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Die Indoeuropäer: Herkunft, Sprachen, Kulturen

Die Indoeuropäer: Herkunft, Sprachen, Kulturen

Titel: Die Indoeuropäer: Herkunft, Sprachen, Kulturen
Autoren: Harald Haarmann
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assimilierten sich später an die Hethiter, und mit ihnen wurden Letztere irrtümlich auch identifiziert. Ihre Selbstbezeichnung war allerdings
Nesa;
der Name «Hethiter» wurde vom Landesnamen Chatti abgeleitet und ist uns über die hebräische Namenform
Chittim
vermittelt worden.
    Im 2. Jahrtausend v. Chr. stellten die Hethiter die Mehrheitsbevölkerung in Zentralanatolien. Ihr Reich dehnte sich aber weit über die Siedlungsgebiete anderer Völker aus. Das Hethiterreich war einer der entscheidenden Machtfaktoren im Vorderen Orient. Über Vasallenverträge mit lokalen König- und Fürstentümern bauten die Hethiter ein Bündnissystem auf. Ihr Einfluss reichte bis nach Syrien, wo sie in der legendären Schlacht von Kadesch (1275 v. Chr.) die Vormachtstellung der Ägypter brachen. Danach schlossen die beiden Kontrahenten einen Vertrag über die Abgrenzung ihrer Interessensphären; die Tontafel mit dem Keilschrifttext hängt heute in der Eingangshalle des Gebäudes der Vereinten Nationen in New York als Dokument des ersten Friedensvertrags der Geschichte. In Ostanatolien waren die Hethiter die politischen Rivalen der Hurriter. Nach der Vernichtung des Reichs von Mitanni wurden sie an der Grenze zu Mesopotamien zu Rivalen des mächtigen Babylon. Geschwächt durch Missernten und Mangelwirtschaft um 1200 v. Chr. konnte das Hethiterreich dem Ansturm der angriffslustigen Seevölker nicht standhalten und zerfiel.
    Die hethitische Gesellschaft war eine mehrsprachige und multikulturelle Mosaikkultur. Außer dem Hethitischen (von den Hethitern
nesili
bzw.
nasili
genannt), das rund 400 Jahre lang in Keilschrift geschrieben wurde, waren das Babylonische und Sumerische (beide als Bildungssprachen), das Luwische, gelegentlich das Palaische sowie das Hattische (letzteres als Ritualsprache) in Gebrauch. Ab ca. 1400 v. Chr. trat das Hurritische als Ritualsprache hinzu. Die Multikulturalität spiegelt sich inden religiösen Traditionen. So sind viele Rituale der Hethiter von den Hatti übernommen, ebenso wie die Hauptgötter, der Wettergott Taru und seine Gemahlin, die Sonnengöttin Wurusemu. Später wurde dieses Götterpaar durch die hurritischen Gottheiten Teschschub und Chepat ersetzt. Babylonischen Ursprungs war die Göttin Ischtar und ihr Kult. In den hethitischen Mythen finden sich viele in der ganzen altanatolischen Kultur verbreitete Motive, etwa der Schlangendrachen oder der Mond, der vom Himmel fiel.
    Nach dem Zerfall ihres Reiches ging die hethitische Restbevölkerung im Volkstum der Nachfolgekulturen auf. Die Hethiter haben aber einige sprachliche Spuren hinterlassen. Der Name der modernen Stadt Konya beispielsweise geht auf eine griechische Namenform Ikonion zurück, die ihrerseits auf einem alten hethitischen Namen (Ikkuniya) basiert.
    In der Sprachgeschichte des Hethitischen werden folgende schriftsprachliche Perioden unterschieden: Althethitisch (1570–1450 v. Chr.), Mittelhethitisch (1450–1380 v. Chr.), Neuhethitisch (1380–1220 v. Chr.). Bis heute sind rund 25.000 Texte und Textfragmente in hethitischer Sprache bekannt, der größte Teil entstand im 14. und 13. Jahrhundert v. Chr.
    Indoeuropäische Erbwörter (z.B. hethit.
wa-a-tar
‹Wasser›,
si-i-us
‹Gott›,
at-ta-as
‹Vater›) gehören zur ältesten Schicht des Hethitischen. Über die Verwendung von Logogrammen der sumerischen Keilschrift sind auch sumerische Elemente in hethitische Texte eingegangen, häufig als Synonyme. So steht das Sumerogramm
sal
‹Frau› als Pendant zu hethit.
kwinna-,
die sumerische Lesung
babbar
‹weiß› für hethit.
harki-.
Über das Sumerische gingen auch akkadische Elemente ins hethitische Lexikon ein, beispielsweise
qabû
‹sagen›,
mannu
‹wer (Fragepronomen)› und
sumu
‹Name›. Während der Spätzeit des hethitischen Reichs wirkte das Hurritische vor allem auf die religiöse und technische Terminologie des Hethitischen ein.
    Keilschrift und Hieroglyphen der Luwier. Die Luwier sind zusammen mit den Hethitern Anfang des 2. Jahrtausends v. Chr. in Kleinasien eingewandert und besiedelten die historischen LandschaftenLykien und den Nordosten Kilikiens. Als die Hethiter nach 1400 v. Chr. ihren Machtbereich ausdehnten, gerieten die Luwier unter hethitische Vorherrschaft. Sie hatten entscheidenden Anteil an der Vermittlung hurritischer Kulturtraditionen im Hethiterreich.
    Die luwische Schriftsprache war regional differenziert, wie die zahlreichen erhaltenen luwischen Texte aufzeigen. Die
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