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Die Hudson Saga 04 - Im Schein des Mondes

Die Hudson Saga 04 - Im Schein des Mondes

Titel: Die Hudson Saga 04 - Im Schein des Mondes
Autoren: V.C. Andrews
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Kindheit zusammen verbracht, dass ich manchmal an ihn wie an einen Bruder dachte.Wenn ich in der letzten Zeit entsprechende Andeutungen machte, bekümmerte ihn das anscheinend, deshalb hörte ich auf damit.
    »Bist du anständig angezogen?«, rief ich vom oberen Treppenabsatz. Ein kurzer Flur nach rechts führte an seinem Zimmer und an Latishas früherem Zimmer vorbei. An einem ebenso kurzen Flur nach links lagen Onkel Roys und Tante Glendas Schlafzimmer und ein Badezimmer. Die Fenster an beiden Enden waren klein und die Holzverkleidungen dunkel. Selbst an einem sonnigen Tag wirkte dieser Flur wie ein finsterer Tunnel.
    »Anständig? Das hängt davon ab, wer fragt«, erwiderte Harley.
    Ich lachte und ging zur Tür seines Zimmers. Er lag noch im Bett, auf dem Bauch, das Kissen über den Kopf gezogen, um den Sonnenschein fern zu halten, die Decke bis zur Taille hinuntergeschoben. Ich wusste von anderen Malen, dass er gerne in Unterwäsche schlief.
    Harleys Zimmer war halb so groß wie meines. Er hatte ein sehr schönes dunkles Ahornbett und dazu passende Kommoden. Der Schreibtisch, den Onkel Roy selbst angefertigt hatte, stand rechts neben den beiden Fenstern. Darauf lagen unordentlich Papiere herum, zwei Bücher lagen aufgeschlagen da, und daneben stapelten sich Hefte. Ich konnte seine Zeichnungen in einem der
Hefte sehen. Daneben lag ein Buch mit dem Titel Amerikanische Häuser. Wie üblich waren seine Socken auf dem Boden neben dem Bett verstreut, wo er sie hingeworfen hatte und wo er seine Schuhe fallen gelassen hatte. Seine Jeans hingen über seinem Schreibtischstuhl, das dunkelblaue Hemd, das er gestern getragen hatte, lag zusammengeknüllt oben auf seiner Kommode.
    Anders als in meinem Zimmer und in denen der meisten jungen Leute in unserem Alter hingen bei Harley keine Poster an den Wänden. Er mochte einige Rockbands, besonders aber sanfte Musik, sogar Barry Manilow, obwohl er das niemandem außer mir anvertraute. Offenbar befürchtete er, vor seinen Freunden das Gesicht zu verlieren oder, noch schlimmer, herausgefordert und gehänselt zu werden und noch verletzlicher zu sein, sobald sie herausfanden, wie sensibel er war.
    »Ich hatte gehofft, du wärst mittlerweile auf und draußen oder zumindest beim Frühstück«, sagte ich.
    Er drehte sich nicht um, und ich sah, dass er die Augen schloss, als hätte er schreckliche Kopfschmerzen. Als er seufzte, hob und senkte sich sein ganzer Körper. Schließlich drehte er sich um, ließ den Kopf zurück auf das Kissen fallen, verschränkte die Hände hinter dem Kopf und schaute mich an.
    »Roy«, begann er, »kam gestern Abend hier herein und machte mir Vorschriften. Es lief darauf hinaus, dass ich mich unsichtbar machen, niemanden ärgern und ihn oder dich oder deine Familie nicht in Verlegenheit bringen sollte. Bei ihm klingt das, als ob ein wildes Tier wie
ich nicht in die Gesellschaft so zivilisierter Leute wie euch gehört. Das weckt in mir nicht gerade Begeisterungsstürme. Glaub mir, ihm ist es viel lieber, wenn ich gar nicht herauskomme.«
    »Das ist nicht wahr, und außerdem wäre es mir viel lieber, wenn du kommst«, entgegnete ich. »Heute ist ein ganz besonderer Tag für mich, Harley Arnold, und du kommst besser heraus. Und zieh dir deine schicksten Sachen an«, befahl ich.
    Er lachte. »Meine schicksten Sachen sind die, in denen deine Weicheifreunde sich herumtreiben.«
    »Das stimmt doch nicht. Ich weiß schließlich, was du hast und was nicht«, teilte ich ihm mit und ging geradewegs zu seinem Kleiderschrank. »Du solltest lernen, wie man Hosen und Hemden ordentlich aufhängt. Schau dir dieses Chaos an.«
    »Ja, Mama.«
    »Du Klugscheißer!«, schimpfte ich und zog das hellblaue Hemd heraus, in dem ich ihn so gerne sah, und eine Hose. »Nachdem wir schwimmen gegangen sind, gehst du nach Hause und ziehst dir das hier an«, instruierte ich ihn. »Zieh dir dazu diese Slipper an und blaue Socken. Und rasier dich! Und erzählt mir nicht, du hättest kein Aftershave«, warnte ich ihn rasch. »Ich habe es dir zum Geburtstag gekauft und weiß, dass du noch viel davon hast.«
    »Warum willst du überhaupt, dass ich komme? Du hast doch deine Freunde«, schmollte er. »Du hast doch deinen Chase Taylor und seine Weicheikumpels.«

    »Du kannst Chase eine Menge unterstellen, aber nicht, dass er ein Weichei ist.«
    Harley lief dunkelrot an.
    »Ja, das weißt du wohl besser«, murmelte er.
    »Außerdem«, überging ich seine Bemerkung, »weißt du doch, dass du mein
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