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Die Katze, die den Braten roch.

Die Katze, die den Braten roch.

Titel: Die Katze, die den Braten roch.
Autoren: Lilian Jackson Braun
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wahr?«
    »Ja, aber gute Beine.«
    »Nimm dir noch Sauce, Qwill. Mildred hat sie gemacht. Das Rezept stammt vom Küchenchef des Mackintosh Inn.«
    »Der hiesige Mackintosh-Clan hat dem Gasthaus einen alten schottischen Curlingstein geschenkt – wußtest du das? Er liegt in einer Glasvitrine im Foyer«, sagte Qwill. »Wohnt Nightingale noch immer im Mackintosh Inn?«
    »Nein, der Speditionslaster mit seinen Möbeln und Büchern ist endlich aus Boston gekommen. Wieso haben die so lange gebraucht?«
    »Sie haben sich verirrt«, erklärte Qwilleran. »Sie konnten Pickax nicht auf der Landkarte finden. Sie hatten drei Ladungen auf dem Laster und sind über Miami und St. Louis hierher gekommen.«
    Sie hatten Kirt Nightingale bei einer Willkommensfeier im Village kennen gelernt und waren beeindruckt von seinem Fachwissen, wenngleich sie fanden, daß er recht gewöhnlich aussah und keine besondere Persönlichkeit besaß. Er wollte seinen eigenen Antiquariatskatalog herausgeben und von seiner Wohnung aus einen Versandhandel betreiben.
    Qwilleran, der Bücher sammelte, hatte ihm eine Frage über Dickens gestellt, und der Händler hatte gemeint: »Wenn Sie interessiert sind, kann ich Ihnen für um die 30.000 drei Bände von Sketches by Boz besorgen. Zwei davon wurden 1836 gedruckt, der dritte ein Jahr später.«
    Qwilleran hatte ernst genickt. Im Antiquariat von Pickax zahlte er nie mehr als drei bis fünf Dollar für einen Klassiker aus zweiter Hand.
    Als er und Polly beim Abendessen über diese Szene sprachen, sagte sie: »Meinst du nicht, daß uns die Tatsache, daß ein Mann unter uns lebt, der mit seltenen Büchern handelt, ein gewisses Prestige verleiht?«
    »Wie viel Prestige willst du denn noch?«, entgegnete Qwilleran. »Wir haben bereits dich und mich und den Meteorologen von WPKX sowie den Herausgeber der Tageszeitung und ein Mitglied des Stadtrats – und nicht zu vergessen den Erbauer von Indian Village höchstpersönlich!« Letzteres meinte er sarkastisch; Don Exbridge war bei den Bewohnern von Indian Village nicht sonderlich beliebt. Sie gaben ihm die Schuld für die dünnen Wände, die undichten Dächer, die klappernden Fenster und die schwingenden Fußböden. Aber, so sagten sie sich, es war eine gute Adresse.
    Nach dem Dessert – frischen Birnen und Gorgonzola – machte Qwilleran Feuer im Kamin, und sie nahmen ihre Drinks vor den gemütlich knisternden Flammen ein: Tee für sie, Kaffee für ihn. Qwilleran kannte Polly wirklich gut, aber nicht gut genug, um zu fragen: »Was für einen Kaffee verwendest du? Wie lange hast du ihn schon im Haus? Wie lagerst du ihn? Wie bereitest du ihn zu?«
    Sie fragte: »Wie schmeckt dir der Kaffee, Liebster?« Sie wußte, daß er in dieser Hinsicht ein Feinschmecker war.
    »Nicht schlecht«, antwortete er und meinte damit, der Kaffee sei trinkbar.
    »Freut mich, daß er dir schmeckt. Es ist nur koffeinfreier Instantkaffee.«
    Später, als er wieder gehen wollte, sah Qwilleran auf dem Vorzimmertisch eine geschnitzte Holzschatulle. Sie war verhältnismäßig lang, und in den Deckel, der mit einem Scharnier befestigt war, waren Weintrauben und Blätter eingraviert, die das Wort NDSCHUHE umrankten.
    »Woher hast du diese Schatulle?« fragte er.
    »Ach, die!«, antwortete sie achselzuckend. »An dem Tag, als der Speditionslaster kam, hielt ich es für eine gutnachbarliche Geste, Kirt zu einem einfachen Abendessen einzuladen, und die Schatulle war wohl sein Dankeschön.«
    Sie hatte den prachtvollen Namen des Mannes auf eine einzige Silbe gekürzt. »Wofür ist sie?«, fragte Qwill knapp.
    »Für Handschuhe. Die ersten beiden Buchstaben sind von den Blättern halb verdeckt. Sie hat Kirts Mutter gehört, und er wollte sie mir schenken. Eine rührende Geste, nicht wahr?«
    »Hmpf«, knurrte Qwilleran.
    »Eigentlich habe ich für helles Eichenholz und stilisierte Schnitzerei nicht viel übrig. Sie wirkt eher maskulin, und ich habe bereits eine bezaubernde bestickte Schatulle für Handschuhe, die mir meine Schwester gemacht hat… Ich wünschte, du würdest sie nehmen, Qwill.«
    »Wie alt ist sie?«
    »Frühes 20. Jahrhundert, nehme ich an… Aber was auch immer du tust, paß auf, daß Kirt nicht erfährt, daß ich sie weiterverschenkt habe! Wir stecken sie in eine große Plastiktüte, falls er aus dem Fenster schauen sollte, wenn du sie heimträgst.«
    Die Handschuhschatulle machte sich gut auf der edel proportionierten modernen Kommode in Qwillerans Vorzimmer – sie war alt genug,
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