Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Insel der roten Erde Roman

Titel: Die Insel der roten Erde Roman
Autoren: Elizabeth Haran
Vom Netzwerk:
sei eine Strafgefangene. Sie zeigte mit dem Finger anklagend auf Sarah und rief: » Sie sind Sarah Jones, die Zuchthäuslerin, die ihre Reststrafe auf Evan Finnlays Farm verbüßen muss.«
    »Das ist nicht wahr!«, protestierte Charlton, der wie üblich seinem vermeintlichen Mündel zu Hilfe kam. »Sie lügen!«
    »Nein, ich fürchte, sie sagt die Wahrheit«, fiel Edna ihm zur Überraschung aller ins Wort und legte ihm besänftigend die Hand auf den Arm. Ihr schrecklicher Verdacht hatte sich bestätigt: Sarah Jones war in die Rolle ihres Mündels geschlüpft, nachdem die junge Frau ihr Gedächtnis verloren hatte. »Ist es nicht so, Miss Jones?«, wandte sie sich an die Frau, die sich als Amelia ausgegeben hatte.
    Sarah schwieg.
    »Was redest du denn da?« Charlton blickte seine Frau in maßloser Verwirrung an. »Würde mir bitte jemand erklären, was hier vor sich geht?«
    Bevor Edna antworten konnte, stieß Amelia hervor: »Warum haben Sie das getan, Sarah? Warum haben Sie meinen Platz eingenommen?«
    Sarahs Augen wurden schmal. Ihre Blicke schweiften durchs Zimmer und verharrten kurz auf jedem einzelnen Gesicht. »Ja, es stimmt. Sie ist Amelia Divine!«, brach es hasserfüllt aus ihr hervor. »Eine verabscheuenswerte Person … verwöhnt, arrogant und selbstsüchtig!« Ihr feindseliger Blick heftete sich auf Amelia. »Sie haben die arme Lucy wie einen Fußabtreter behandelt! Als die Gazelle auf das Riff lief und Lucy bereits im Rettungsboot saß, haben Sie ihr befohlen, auszusteigen und ihren Platz Ihnen zu überlassen! Und Lucy hat gehorcht. Ich habe sie angefleht, sitzen zu bleiben, aber Sie sind ins Wasser gesprungen und haben sich am Boot festgeklammert, sodass es fast gekentert wäre. Die Kinder haben geschrien vor Angst, aber Sie dachten nur an sich selbst! Lucy ist aus dem Boot gestiegen, um das Leben der Kinder und Ihr Leben zu retten, und sie ist für dieses Opfer gestorben …«
    »Sie haben Recht«, gestand Amelia, wobei ihr die Tränen übers Gesicht liefen. »Ich gebe es zu. Ich habe nur an mich gedacht. Ich war der irrigen Ansicht, ein Passagier der Ersten Klasse habe mehr Anrecht auf einen Platz im Rettungsboot als ein Zwischendeckpassagier. Und ich wollte nicht, dass Lucy mich allein lässt.«
    Sie hörte, wie Edna entsetzt nach Luft schnappte und aufschluchzte. Charlton legte ihr beruhigend den Arm um die Schultern.
    »Es gibt keine Entschuldigung für meine Handlungsweise«, fuhr Amelia freimütig fort. »Es waren noch andere Erste-Klasse-Passagiere an Bord der Gazelle , aber keiner hat getan, was ich getan habe.« Sie sah Gabriel an, den Mann, den sie liebte. Er betrachtete sie, als hätte er eine Fremde vor sich. Ihre Worte erinnerten ihn an die Frau, die er aus dem Meer gerettet hatte, an die hochnäsige Person, die er aus seinem Gedächtnis verdrängt hatte.
    »Es stimmt. Meine Selbstsucht hat Lucy das Leben gekostet«, gestand Amelia. »Alles, was Sarah Jones über mich sagt, entspricht der Wahrheit. Ich war verwöhnt, arrogant und selbstsüchtig … nicht wert, geliebt zu werden … nicht wert, gerettet zu werden, während so viele anständige Menschen sterben mussten.«
    Gabriel war tief erschüttert. Er hatte fest daran geglaubt, die Frau, die er liebte, sei ein einfaches, herzensgutes Mädchen, das niemals etwas Böses tun oder gar ein Verbrechen verüben konnte. Jetzt erkannte er seinen Irrtum. Er sah sie, wie sie wirklich war: eine verzogene junge Dame der feinen Gesellschaft, die ihr Leben ganz sicher nicht an der Seite eines Leuchtturmwärters und Schiffslotsen verbringen würde. Die Erkenntnis schmerzte ihn und stürzte ihn in tiefste Verwirrung. Er wandte sich wortlos um und verließ das Haus.
    Amelia blickte ihm nach, voller Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit. Aber was hatte sie erwartet? Gabriel hatte ihr und sich selbst einzureden versucht, sie sei ein anständiger Mensch. Jetzt wusste er die Wahrheit. Er hatte sich geirrt. Sie war herzlos, kalt und berechnend.
    »Hol den Konstabler, Charlton, damit diese Betrügerin hinter Gitter kommt, wo sie hingehört!« Voller Empörung zeigte Edna mit dem Finger auf Sarah. Dass sie so zum Narren gehalten worden war, würde sie nicht so leicht verwinden.
    »Nein!«, rief Amelia.
    »Was? Das kann nicht dein Ernst sein!« Entrüstung spiegelte sich auf Ednas Zügen. »Überleg doch, was sie dir angetan hat! Und uns! Wochenlang hat sie uns in dem Glauben gelassen, unser Mündel zu sein, während du auf Evans Farm wie eine Sklavin schuften
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher