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Die Jäger des Lichts (German Edition)

Die Jäger des Lichts (German Edition)

Titel: Die Jäger des Lichts (German Edition)
Autoren: Andrew Fukuda
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haben endlich begriffen, warum der Palast uns schon Monate vorher angewiesen hatte, das Immensarium zu bauen.«
    Unsere Blicke treffen sich in der Scheibe.
    »Das war eine Warnung an uns, um uns auf Linie zu halten. Danach haben wir die Schrauben angezogen. Wir haben die … Produktion gesteigert. Die Füße der Mädchen wurden ›verschönert‹, damit sie nicht umherstreifen und weglaufen konnten. Die Jungen wurden in immer jüngerem Alter weggeschickt. Wir haben gelernt, die Ladung der Waggons gründlich abzuspritzen, um sicherzugehen, dass sie vollkommen frei von … verunreinigten Substanzen war.«
    Zwei milchig blasse Leiber huschen über das Fenster, sind ebenso schnell wieder verschwunden, wie sie aufgetaucht waren, und hinterlassen schmale klebrige Streifen auf der Scheibe.
    Sissy kommt zu mir und dreht meinen Kopf zu sich, damit ich sie ansehe. »Gene«, sagt sie. Sie wirkt um zehn Jahre gealtert. »Lass uns gehen. Lass uns einfach gehen.«
    »Ihr könntet auch bleiben.« Krugmans Augen sehen mit einem Mal schrecklich jung aus, wie die eines kleinen Jungen, der voller Furcht und Reue aus einem Käfig aus Fett,Falten und Barthaaren späht. Er hat nichts getan, um den Kreislauf von Blut und Tod zu unterbrechen, sondern stattdessen von dem grausamen Tauschhandel profitiert. Er hat sein eigenes Volk verkauft, und wofür? Nahrung, Alkohol und die Freiheit, seine Lust an einer ganzen Stadt unschuldiger Mädchen zu befriedigen.
    »Ich sag Ihnen, wie es für Sie zu Ende gehen wird«, erkläre ich auf dem Weg zur Tür. »Sie denken, Sie hätten sich auf diesen Moment vorbereitet, aber wenn sie hereinströmen wie schwarzes Wasser nach einem Dammbruch, werden Sie schreien. Und Sie werden ganz allein sein. Verstehen Sie? Inmitten einer Menge sich weidender Leiber werden Sie auf eine Weise allein sein, wie Sie Einsamkeit noch nie erlebt haben.«
    Wir wenden uns zum Gehen.
    »Bitte«, wimmert er, »lasst mir nur den Jungen. Um mehr bitte ich euch gar nicht …«
    »Gehen wir«, sagt Sissy verächtlich.
    »… er erinnert mich an … mich selbst. Als ich jung war. Und unschuldig. Bitte! Wir sind sowieso alle tot. Ich möchte ihn bloß singen hören. Bitte lasst den Jungen hier …«
    Wir gehen hinaus. Sissy hat den Arm um Bens Schultern gelegt. Die Tür fällt zu und schneidet Krugman das Wort ab.

42
    Auf der Wendeltreppe packt Clair meinen Arm.
    »Nein, Gene! Nicht da lang!«
    »Wohin denn?« Geheul hallt die Metalltreppe herauf und lässt das Geländer vibrieren.
    »Die Festungsmauer ist nicht mehr sicher«, sagt Clair. »Die Mission ist komplett überrannt.«
    »Wir müssen zum Zug!«
    »Vergiss den Zug!«, sagt sie mit ängstlicher Miene. »Hast du nicht gehört, was Krugman gesagt hat? Der Zug führt nur zu noch mehr Schattern!«
    »Wir haben keine andere Wahl. Hier zu bleiben wäre unser sicherer Tod. Mit dem Zug haben wir zumindest eine Chance …«
    Clair packt mich und dreht mich um, in ihrem Blick liegt brennende Entschlossenheit. »Es gibt einen Ausweg. Wir können es immer noch zu den Hängegleitern schaffen.« Sie zieht mich hinter sich her. »Du und Sissy, ihr könnt zu zweit mit dem Übungsgleiter fliegen.«
    »Kommt nicht infrage!«, sagt Sissy. »Ich lasse die Jungen nicht allein, und die sind im Zug …«
    »Vergiss sie! Du kannst sie nicht retten.«
    »Und was ist mit Ben?«, rufe ich. »Und mit dir?«
    Sie schüttelt den Kopf. »So wollte es dein Vater. Er wollte, dass du nach Osten fliegst. Es sind Kräfte am Werk, die du dir nicht einmal annähernd vorstellen kannst, Gene. Du und Sissy, ihr müsst nach Osten fliegen. Es war von Anfang an so geplant, dass ihr beide fliegt.«
    »Was hast du gesagt?«
    »Ihr müsst nach Osten …«
    »Was meinst du mit: ›Es war von Anfang an so geplant, dass ihr beide fliegt‹?«
    Für einen Moment ist ihr Gesicht voller Reue. »Es tut mir leid. Ganz ehrlich. Ich habe gelogen. Der Hängegleiter war nicht für dich und mich. Dein Vater hat immer betont, dass du und ›das Mädchen‹ nach Osten fliegen sollt. Beide.« In ihren Augen schimmern Tränen. »Ich war nie ›das Mädchen‹.«
    »Ich dachte, du solltest mit mir fliegen. Hast du das nicht gesagt?«
    Sie schlägt den Blick nieder. »Du bist nicht der Einzige, der ins Gelobte Land will. Tut mir leid. Ich habe meine Träume über den Willen deines Vaters gestellt.« Sie schüttelt den Kopf. »Es war von Anfang an vorgesehen, dass ihr beide fliegt, du und Sissy.«
    Von unten hört man ein Krachen, Stille
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