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Die Jäger des Roten Mondes

Die Jäger des Roten Mondes

Titel: Die Jäger des Roten Mondes
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Dalliths täglicher Pflege. Dane versuchte nicht, es zu verstehen, aber er nahm es dankbar an.
    Lange Zeit war Dallith nicht stark genug, viel zu reden, und er drängte sie nicht. Er war damit zufrieden, an ihrer Seite zu sitzen und sie seine Hand halten zu lassen … fast so, dachte er, als könne er ihr so auf irgendeine Weise etwas von seiner eigenen Kraft und Vitalität abgeben. Aber sie wurde täglich kräftiger, und eines Tages lächelte sie ihn an und fragte ihn aus.
    »Und du kommst von einer Welt, von der keiner von uns je gehört hat? Eigenartig, daß sie das Risiko auf sich genommen haben, dorthin zu fliegen. Oder vielleicht auch nicht, wenn alle Leute bei euch so stark sind wie du.«
    Er zuckte die Schultern. »Ich habe den größten Teil meines Lebens damit zugebracht, hinter Abenteuern herzujagen. Dies hier ist nur ein bißchen fantastischer als alles andere, das ist alles. Mir hat schon früh der Gedanke gefallen, daß niemand freiwillig auf irgendeine Erfahrung verzichten sollte, die – wie sagt man – weder ungesetzlich noch unmoralisch ist und nicht fett macht.«
    Sie lachte ein bißchen. Ihr Lachen war bezaubernd, als wohne alle Fröhlichkeit der Welt in ihrer Stimme. »Sind bei euch alle Leute so?«
    »Nein, ich glaube nicht. Viele von ihnen etablieren sich früh und unternehmen niemals irgend etwas. Aber der Hang zum Abenteuer kommt immer wieder vor. Ich vermute, es ist ein ziemlich hartnäckiger Teil unseres Wesens.« Dann erinnerte er sich daran, wie Rianna ihm erzählt hatte, daß Angehörige von Dalliths Volk ausnahmslos den Tod suchten, wenn sie von ihrer Welt entfernt waren, und er biß sich auf die Lippen, um keine Fragen darüber zu stellen. Aber ein Schatten legte sich auf ihr Gesicht, als habe sie seine Gedanken erkannt. Ihre Traurigkeit schien genauso durchdringend zu sein wie ihre Fröhlichkeit, so als sei in ihrem schmalen, zarten Körper immer nur für eine einzige Emotion Platz, die vollkommen von ihr Besitz ergriff. Sie sagte: »Ich hoffe nur, deine Kraft und Tapferkeit bedeuten nicht, daß die Mekhar ein besonders Furcht erregendes Schicksal für dich geplant haben.«
    »Ich kann nur abwarten und sehen, was passiert«, sagte Dane, »aber wie ich dir schon sagte – solange es Leben gibt, gibt es Hoffnung.«
    Der Schatten lastete schwer auf ihr. Sie sagte: »Ich konnte mir nicht vorstellen, konnte nicht einmal davon träumen, daß es Hoffnung oder irgend etwas Gutes in der Zukunft geben könnte, getrennt von meiner Welt und meinem Volk.« Ihre Stimme klang verzweifelt. »Oh, andere haben unsere Welt verlassen, aber mit irgendeinem Ziel … und niemals … niemals allein.«
    Dane meinte: »Es ist wie ein Wunder, daß du zurückgekommen bist. Aber es ist ein Wunder, das ich noch immer nicht vollkommen verstehen kann.«
    Sie sagte schlicht: »Du hast mich erreicht. Ich fühlte deine Kraft und deinen Willen zu leben, so daß ich wieder an das Leben glauben konnte. Das war es, was mich nährte … deine eigene Hoffnung und dein Glauben an das Leben in der Zukunft wie in der Vergangenheit. Und bei so viel Lebenswillen war kein Raum mehr in mir für Gedanken an Sterben, und so zog der Tod seine Hand von mir zurück, und ich begann wieder zu leben. Der Rest war …« – ein leichtes, gleichgültiges Schulterzucken – »… ein bloßer Mechanismus. Die Hauptsache war, daß du noch an das Leben glaubtest und mir diesen Glauben vermitteln konntest.«
    Er umfaßte ihre kleine Hand. Ihre Finger waren so weich, als hätten sie keine Knochen. Vollkommen biegsam lagen sie an seine geschmiegt. »Komm, Dallith, versuchst du etwa, mir zu erzählen, du könntet meine Gedanken lesen oder meine Gefühle oder sonst irgend etwas?«
    »Natürlich«, sagte sie erstaunt, »was denn sonst?«
    Nun, wie kann ich sagen, es sei nicht wahr? Es scheint tatsächlich passiert zu sein, oder sie glaubt es jedenfalls, dachte Dane, aber er fühlte sich immer noch ein wenig beunruhigt, unheimlich. Aber er war zufrieden, denn je kräftiger sie wurde, um so mehr hing Dallith an ihm. Manchmal beängstigte es ihn fast, daß sie so vollkommen abhängig war von seinem Willen – was würde sie tun, wenn sie getrennt würden, dachte er –, aber eigentlich störte es ihn nicht, denn sie war nicht aufdringlich oder anspruchsvoll. Die meiste Zeit war sie damit zufrieden, still an seiner Seite zu sitzen, ohne zu sprechen, fast wie ein Schatten, während er in den nächsten Tagen und Wochen versuchte, sich ein Bild von seinen
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