Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Hüter der Nacht

Titel: Die Hüter der Nacht
Autoren: Jon Land
Vom Netzwerk:
gewesen. Dreißigtausend Fans füllten das Stadion. Sie hatten ein solches Verkehrschaos verursacht, dass die griechische Mannschaft zu Fuß vom Hotel zum Stadion hatte gehen müssen. Das Spiel war mit fast zwei Stunden Verspätung angepfiffen worden. Diejenigen, die rechtzeitig eingetroffen waren, hatten auf den Tribünen in der Sonne rösten müssen, denn es gab keine Bedachung und keinerlei Schatten.
    Ben und sein Überwachungsteam waren unter den Ersten gewesen, die ihre zugewiesenen Positionen eingenommen hatten. Sie waren im Stadion, weil Colonel Nabril al-Asi einen Tipp erhalten hatte, dass ein führender Hamas-Terrorist namens Mahmoud Fasil dort etwas abliefern sollte. Was, an wen und wann genau es geschehen sollte, wusste der Colonel nicht.
    »Warum erledigen Sie das nicht selbst?«, hatte Ben gefragt.
    »Unser Präsident braucht zurzeit die Unterstützung der Hamas, Inspector«, hatte al-Asi erwidert und die Bitterkeit in seiner Stimme nicht verbergen können. »Folglich hat mein Schutzsicherheitsdienst den strikten Befehl, Operationen gegen Hamas-Mitglieder zu vermeiden.«
    »Was natürlich nicht uns popelige Polizeibeamte einschließt.«
    »Sie haben das Privileg, Unwissenheit geltend zu machen, Inspector.«
    Ben hatte verstehend genickt. »Nutzen Sie unsere Inkompetenz ruhig zu Ihrem Vorteil.«
    Al-Asi hatte nur mit den Schultern gezuckt und sich nicht die Mühe gemacht, zu leugnen.
    Mahmoud Fasil hatte seinen Platz in der ersten Reihe spät eingenommen und sich seit Spielbeginn nicht von der Stelle gerührt. Außer mit den Helfershelfern links und rechts von ihm hatte er mit keiner Menschenseele gesprochen. Die zwölf Polizisten, die Ben im Stadion postiert hatte, um jeden Winkel abzudecken, hatten nichts Ungewöhnliches beobachtet.
    Wenn nichts geschah, würde es zumindest eine ausgezeichnete Übung auf einem Gebiet sein, auf dem die palästinensische Polizei wenig Praxis hatte. Ben nutzte seine zwölf Jahre Erfahrung als Cop in Detroit seit jetzt sechs Jahren in der West-Bank. Er war verantwortlich für den größten Teil der Fortgeschrittenen-Ausbildung, der sich die Kriminalabteilung unterzogen hatte. Man akzeptierte ihn immer noch nicht ganz, doch er hatte oft genug bewiesen, dass man seinen Rat auch nicht missachten konnte. Wer das tat, riskierte den Zorn von Jerichos amtierendem Bürgermeister, Bens früherem Chef, Fawzi Wallid.
    »Habt ihr was?«, fragte Wallid, als Ben sich ihm näherte. Der Bürgermeister war erst 31, wirkte mit seinem rötlichen, pockennarbigen Gesicht und den schläfrig blickenden braunen Augen jedoch älter.
    »Nein, sidi.«
    »Vielleicht hat sich Colonel al-Asis Nachrichtendienst geirrt.«
    »Colonel al-Asis Nachrichtendienst irrt sich nie.«
    Der junge Bürgermeister runzelte die Stirn. »Seit Monaten versucht er selbst, Fasil zu schnappen. Der Colonel hätte nichts lieber, als jemand anderem das Scheitern in die Schuhe zu schieben. Das wissen Sie.«
    »Oder die Lorbeeren einzuheimsen, wenn dieses Arschloch geschnappt wird, sidi.«
    »Posten vier an Kommando«, hörten sie beide über Bens Walkie-Talkie.
    »Wo sind Sie, Posten vier?«, fragte Ben.
    »Hinter dem Tor. Die Mannschaften bereiten sich auf das Elfmeterschießen vor.«
    »Können Sie Fasil sehen?«
    »Er jubelt genauso wie die Fans. Darf ich das Fernglas behalten, wenn diese Sache vorüber ist, Inspector?«
    »Behalten Sie erst mal den Mann im Auge. Ich komme zum Spielfeld.«
    »Beeilen Sie sich, damit Sie das Finale nicht verpassen.«
    »Ich sollte ebenfalls zu meinem Platz zurückgehen«, sagte Wallid, sichtlich enttäuscht.
    »Noch sind wir nicht gescheitert, sidi.«
    »Für die Ergreifung eines Mannes wie Mahmoud Fasil heimsen stets die Geheimdienste die Lorbeeren ein, Inspector. Das war eine große Chance für uns. Wir wissen, dass Fasil bald türmen will. Es wird keine zweite Chance für uns geben.«
    »Das Spiel ist noch nicht zu Ende.«
    »Bereiten Sie Ihr Team darauf vor, dass es nach Spielende bei der Verkehrspolizei hilft.«
    Ben folgte Wallid die Rampe hinauf und blieb in der Deckung eines geschwungenen Pfeilers der zweiten Sitzreihe stehen. Jeder in der Menge stand, um das Elfmeterschießen zu sehen, und Ben hatte keine Sicht auf Fasil und die Plätze, die am nächsten beim Spielfeld waren.
    Der Lärm der Menge verstummte, als der erste griechische Fußballer seinen Elfmeter ins Tor schoss, und Jubelgeschrei brandete auf, als auch der erste palästinensische Schütze verwandelte.
    Ben befürchtete,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher