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Die Jäger des Roten Mondes

Die Jäger des Roten Mondes

Titel: Die Jäger des Roten Mondes
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Wissen, das in ihr den Wunsch hervorrief, sterben zu wollen …
    »Nun, ich jedenfalls kümmere mich um Sie«, sagte er, und seine Finger suchten ihre Hand. »Kommen Sie, wenn Sie zu schwach sind, allein zu essen, werde ich Ihnen helfen.« Er riß das Paket auf und sah zu, wie das selbstwärmende Element es sofort mit dampfender Hitze durchdrang. Er nahm ein wenig von der suppenartigen Flüssigkeit auf den Löffel und hielt ihn ihr an die Lippen. »Kommen Sie, schlucken Sie das«, sagte er. »Fangen Sie damit an, das ist leicht.«
    Einen Augenblick lang dachte er, sie würde die Lippen eigensinnig geschlossen lassen; dann entspannte sie sich und ließ die Suppe hineinlaufen, und nach einer Weile sah er, wie sich ihre Kehle bewegte, und wußte, sie hatte es geschluckt. Ein tiefes wildes Gefühl des Stolzes übermannte ihn, aber er gab sich Mühe, es nicht zu zeigen, zog nur den Löffel zurück und hob eine weitere Portion an ihre Lippen. Nach zwei oder drei widerstrebenden Schlucken bewegte sie sich, als wollte sie sich aufrichten, und Dane legte seinen Arm um ihre Schultern und stützte sie. Er flößte ihr den Rest der Suppe und ein bißchen von dem Brei ein. Doch dann hielt er den Löffel zurück, als sie ihm bedeutete, daß sie mehr wolle.
    »Jetzt noch nicht. Sie sollten nicht gleich so viel essen nach so langem Fasten. Warten Sie ein bißchen, bevor Sie mehr nehmen«, riet Dane, und sie lächelte schwach und zustimmend, als er sie zurück auf die Kissen gleiten ließ. »Ja, versuchen Sie jetzt wieder zu schlafen, und das nächste Mal werden Sie schon kräftiger sein.«
    Ihre Augen fielen vor Erschöpfung zu, aber sie öffnete sie noch einmal unter Anstrengung und flüsterte: »… sind Sie?«
    »Nur ein Mitgefangener«, sagte er. »Mein Name ist Dane Marsh. Wir werden uns kennen lernen, wenn Sie wieder bei Kräften sind. Und Ihr Name ist …«
    »Dallith«, flüsterte sie und fiel daraufhin in einen tiefen Schlaf, so völlig von ihm zurückgezogen, als sei sie tot.
    Dane stand einen Augenblick da und betrachtete sie. Dann richtete er sich auf, sammelte ein, was vom Essen übrig war und legte es auf ein Möbelstück.
    Dallith. Wie wunderschön – und wie gut es zu ihrem zarten Gesicht und den Augen eines scheuen Tieres paßte. Im Moment reichte es zu wissen, daß sie lebte, daß sie das Leben gewählt hatte. Er wandte sich ab und sah, daß die anderen Gefangenen sich in verschiedenen Gruppen zusammengetan hatten; aber Rianna beobachtete ihn immer noch. Als er an ihr vorbeiging, sagte sie mit tiefer Bitterkeit: »Sie Narr! Was haben Sie getan?«
    »Ich glaube, sie wird leben«, sagte Dane. »Sie brauchte nur jemanden, der sich darum kümmert, ob sie lebt oder nicht. Jeder von euch hätte das tun können.«
    Rianna sagte mit unbeschreiblichem Zorn: »Wie konnten Sie ihr das antun? Nachdem sie schon aufgegeben hatte! Sie wieder aufzuwecken, daß sie wieder hofft … und leidet … oh, Sie aufdringlicher Narr!«
    Dane sagte: »Es ist nicht meine Art, herumzusitzen und jemanden sterben zu lassen. Solange es Leben gibt, gibt es Hoffnung. Sie sind am Leben, oder nicht? Und haben Sie es gewählt?«
    Sie seufzte nur und wandte sich von ihm ab. Ohne ihn anzusehen, sagte sie: »Ich hoffe nur, daß Sie nie erfahren werden, was Sie getan haben.«

3
     
    In dem Sklavenschiff der Mekhar gab es keine Möglichkeit, die Zeit zu messen, außer an den Mahlzeiten und an den Perioden, in denen das Schiff – oder zumindest die Sklavenquartiere – zum Schlafen verdunkelt wurden. Dane Marsh schätzte später, daß, nach seiner eigenen Berechnung, etwa drei Wochen ohne größere Zwischenfälle vergangen waren.
    Was seine eigene Wahrnehmung betraf, war das Hauptereignis dieser Zeit Dalliths langsame Rückkehr vom gewollten Tod zum Leben. Das erste Mal schlief sie einige Stunden, und als sie aufwachte, gab Dane ihr wieder zu essen. Das nächste Mal ermutigte er sie, sich für ein paar Minuten aufzusetzen, und als sie aufstehen und herumgehen konnte, bat er Rianna, sie zu den Baderäumen zu begleiten, die eigens für die Frauen in dieser Abteilung eingerichtet waren. Er hatte diese Bitte mit einigen Zweifeln an sie gerichtet – immerhin hatte Rianna erwartet oder sogar gewollt, daß das Mädchen liegen blieb und starb, und er hatte fast befürchtet, sie würde sich weigern, sich überhaupt damit zu befassen –, aber zu seinem Erstaunen war sie einverstanden und übernahm danach mit fast mütterlicher Besorgnis einen guten Teil von
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