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Die Hüterin des Schattenbergs

Die Hüterin des Schattenbergs

Titel: Die Hüterin des Schattenbergs
Autoren: Random House
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A blenkung genügte, um die magische V erbindung von Corneus zu Jordi zu unterbrechen. Das Messer glitt Jordi aus den Händen und fiel so lautlos zu Boden, als gäbe es in der gedehnten Zeit keinen Raum für Geräusche. V erwirrt schaute Jordi sich um.
    Im gleichen A ugenblick traf der nicht einmal faustgroße Stein auf den Glaszylinder. Für Bruchteile eines W impernschlags sah es so aus, als würde das Glas der Magie standhalten, denn die Glut wurde schwächer. A ber nur wenige Herzschläge später breitete sich ein filigranes Muster, Spinnweben gleich, rund um die Einschlagstelle aus. Die feinen Linien waren erst kaum zu erkennen, wurden dann aber länger und dicker, während sie durch das Glas schossen und sich verzweigten, wie Risse auf einer gefrorenen W asserfläche. A ls das erste Stück Glas dem Druck der grünen Flüssigkeit nachgab, fand die Zeit mit einem Schlag ihren Rhythmus wieder.
    »Jemina lauf! W ir müssen hier raus!«
    Der Schrei riss Jemina aus ihrer Starre. Rik hatte Jordi am A rm gepackt und zerrte ihn mit sich zur T ür, während er ihr mit überschlagender Stimme zurief, sie solle ihnen folgen.
    »Bei den Göttern! W as hast du getan?« Über das Plätschern der Flüssigkeit hinweg, die sich in einem dünnem, aber steten Strom auf den Fußboden ergoss, hörte Jemina Corneus vor W ut aufheulen und sah, wie er gemeinsam mit Ulves zur Bruchstelle eilte. Im ersten Moment glaubte sie, dass die beiden ein Bersten des Zylinders verhindern wollten, aber als sie sich an der T ür noch einmal umblickte, erkannte sie, dass Corneus und Ulves am Fuß des Zylinders wie besessen in der grünlichen Flüssigkeit nach dem Stein suchten.
    Rik hatte unterdessen die T ür erreicht und sie aufgerissen. »Jordi, Jemina! Raus hier! Schnell!« Riks Stimme gellte durch den Raum. »Ulves! Corneus, kommt mit!« Die beiden Magier aber hörten es nicht oder wollten es nicht hören und reagierten nicht.
    »Verdammt!« Rik fluchte, zögerte aber, die T ür zu schließen, nachdem Jordi und Jemina den Raum verlassen hatten. »Meister Corneus, Meister Ulves! Schnell, Ihr müsst…«
    Die letzten W orte gingen in einem furchtbaren Krachen und Klirren unter, mit dem der Glaszylinder in tausend Stücke zersprang. Jemina wirbelte herum und sah für den Bruchteil eines A ugenblicks gewaltige grüne Fluten von der Decke des Laboratoriums zu Boden stürzen, dann warf Rik die T ür ins schloss und schob den Riegel vor.

    Elaries stand etwas abseits auf dem Hofplatz der Feste und beobachtete die Ratsmitglieder, die dicht beieinander standen und mit ungewohnter Ruhe über die dramatische W endung sprachen, die im fortwährenden Ringen um das Entweichen der Schatten eingetreten war. Es war befremdlich, sie so leidenschaftslos zu sehen. Niemand ereiferte sich über den offensichtlichen Betrug bei der Hüterweihe, keiner klagte Jemina an oder nannte sie eine V ersagerin. Mit stoischer Ruhe nahmen sie hin, dass Corneus seinen W illen durchgesetzt hatte und fanden neben guten Gründen für sein Handeln auch lobende W orte. Selbst die T atsache, dass er die noch am V orabend von allen umjubelten Eleven nun für seine eigenen Ziele opfern wollte, schien die Ratsmitglieder nicht zu stören.
    Mit den W orten: »Es sind unschuldige Kinder!«, hatte Elaries versucht, sie wachzurütteln, aber niemand schien seine A nsichten zu teilen. »Das W ohl des Einzelnen zählt nicht, wenn es darum geht, unser Land zu beschützen. Das gilt auch für die Kinder«, hatte er von Otis zu hören bekommen. A lle anderen hatten beifällig genickt.
    Obwohl Elaries nicht überrascht war, erschütterte ihn das V erhalten der Magier zutiefst. Die Fügsamkeit und Sanftmut, die die sonst so streitbaren Ratsmitglieder an den T ag legten, waren für ihn schwer zu ertragen und beseitigten auch seine letzten Zweifel: Corneus hatte seine Schattenmagie tatsächlich gegen die Mitglieder des Hohen Rates eingesetzt und sie damit zu sanftmütigen Geschöpfen gemacht, die ihm niemals wiedersprechen würden. Nun gab es niemand mehr, der ihn aufhalten konnte.
    Elaries seufzte und schaute nach oben, wo sich über der Feste ein fast wolkenloser Morgenhimmel wölbte. Ein Dutzend weißer T auben zogen vor dem blassen Blau dahin, schwenkten ein und ließ sich nicht weit entfernt auf den Zinnen nieder.
    Elaries stutzte. W eiße T auben galten in Selketien als ausgestorben. Im Krieg zwischen den Ursketen und Selemiten waren die seltenen T iere als Botenvögel eingesetzt und ihre Gattung
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