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Die Insel der Verdammten

Die Insel der Verdammten

Titel: Die Insel der Verdammten
Autoren: Arkady Fiedler
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Nu machten sie den Spanier nieder.
    Der Schoner gehörte uns.
    Läßt sich meine Freude, ja der Siegesrausch schildern, der mich überwältigte, als ich das Deck des spanischen Schiffes betrat und mir der ganzen Tragweite dieses Augenblicks bewußt wurde? Ich ging auf die treuen Freunde, Arnak, Wagura, Manauri, und auf die übrigen Indianer zu und schüttelte ihnen gerührt die Hände.
    „Wir haben gesiegt!" Das war alles, was ich leise zu ihnen sagte.
    „Der Weg ist frei!" erklärte Arnak und streifte dabei mit seinem Blick den südlichen Horizont, wo sich in nebelhafter Ferne die Linie des Festlandes abzeichnete.
    „Ja, jetzt ist er frei!"
    Einige Indianer, die sich in der Sklaverei Kenntnisse in der Segelschiffahrt angeeignet hatten, blieben an Bord, um den Schoner, sobald Wind aufkäme, näher an das Lager heranzuführen. Alle übrigen bestiegen die drei Boote und kehrten mit ihnen zurück.
    Als wir in die Bucht einliefen, gab mir Manauri ein Zeichen, daß er mich allein, nur in Arnaks Beisein als Dolmetscher, sprechen möchte. So traten wir dann gleich nach der Landung zur Seite.
    „Die Luft ist rein", begann der Häuptling, „es gibt keine Hindernisse mehr. Wie denkst du, wann verlassen wir die Insel?"
    „So bald wie möglich. In zwei, drei Tagen."
    „Vielleicht noch früher? Befürchtest du nicht die Ankunft neuer Menschen von Margarita?"
    „Jetzt noch nicht. Aber später, in einer Woche oder zehn Tagen, ist es nicht ausgeschlossen."
    „Je eher wir lossegeln, um so besser wäre es also für uns?"
    „Zweifellos."
    Ich blickte Manauri prüfend an, denn ich konnte mir nicht vorstellen, daß er mich zur Seite gerufen habe, nur um unsere Abfahrt mit mir zu besprechen. Ich erriet, worum es ihm ging — um das Leben des jungen Gefangenen.
    „Du hast ihn vorhin verteidigt", sagte Manauri, wobei er mir mit merkwürdig anmutendem unbeugsamem Blick in die Augen sah, „denn du wolltest Erkundigungen über Margarita von ihm einholen. Er hat dich und uns beleidigt und nichts ausgesagt. Glaubst du, jetzt habe sich die Lage geändert und er würde etwas sagen?"
    „Man müßte es versuchen."
    Manauri kniff die Augen zusammen und schüttelte unnachgiebig den Kopf.
    „Nein, Jan! Es hat keinen Zweck, das zu versuchen, er wird nichts sagen. Im übrigen ist das nicht mehr wichtig ... Wir werden ihn töten!"
    Zum erstenmal auf dieser Insel sagte Manauri etwas mit solcher Entschiedenheit. Die Kämpfe der letzten Nacht hatten außer dem Sieg der Waffen noch einen anderen Sieg gezeitigt: Sie hatten den Sklaven in ihm getötet und den Häuptling befreit. Ich eröffnete Manauri, woran ich schon früher gedacht hatte, und zwar, daß wir den jungen Spanier so lange wie möglich als Geisel halten sollten.
    „Als Geisel?"
    »Ja!«
    „Hast du nicht vor einer Weile selber gesagt, wir würden die Insel in zwei, drei Tagen verlassen und der Feind sei in dieser Zeit nicht zu erwarten?"
    „In unserer Lage sind Überraschungen nicht ausgeschlossen, und ein guter Häuptling rechnet mit allen Möglichkeiten."
    Manauri hatte einen sanften, gutmütigen Gesichtsausdruck; in diesem Augenblick aber waren seine Züge hart wie aus Stein gemeißelt.
    „Ein guter Häuptling achtet vor allem darauf, was seine Krieger denken und reden. Daher gibt es nur einen Ausweg, Jan: Der Gefangene muß sterben."
    „Glaubst du nicht, daß das einem Mord gleichkäme?"
    „Nein. Ich bin vielmehr der Meinung, daß du nicht in dieser Weise sprechen solltest."
    „Ich habe das Wohl aller im Auge..."
    „Ein Mord?" Gekränkt griff Manauri dieses Wort auf. „Nennst du es Mord, wenn Gerechtigkeit geübt werden soll? Nein, Jan! Über den Gefangenen werden wir ein gerechtes Urteil sprechen. Jeder wird seine Meinung äußern; auch du kannst, wenn du willst, zu seiner Verteidigung das Wort ergreifen, aber die Gerechtigkeit muß ihren Lauf nehmen."
    Ironisch fügte er hinzu:
    „Die weißen Menschen sprechen auch Recht; doch war das, was wir bei ihnen sahen, von Gerechtigkeit weit entfernt."
    Wozu ließ ich mich wegen des jungen Spaniers in einen Streit ein, der den Eindruck erweckte, als stünde dieser Verbrecher in meiner besonderen Gunst? Ich wollte ihn doch nicht verteidigen, sondern sorgte mich allein um unsere Sicherheit.
    Beim Kampf um das Lager waren zwei Indianer und ein Neger gefallen. Wir begruben sie neben Mateo. Über dem Grab des Riesen schütteten wir, um dem ungewöhnlichen Menschen zu huldigen, einen hohen Hügel auf. Zum Zeichen, daß ich ihm nicht
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