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Die Jagd nach dem Vampir

Titel: Die Jagd nach dem Vampir
Autoren: Nancy Atherton
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so etwas jeden Tag geschehen.«
    »Ich hoffe nicht.« Miss Archer blinzelte wie eine Eule und wandte sich wieder ihren Notizen zu. »Ihre Söhne behaupten auch, dass ihnen ein unsichtbarer Mann das Fluchen beigebracht hat.«
    »Auch wahr«, sagte ich. »Der Mann war natürlich nicht wirklich unsichtbar, aber Will und Rob konnten ihn nicht sehen. Er hatte unter ihrem Zimmer einen Tunnel gegraben. So konnten sie nur seine Stimme hören. Ein unflätiger alter Wicht.«
    »Ein … unflätiger alter Wicht hat unter dem Zimmer Ihrer Söhne einen Tunnel gegraben?«, wiederholte Miss Archer. Ihre Augen wurden immer größer.
    »Eigentlich hat er einen Schacht genutzt, der schon existierte«, sagte ich in beschwingtem Ton. »Es geschah auf einem alten Bergbaugelände in Colorado, wo wir den Sommer verbrachten, er konnte also unter einer Reihe von Gängen auswählen.«
    »Natürlich.« Miss Archer faltete die Hände und tippte die Daumenspitzen gegeneinander. »Und da sich die Geschichte im Schacht in Übersee ereignete, hielten Sie es sicherlich nicht für nötig, sie in unserem Gespräch zu erwähnen, da sie ja auch nichts mit dem Alltags- und Familienleben der Jungen zu tun hatte.«
    »Genau«, sagte ich. »Außerdem haben Sie uns nicht nach unseren Sommerferien gefragt.«
    »Seien Sie versichert, dass ich das von nun an tun werde.« Miss Archer räusperte sich und schlug eine andere Seite im Ordner auf. »Und die Geschichte über den Berg, der mitten in der Nacht explodierte. Stimmt die auch?«
    »Aber ja«, erwiderte ich. »Es gibt sogar Gerichtsunterlagen, die das bestätigen, aber um sie einzusehen, müssten Sie nach Colorado reisen.«
    »Was Sie nicht sagen«, entfuhr es Miss Archer. »Sie führen ja ein außerordentlich bewegtes Leben.« Ihr Blick wanderte von Bill zu mir, bevor sie fast flehentlich fragte: »Aber die Geschichte mit dem Vampir kann doch wohl unmöglich wahr sein.« Sie zögerte. »Oder?«
    »V-vampir?«, stammelte ich erschrocken. »Die Jungen haben eine Geschichte über einen Vampir erzählt? Das kann nicht sein. Wir sind nie einem begegnet.«
    »Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie erleichtert ich bin, das zu hören«, sagte Miss Archer und fuhr sich mit der Hand über die Stirn. »Die meisten Experten sind sich einig, dass Vampire Geschöpfe der Vorstellungskraft sind, aber bei Ihrer, ähm, dramatischen Vorgeschichte … kann man ja nicht wissen …« Ihre Stimme verstummte langsam.
    Grübelnd starrte ich auf einen Punkt über Miss Archers linker Schulter, bis mir ein plötzlicher Geistesblitz verriet, wer den Zwillingen die Idee mit dem Vampir in den Kopf gesetzt haben könnte. Ich warf Bill einen anklagenden Blick zu – und sah, dass auch er mich skeptisch ansah. Offensichtlich verdächtigte er mich, den Jungen Geschichten von blutsaugenden Lehrerinnen erzählt zu haben, genauso wie ich annahm, dass er seine Graf-Bill-Nummer vor ihnen abgezogen hatte. Er hob die Augenbrauen zum Zeichen, dass wir unsere gegenseitigen Verdächtigungen besser später klären sollten, und wandte sich mit dem Ausdruck unschuldigen Erstaunens an Miss Archer.
    »Wir wissen leider gar nichts von dieser Vampirgeschichte«, sagte er. »Was genau haben unsere Söhne denn erzählt?«
    »Sie behaupten, sie hätten einen gesehen«, antwortete Miss Archer.
    »Wo?«, fragte ich. »Wann?«
    Miss Archer warf einen Blick in ihre Notizen. »Sie erzählten Miss Brightman, dass sie während eines Ausritts auf ihren Ponys im Reitzentrum von Anscombe einen Vampir gesehen hätten. Sie gaben keine bestimmte Zeit oder ein Datum an.« Sie drehte die Seite um und sah uns an. »Aber Mrs Lawrence sagt, dass Matilda ihren ersten Albtraum Montagnacht hatte, also muss die Geschichte relativ neu sein.«
    »Wir kümmern uns darum«, beeilte sich Bill zu sagen. »Was die anderen Geschichten betrifft …«
    »Wir werden die Jungs nicht auffordern zu lügen«, erklärte ich unbeirrt. »Sie können nichts dafür, dass sie in aufregendere Situationen geraten als andere Kinder. Glauben Sie mir, ich wünschte, es wäre nicht so.«
    »Sicherlich ist es gut für sie, darüber zu reden«, fügte Bill hinzu.
    Zu meiner Überraschung nickte Miss Archer.
    »Ich stimme Ihnen zu«, sagte sie. »Es muss Will und Rob gestattet sein, die traumatischen Ereignisse auf ihre Weise zu verarbeiten.«
    »Möchten Sie, dass wir die Jungen heute Nachmittag zu Hause behalten?«, erkundigte sich Bill.
    »Keineswegs«, antwortete Miss Archer. »Ich habe nicht vor, ihren
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