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Die Hyäne

Die Hyäne

Titel: Die Hyäne
Autoren: Jason Dark
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plötzlich damit an, das Unterbewußtsein des Menschen dafür zu hassen, weil es immer so schreckliche Bilder produzierte und sie dem Schlafenden als Film schickte. Da kam sie nicht mit zurecht. Sie hätte wer weiß was dafür gegeben, wenn es ihr gelungen wäre, das Unterbewußtsein ihres Mannes ausschalten zu können.
    Sie hörte ihm wieder zu, als er mit leiser Stimme weitersprach. »Und weißt du, was am allerschlimmsten ist, Carrie?«
    »Nein, wie sollte ich?«
    Er drehte sich abrupt nach links, um sie anschauen zu können. Im Halbdunkel schimmerte sein Gesicht schwarz. Die Pupillen waren dunkle Kreise vor einer hellen Wand. »Ich glaube meinem Traum, Carrie. Ich glaube ihm fest. Es ist so, ich bin davon überzeugt, daß sich unser Sohn verwandelt hat. Aber mir fehlt noch der Beweis. Ich werde ihn mir holen, und zwar in dieser Nacht. Erst dann werde ich meine Ruhe finden können und wissen, daß es nicht mit rechten Dingen zugegangen ist.«
    »Moment mal, Mel. Soll das heißen, daß du zum Friedhof fahren willst?«
    De Baker schaute seine Frau für einen Moment scharf an. Er nickte. »Ja, ich werde fahren…«
    ***
    Der Kombi stoppte nahe der Mauer, direkt bei den Büschen. Das war die beste Stelle gewesen, um den Wagen abstellen zu können, denn von hier aus hatten es die beiden de Bakers nicht mehr weit bis zum Grab ihres Sohnes. Carrie hatte ihren Mann nicht allein fahren lassen wollen.
    Nicht in diesem Zustand. Deshalb hatte sie das Steuer übernommen.
    Mel hatte noch das Werkzeug eingepackt und es auf die Ladefläche gelegt, zwischen die Kisten, in denen Mel sonst die Ware für sein kleines Geschäft transportierte.
    Mittlerweile war es Sonntag geworden. Es war also nach Mitternacht, und Mel hatte die Klappe geöffnet. Er hatte sich nicht davon abbringen lassen, eine Hacke, einen Spaten und eine Schaufel einzuladen. Jetzt holte er das Werkzeug hervor, während Carrie die Türen abschloß.
    Sie hatte sich zu dünn angezogen. Zwar lagen die Temperaturen nicht unter dem Gefrierpunkt, aber der Wind wehte immer wieder in kalten Böen heran. Und die Luft war feucht, deshalb war die gefühlte Temperatur niedriger. Carrie fror.
    »Soll ich dir helfen, Mel?«
    »Nein, danke, ich habe es schon geschafft.«
    »Und du willst noch immer…?«
    »Ja, ich will noch immer, Carrie!« flüsterte er und kam aus seiner gebückten Haltung hoch. »Ich muß es einfach. Ich muß Sicherheit haben, nur dann werde ich wieder ruhig schlafen können. Hast du mich verstanden?«
    »Schon gut, Mel.«
    Er drückte die Heckklappe wieder zu. »Ich weiß, wie du denkst, Carrie. Das ist mir alles klar, aber ich muß dir sagen, daß dies mein Spiel ist. Wenn du willst, kannst du nach Hause fahren und mich in zwei Stunden hier wieder abholen.«
    »Bitte, Mel, hör auf damit. Du weißt, daß ich dich nicht allein lasse. Ich will ebenfalls Gewißheit. Ich muß wissen, ob sich Träume erfüllen können.«
    Er schaute sie an. »Hoffentlich geschieht das nicht in diesem Fall. Das wäre einfach zu schrecklich. Aber auch ich brauche die Gewißheit.«
    »Gib mir den Spaten.«
    Er reichte ihr das Gewünschte, war aber mit seinen Gedanken ganz woanders, denn er schaute ins Leere, als könnte er dort etwas Bestimmtes sehen.
    Sie gingen los. Am Himmel zogen Schatten wie düstere Todesboten vorbei. Der Wind spielte mit den Wolken. Rechts von ihnen begleiteten sie Gespenster wie dürre Arme, die über die Mauer hinweg nach Beute griffen.
    Es war der Westrand des großen Geländes. Diese Seite hier lag zwar einsam, aber trotzdem nicht in der Einsamkeit versteckt, denn sie grenzte an ein großes Feld, das für die Erweiterung des Friedhofs reserviert war.
    Das Grab ihres Sohnes lag in einer Ecke. In der Armesünder-Ecke, wie man gesagt hatte, aber es war kein anderer Platz frei gewesen. Die de Bakers hatten nehmen müssen, was man ihnen zuteilte. Die Bruchsteinmauer dort war leicht zu überwinden.
    Mel de Baker war einige Schritte vorgegangen und blieb stehen, als das Ende des Geländes erreicht war. Er wartete, bis seine Frau neben ihm stand. Dabei zeigte er auf die Mauer. »Das ist leicht, auch für dich. Da hat sich sogar das Buschwerk durchgeschoben.«
    Carrie schaute ihren Mann noch einmal an und fragte: »Willst du es wirklich tun?«
    »Ja!« zischte er. »Jetzt erst recht.« Er trat mit dem Fuß auf und sagte etwas, mit dem Carrie nicht zurechtkam. »Er hatte gelbe Augen, Carrie.«
    »Was meinst du?«
    »Die Hyäne oder unser Sohn hat gelbe Augen gehabt.
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