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Die Hurenkönigin von Alezcana - ROTE LATERNE - Band 3 (German Edition)

Die Hurenkönigin von Alezcana - ROTE LATERNE - Band 3 (German Edition)

Titel: Die Hurenkönigin von Alezcana - ROTE LATERNE - Band 3 (German Edition)
Autoren: Lilian Larsen
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ordentliches Bett. Es ist ein Bett aus Messing, ich weiß es. Auf diesem Bett wirst du nicht sterben, Leona!"
    Pilar schluckte. Dann wühlte sie in der Tasche, die sich in den Falten ihres dunklen Rockes befand.
    Pilar brachte ein paar Münzen hervor und warf sie vor der Alten aufs schmutzige Pflaster.
    "Hier nimm! Und sag mir alles!“, forderte die Dirne. Wie fast alle Mexikanerinnen war Pilar sehr abergläubisch. Der Kult der alten Indios war in die christliche Religion eingeflossen. Daraus war eine ganz neue M*thologie entstanden. Aus dem Flug des Vogels, der Beschaffenheit von Innereien der verschiedensten Schlachttiere, aus den Blitzen der Berggewitter, dem Zug der Wolken oder der Stellung einiger, wie zufällig hingeworfener Knochen las die Paruta die Zukunft. Natürlich spielten die Sterne hierbei eine wichtige Rolle.
    „ Alles?“, fragte die Paruta, klaubte mit ihren langen braunen Spinnenfingern die Münzen zusammen und stopfte sie irgendwo in die übelriechenden Kleider. Sie kicherte.
    „ Ja, alles“, verlangte Pilar.
    "Beim heiligen Baum!", murmelte die Paruta und wies auf einen Affenbrotbaum, der einsam und mächtig auf einem kahlen Hügel stand. „Wenn der Schatten des Kirchturms an ihn reicht, dann ist es Zeit. Komm, Leona!"
    Die Alte erhob sich. Als Pilar ihr helfen wollte, wurde sie mit einem Fluch zur Seite gestoßen. Allein und noch recht flink humpelte die sonderbare Alte den Hügel hinauf und ließ sich im Schatten des mächtigen Baumes nieder. Pilar hatte Mühe, ihr zu folgen.
    Einige Minuten verrannen im Schweigen, die Alte schien die Umgebung genau zu beobachten.
    Ihre Blicke tasteten die Linien der blauen Berge am Horizont ab, schwebten über der gelbversengten Sierra, schweifte hinunter zum Meer, dessen Dünung sich in einem ständig ändernden Rh*thmus auf den weißen Strand zubewegte und dort schaumig auslief.
    Dann kramte die Paruta in ihren Taschen und brachte ein paar weiße, ausgebleichte Knochen hervor, die von verschiedenen Tieren zu stammen schienen. Vielleicht waren auch Menschenknochen dabei? Irgendwer hatte behauptet, die Paruta würde sich nachts auf dem Friedhof herumdrücken.
    Mit einem heiseren, röchelnden Schrei warf die Alte die Knochen auf einen weißen Sonnenfleck am Boden. Dann hob sie ihre Handflächen dem Himmel entgegen und hielt die Mantilla mit den Zähnen fest. Wie gebannt starrte sie auf das bizarre Muster der Knochen. Plötzlich sackte sie zusammen.
    "Was ist los?", wollte Pilar wissen.
    "Nichts!", sagte die Alte. Ihr Gesicht war auf einmal grau.
    "Ich habe dich bezahlt, du Hexe!", rief Pilar aufgebracht.
    "Geh weg von hier!", keuchte die Alte. „Sonst wirst du den Mond nur noch halb sehen. Verlasse Alezcana! Geh in die Stadt, geh weg von hier! Es gibt genug Huren hier! Geh!"
    "Du alte H*äne!", schimpfte Pilar und lachte. "Es geht mir gut! Weshalb soll ich hier alles aufgeben?"
    "Der Preis wird hoch sein, Pilar!“, sagte die Alte. "Vielleicht geschehen schon jetzt Dinge, die du nicht willst. Du kannst sie nicht verhindern. Man kann seinem Schicksal nicht entgehen. Mein Rat ist unsinnig, Leona. Geh oder bleib! Mach, was du willst! Einmal musst du sterben!"
    "Hör auf!“, stieß Pilar unwirsch hervor. "Du bist strohdumm! Das weiß ich selbst! Für den einen kommt die Stunde früher, für den anderen später."
    "Für viele kommt sie zu früh!", krächzte die Alte, raffte ihre Röcke zusammen und ging humpelnd den Hügel hinunter. "Geh fort aus Alezcana, Pilar!", schrie sie von unten. "Vielleicht schützt dich Gott in der Fremde. Vielleicht hat er das Zeichen des Blutes geschickt, um dich zu warnen. Geh, Leona!"
    Dann verschwand ihr schwarzer Schatten irgendwo zwischen den baufälligen weißen Häusern, die alle unbewohnbar aussahen und doch von vielen Leuten bewohnt wurden.
    Nachdenklich ging Pilar ins Dorf zurück. Unter den Haustüren hockte das Elend, schmutzige Kinder und Hunde, die nackte Stellen im Fell hatten und in den dürftigen Abfällen schnüffelten.
    Nie vorher war der Dirne all das Elend deutlicher ins Bewusstsein gedrungen als in diesem Augenblick. Neben der Bäckerei saß eine magere Frau auf den Steinstufen und schlief. Ein Kind, längst dem Säuglingsalter entwachsen, sog an den ausgemergelten Brüsten. Hier Hunger und Not, und hinter den Hügeln der Reichtum. Niemals war Pilar auf der Hacienda des Don Felipe gewesen. Dort gab es nur eine Mulattin, die den Haushalt versorgte. Und manchmal kam diese fette Kreolin ins Dorf und berichtete
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