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Die Jagd nach Millionen

Titel: Die Jagd nach Millionen
Autoren: David C. Murray
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freiem Fuß. In diesem Fall durfte sich der Anwalt mit einigem
Recht in sittlicher Entrüstung ergehen über die
Voreiligkeit der Polizei, die einen Ausländer von Rang
festnehme, acht Tage gefangen halte und nicht einmal ein Wort der
Rechtfertigung ihres Verfahrens für ihn übrig habe.
Der den Vorsitz führende Beamte erwiderte trocken,
daß die Polizeilisten des Auslandes genügend von
seinem (des Anwalts) Klienten zeugten, und daß die englische
Polizei fortfahren werde, ihn scharf im Auge zu behalten.
    Noch vor des Generals Entlassung hatte sich Prickett mit
seinen einstigen Vorgesetzten verständigt und ihnen den
Thatbestand klargelegt. Der Präsident versicherte ihn seiner
unbedingten Unterstützung und gab ihm außerdem den
Rat, einen Professor Darkly in der Museumsstraße aufzusuchen
und sich die Schrift entziffern zu lassen.
    Professor Darkly war innerhalb eines bestimmten Kreises
berühmt, der Welt im übrigen aber
vollständig unbekannt. Es gibt heutzutage in allen
Großstädten derartige Persönlichkeiten,
Spezialisten, die auf irgend einem engbegrenzten Gebiet als Meister
gelten, von deren Dasein diesem Gebiet Fernstehende aber keine Ahnung
haben. Darkly war von Beruf ein
»Enträtsler«, er brachte Chiffre- und
Geheimschriften jeder Art heraus, die ihm vorgelegt wurden. Erst ein
paar Jahre war es her, da hatte eine Verbrecherbande sich in der
sogenannten Eselswiese der Tagesblätter über ihre
Pläne verständigt. Der Schurke, der die Chiffre dazu
erfunden hatte, wähnte, daß kein Sterblicher sie ohne
Schlüssel erraten könnte. Darkly hatte rein zu seinem
Vergnügen diese Mitteilungen verfolgt und die Uebertragung
davon der Polizei zugeschickt. Man hatte ihm die Mühe
anständig gelohnt, und seither übte er seine Kunst im
Dienst der Obrigkeit, so oft sie in Anspruch genommen wurde.
    »Prickett?« sagte der Professor.
»Ach ja Ich erinnere mich. Sie waren bei der Polizei. Irgend
ein Anliegen, das in mein Fach schlägt, Herr
Prickett?«
    »Auf diesem Silberplättchen ist eine lange
Geschichte eingekritzelt,« begann Prickett.
    »Lassen Sie mir's da,« bestimmte der
Professor nach kurzer Besichtigung. »Morgen oder
übermorgen werde ich Ihnen brieflich melden, ob der
Spaß viel oder wenig Zeit kostet.«
    »Kurzweg lesen können Sie's also
nicht?« fragte Prickett.
    »Nein, mein verehrter Herr, ich weiß ja noch
nicht einmal, in welcher Sprache, mit welchen Lettern die Inschrift
geschrieben ist! Wie sollte ich das vom Blatt lesen können?
Ich kann Ihnen noch nicht einmal sagen, ob die Arbeit Wochen oder
Monate brauchen wird!«
    Prickett gab also seine Wohnung an und ging nach Hause.
Reichliche Erfahrung hatte ihn Geduld gelehrt, und mittlerweile hatte
er ja auch Stoff zum Nachdenken und das angenehme Bewußtsein,
daß seine Fähigkeiten nicht mehr brach liegen
mußten. Immerhin wurde diese Geduld auf eine harte Probe
gestellt. Tag für Tag verging ohne irgend ein Ereignis von
Bedeutung. Der General wurde natürlich beobachtet; Prickett
wußte, daß er seine vornehme Wohnung aufgegeben und
sich eine bescheidenere gemietet hatte, auch daß er jetzt
einen andern Namen führte. Er verkehrte ziemlich viel mit
Landsleuten, machte und empfing Besuche, schien aber das
Silberplättchen ganz vergessen zu haben, was für
Prickett das einzig Bemerkenswerte war.
    Indessen trat doch ein anscheinend ganz harmloses und
alltägliches Ereignis ein, das ihm bald zur Erkenntnis
verhalf, mit welch entschlossenem und abgefeimtem Gegner er's zu thun
hatte.
    Prickett hatte seine jetzige Wohnung schon seit zehn Jahren
inne. Er war von jeher aufs Zurücklegen bedacht gewesen, hatte
obendrein Glück gehabt, und so konnte er für einen
Mann von mäßiger, geordneter Lebensweise
vermöglich genannt werden, ja, er hatte ruhig mehr ausgeben
können, als er that, wenn es ihm nämlich Freude
gemacht hätte. Ihm war aber ganz wohl bei seiner Lebensweise
und in dem Haus hatte er nun einmal Wurzel geschlagen. Der
Gewohnheitsmensch in ihm war daher peinlich berührt, als seine
Wirtin ihm die Mitteilung machte, sie habe ihr Haus samt Einrichtung
verkauft und werde in drei Monaten aufs Land ziehen.
    »Sehen Sie, Herr Prickett,« setzte sie ihm
auseinander, »auf dem Land bin ich geboren und im Grund habe
ich meiner Lebtage Heimweh gehabt nach dem Landleben. Wenn Sie aber
dableiben wollen, steht dem gar nichts im Wege, denn der
›Neuen‹ habe ich gleich gesagt: ›Herr
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