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Die Hosen Des Herrn Von Bredow

Titel: Die Hosen Des Herrn Von Bredow
Autoren: Willibald Alexis
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die Frau von Bredow meinte, daß es nicht geschehen müsse. Stand sie zwar, wie wir sahen, fest auf dem Boden, wenn sie sah, daß Alles im Schick war, so war sie doch wie das Wetter herunter, wo etwas außer Schick kam. Lang reden und zurechtweisen liebte sie nicht, und wo sie meinte, daß einer schwer hörte, da hielt sie auch die paar Worte noch für zu viel. Noch wußte der verdrossene Knecht nicht eigentlich, wie es gekommen, aber jetzt hörte er vortrefflich und verstand Alles, und rieb nur ein klein wenig das Ohr oder die Schulter. Eine so rührige Frau war die Frau von Bredow. Loben that sie nicht viel, sie hielt's vom Ueberfluß, denn daß Jeder thäte, als er muß thun, hielt sie für Lohn's genug; aber wem sie mal auf die Schulter klopfte, wenn sie durch die Reihen ging, dem war es wie ein Tropfen starken Weines, der nach langer Mattigkeit und Bangigkeit durch die Adern rinnt und die Glieder wieder stärkt.
    So war es mit der Herbstwäsche am Lieper Fluß bestellt. Eine gute Stunde abwärts von der Burg war das Lager, und ein dichter Wald und ein tiefer, weiter Morast lagen dazwischen; also mußte im Lager nicht allein gewaschen und gebleicht, auch gekocht und gebettet, gesungen und gebetet und gewacht werden, alle Vorrichtungen, wie es einer Stadt Art und Sitte ist. Das Gebet verrichtete am Morgen der Dechant für Alle, wenn die Schelle über der Hütte der Edelfrau läutete; das Waschen und Kochen geschah einen Tag, wie den andern, das Singen und Spielen machte sich von selbst und für das Wachen sorgte die Frau von Bredow. Kein Zigeunerbub hätte einen Strumpf von der Leine, kein Fuchs aus dem Korbe ein Huhn stehlen dürfen.
    Eine Woche, weniger denn einen Tag, dauerte schon die Wäsche. Vor dem Klopfen und Klatschen waren die Fische aus dem Fluß auf eine Meile entflohen. Von den hohen Kieferstämmen, wo sie nisten, hatten zu Anfang die Fischreiher mit ihren langen, gelben Schnäbeln neugierig herabgeschaut. Da gab es Jagd und Kurzweil für die jungen Burschen. Vor den Bolzen und Pfeilen, die durch ihre luftigen Burgen sausten, hielten die zähen Thiere aus; selbst wenn der Pfeil einem den Flügel durchbohrt, wenn sein Herzblut hinabträufte, er gab in banger Todesangst nicht nach, er krallte sich an dem Ast fest, bis die Bolzen wie der Hagel kamen, und endlich Holz, Leib und Gefieder mit einander hinabstäubten und splitterten. Aber des Lärmens war ihnen doch zu viel geworden. Wie viele hunderte auch am ersten Tage über den Wipfeln gekreist, mit ängstlichem Geschrei fortflatternd und wiederkommend, ob der Wirrwarr unten kein Ende nähme; das Klopfen und Hämmern, das Spritzen und Wringen, das Klatschen und Schwenken, das Singen und Lachen hielten sie nicht aus, und am dritten Tage hatten die Thiere den Menschen Platz gemacht und die Luft war still. Auch die Frösche auf der Wiese schwiegen am Tage; nur wenn Abends die Feuer ausgingen und der Gesang verstummte, wenn die hölzernen Klöpfel ruhten und das Wasser im Fließ still fortrann, sich erholend von der Arbeit des Tages, dann mischte sich ihr dumpfes Geächze mit dem Schnarchen der Mägde, mit dem Geheul der Rüden, die den aufgehenden Mond anbellten, und dem Winde, der gegen die Wäsche an den Seilen schlug, und die Kieferstämme, daran sie gebunden waren, knarren machte.
    Nun am sechsten Tage, es war der Samstag, war die Arbeit zumeist gethan, und ehe denn die Abendmette von den fernen Kloster-Thürmen von Lehnin über die Wälder klänge, sollte aufgepackt werden. Die Morgensonne am Tag des Herrn sollte keinen Strumpf mehr an den Leinen anröthen, und die erste Mondsichel schon einen wüsten Lagerplatz bescheinen. Wie eifrig waren die Mägde, die Klammern abzustecken, die Körbe zu häufen und die Bleichstücke zu wenden; was hasteten sich die Knechte, die Stricke von den Bäumen zu lösen und zusammenzurollen, und schon rüttelten sie an den Pfosten der Hütten, um zu prüfen, wie fest sie noch säßen. Auch das Zeichen zum Aufbruch erscheint als ein Fest dem, der zu lange beim Feste saß; ist doch jede Veränderung dem Menschen willkommen, wann er des Genusses überdrüssig wird.
    Die Edelfrau sah zufrieden auf das Werk hin, und wie zu ihren Füßen die Haufen immer größer wurden, reine saubere Tücher, auf welche die Nachmittagssonne mit milder Wärme schien.
    »Ich glaube in der ganzen Zauche geräth in keinem Edelhofe die Wäsche wie bei meiner Frau von Bredow, wie pur weiß das ist!« sagte der Dechant, der sich vom Feldtisch erhob,
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