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Die Insel der roten Erde Roman

Titel: Die Insel der roten Erde Roman
Autoren: Elizabeth Haran
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Jones ihr Gedächtnis verloren hatte, war ich die Einzige, die sie identifizieren konnte, und ich kannte sie ja kaum.«
    »Ich verstehe. Das spricht für sein Verantwortungsbewusstsein. Ich werde ihm antworten und mich für die Verzögerung in dieser Angelegenheit entschuldigen.«
    »Mr Donnelly hat seine Stelle auf Cape du Couedic aufgegeben.« Amelia hatte Mühe, den Schmerz aus ihrer Stimme fern zu halten. »Ich weiß nicht, wo er heute lebt«, fügte sie traurig hinzu.
    Sarah war in der Wäscherei und plagte sich am Waschbrett ab, als ihr mitgeteilt wurde, sie habe Besuch. Verwirrt folgte sie dem Aufseher in den Besuchsraum. Als sie Amelia erblickte, blieb sie wie angewurzelt stehen und riss Mund und Augen auf.
    Amelia sah sofort, dass Sarah sich aufgegeben hatte. Sie hatte keine Hoffnung mehr, was an ihrer gebeugten Haltung und ihrer abgestumpften Miene zu erkennen war. Sie erinnerte Amelia an die jungen Mädchen, wenn sie zum ersten Mal ohne Selbstvertrauen und Zukunftsglauben ihre Schule betraten. Sarah musterte Amelia argwöhnisch. Sie hatte schon gehört, dass Amelia zwei Schulen gegründet hatte. In den Zeitungen, die den Gefangenen einmal die Woche zur Verfügung gestellt wurden, waren mehrere Berichte darüber erschienen; deshalb wusste Sarah, was Amelia geleistet hatte. Sie wusste aber auch, dass Amelia Beziehungen hatte, Freunde an höchster Stelle. War sie gekommen, um ihr mitzuteilen, sie habe es sich anders überlegt, und ihre Haftstrafe sei aufgrund ihrer kriminellen Absichten verlängert worden?
    »Wie geht es Ihnen, Sarah?«
    »Ich sitze meine Strafe ab und lasse mir nichts zuschulden kommen«, antwortete Sarah nervös. Was wollte Amelia hier?
    Amelia erfasste mit einem Blick ihre verschwitzte Kleidung und ihre abgemagerte Gestalt. Die Arbeit musste hart und anstrengend sein.
    »Wie es Ihnen geht, brauche ich wohl nicht zu fragen«, fuhr Sarah fort. »Ich habe in der Zeitung von Ihren Schulen gelesen.« Sie konnte sich denken, nach wem die Tanzschule – die Lucille Clarke School of Dancing – benannt worden war: nach Lucy.
    »Lucys Tod soll nicht umsonst gewesen sein«, sagte Amelia mit belegter Stimme.
    »Freut mich, dass Sie Ihr Geld für einen guten Zweck ausgeben.« Sarah hatte auch gelesen, dass Amelia benachteiligte junge Frauen, Waisen und ehemalige Strafgefangene unterstützte. Umso mehr schämte sie sich, wenn sie an ihre eigenen Pläne dachte, was Amelias Erbe betraf. »Was wollen Sie hier?«, fragte sie unvermittelt, als ihre Anspannung ins Unerträgliche wuchs.
    »Ich wollte Ihnen für die Zeit nach Ihrer Entlassung eine Stelle anbieten.«
    »Eine Stelle?« Sarah fiel aus allen Wolken.
    »Ja. Die meisten Waisen haben keinerlei Ausbildung, wenn sie das Waisenhaus verlassen und für sich selbst sorgen müssen. Für ehemalige Strafgefangene gilt das Gleiche. Viele arbeiten als Prostituierte, weil sie keine Anstellung finden. Deshalb möchte ich eine Hauswirtschaftsschule gründen, an der junge Frauen etwas lernen können, das ihnen hilft, eine Anstellung zu finden und ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Ich dachte mir, Sie könnten dort vielleicht unterrichten …« Sie wusste von Charlton, dass Sarahs Mutter als Lehrerin gearbeitet hatte und Sarah deshalb über eine ordentliche Bildung verfügte. Dies hatte es Sarah ja erst ermöglicht, ihre Rolle so überzeugend zu spielen. Nachdem sie entlarvt worden war, hatte Edna ihrem Mann von ihrem Brief an ihren Bekannten Arthur Boon erzählt. Während seines Aufenthalts in Hobart Town hatte Charlton ihn aufgesucht, und sie waren gemeinsam zu Arthurs Bruder gegangen, der Zugang zu Sarahs Akten hatte. Daher wusste Charlton, dass Sarahs Mutter Lehrerin gewesen war.
    Sarah verschlug es die Sprache. Amelias Besuch war schon eine Riesenüberraschung gewesen, doch ihr Angebot, an ihrer Schule als Lehrkraft zu arbeiten, traf sie wie ein Blitz aus heiterem Himmel.
    »Ich würde Sie gut bezahlen«, fügte Amelia hinzu. »Dann können Sie Geld für Ihre Heimreise zurücklegen.«
    Sarahs Augen wurden feucht. Sie wünschte sich nichts sehnlicher, als nach Hause zu ihrer Familie zu fahren, doch sie wusste, es wäre schier unmöglich, sich nach ihrer Entlassung das Geld für die Reise zu verdienen. »Ich würde Sie bestimmt nicht enttäuschen«, flüsterte sie mit Tränen in den Augen. »Aber … warum tun Sie das für mich?« Sie wusste nicht, dass Amelia James Patterson um Sarahs vorzeitige Entlassung gebeten und sich als ihre Bewährungshelferin
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