren mit dem Schlüssel. Woher wissen wir, daß er nicht ausgeraubt und ermordet wurde? Er selbst war schon halb verrückt und unterhielt Beziehungen zu noch verrückteren Leuten.
    Paß auf, Nigger, − wie kommst du zu dem Schlüssel? Hast Randolph Carter wohl abgemurkst, was?«
    Die unnormal gelassene Miene des Swami veränderte sich nicht, doch die fernen, irislosen, schwarzen Auen dahinter glühten beängstigend. Er sprach mit erheblicher Mühe.
    »Bitte nehmen Sie sich zusammen Mr. Aspinwall. Ich könnte noch einen anderen Beweis anführen, doch die Wirkung hiervon wäre für alle Beteiligten höchst unerfreulich. Bleiben wir doch vernünftig. Ich habe hier einige Schriftstücke, die eindeutig nach 1930 und in Randolph Carters 130
    unverwechselbarer Schrift abgefaßt sind.«
    Unbeholfen zog er ein längliches Kuvert aus seinem losesitzenden Mantel und reichte es dem geifernden Anwalt, während ihm de Marigny und Phillips mit chaotischen Gedanken und dem aufsteigenden Gefühl eines übernatürlichen Wunders zusahen.
    »Die Handschrift ist natürlich nahezu unleserlich − Sie sollten aber bedenken, daß Randolph Carter jetzt nicht die geeigneten Hände besitzt, um menschliche Zeichen zu schreiben.«
    Aspinwall überflog die Papiere und wirkte sichtlich verstört, was ihn aber nicht zur Änderung seines Benehmens veranlaßte. Der Raum was spannungsgeladen und erfüllt von namenloser Furcht, und in den Ohren von de Marigny und Phillips klang der fremdartige Rhythmus der sargförmigen Standuhr ungemein diabolisch, wovon der Anwalt jedoch völlig unberührt blieb.
    Aspinwall ergriff erneut das Wort. »Das sieht nach geschickten Fälschungen aus. Sind sie echt, kann das bedeuten, daß sich Randolph Carter in der Gewalt von Leuten befindet, die nichts
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