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Die Hosen Des Herrn Von Bredow

Titel: Die Hosen Des Herrn Von Bredow
Autoren: Willibald Alexis
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zur Schande Mariä Lichtmeß, auf den Dom nach Brandenburg in den Büchsen, und wie er beim Heimreiten dreimal vom Prallstein aufsteigen mußte und dreimal runter fiel –«
    »Ist dem von Kerkow auch begegnet. Auch Wilkin Stechow. Der Bischof hat herrschaftlich auftischen lassen.«
    »Aber die Weiber haben nicht über sie gelacht; sie trugen reines Zeug am Leibe. Daß mein Gottfried vom Prallstein fiel, thut ihm auch keine Schande, und dem Bischof thut's Ehre; aber die Weibsen, die schnippischen von Brandenburg, haben sich zugezischelt: ob's denn in Hohen-Ziatz kein Wasser gebe! Das ging auf mich, das ist meine Schande. Das konnt' ich als ehrliche Frau nicht dulden. Mit Gutem giebt er sie ja nicht. Ihr wißt warum. Ist denn Waschen eine Sünde?«
    »An und für sich betrachtet, ist Reinlichkeit sogar eine Tugend, aber jede Tugend kann durch Uebermaß zur Sünde werden. Zum Exempel wenn man am Sonntag wäscht und die Messe darüber versäumt.«
    »Heut ist's ja zu Ende.«
    »Oder die irdische Reinigung für wichtiger hält, als die der unsterblichen Seele. Wie meine Frau von Bredow treffend bemerkte, hat der Herr das Wasser geschaffen zum Waschen, und gleichwie der Mensch durch's Wasser muß, d. h. durch die Taufe, zum ewigen Heil, so mag aller Creatur das Waschen zu ihrem zeitlichen dienen. Ja, es ist nichts Schlimmes dabei, so der Mensch die Geschöpfe, die ihm untergeben sind, dazu zwingt. Er mag die Pferde und Schafe durch die Schwemme treiben, denn von selbst gehen sie nicht, auch seine Kinder bürsten und begießen, auch wenn die Kleinen sich sträuben und schreien. Auch ist nichts natürlicher, als daß eine gute Hausfrau das Kleidungsstück, auf welches ihr Eheherr so viel giebt, einmal gereinigt wünscht, selbst, wenn er es nicht wünscht. Es ist sogar löblich; ja zugeben möchte ich, daß sie als Hausfrau ein Recht hätte, es in die Wäsche zu thun gegen den eigentlichen Willen des Mannes, ich meine, wenn er das Verbot nicht bestimmt ausgesprochen hätte. Aber in diesem Falle hatte er es gethan. Nicht wahr, er jagte es Euch damals an der Färbermühle ab, und war sehr zornig?«
    »Das wohl, ehrwürdiger Herr, aber –«
    »Ihr unternahmt es dennoch: einmal gegen seinen Willen, wohl wissend, wie sehr es ihn kränken mußt, welchen Werth er darauf legte, daß Niemand ihm das Kleid berühre. Ihr nahmt es auch gegen seinen Willen, mit einer Hinterlist, die sogar an einen Diebstahl erinnert, während er schläft oder seiner Sinne nicht mächtig; ja mehr noch: die eigene Tochter habt Ihr verleitet mitzuspielen, sie mußte, während sie dem Vater schmeichelte, ihm hinterrücks das Kleidungsstück entwenden. Ei, ei! welche Saat in das unschuldige Herz eines Kindes gestreut! Das alles zusammen genommen, erwäge meine Tochter und antworte sich dann selbst, ob das nicht gegen das Gesetz ist, das den Mann über die Frau setzte, nicht gegen die christliche Moral, die keine Arglist will, Summa, ob es nicht eine Sünde ist?«
    Der Dechant war stehen geblieben. Auch die Edelfrau war stehen geblieben.
    »Ja, ehrwürdiger Herr, sie mußten aber doch gewaschen werden.«
    »Warum?«
    »Warum! Ja, ich will nicht sagen, darum, weil sie schmutzig waren. Denn meinethalben hätten sie's bleiben mögen bis an den jüngsten Tag, wenn er ein so eigensinniger Narr ist. Aber konnt ich's mir denn selbst vergeben, wenn er mir länger zum Gespött so rum ging! Seine Ehre ist ja auch meine, seiner Kinder Ehre. Ein Hauswesen ohne Ordnung ist kein Hauswesen. Ja, nur der Kinder wegen! Es war meine Pflicht als Mutter. Es ging nicht anders, Herr Dechant. Aus purer guter Absicht hab ich's gethan.«
    »Darum also.«
    Die Edelfrau wußte nicht, wie sie den Blick verstehen sollte.
    »Die großen Herren in Friesack, wenn sie einmal in die Zauche kommen, oder wir kommen mal alle Jubeljahr zu ihnen, ach man muß sich ja in der Seele schämen! Wir sind doch ein Blut, aber wie sehen sie uns über die Achseln an! Nun ja, lieber Gott, wir haben kein Schloß Friesack, wo sie mit Hellebarden stehen an der Treppe und das Herz Einem manchmal ordentlich puckert, wenn man auf die Teppiche tritt. Schnäbelschuhe, das schickt sich nicht für unsereins. Der alte Herr Bodo mit seinem weißen Haar, der ist schon freundlich. Aber die jungen Herren, wenn sie so dastehen, die Hände zur Seite in den Pluder gesteckt und uns ansehen, es fehlte ihnen nur noch ein Rauchstück im Maule, wie der Menschenfresser aus der neuen Welt, von dem sie erzählen thun. Siebzig Ellen
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