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Die Hosen Des Herrn Von Bredow

Titel: Die Hosen Des Herrn Von Bredow
Autoren: Willibald Alexis
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in einander gefügt, die uns irrenden Menschenkindern Zuversicht und Trost in unseren Zweifeln gewähren müssen.«
    »Es war also keine Sünde!«
    »Sagte ich das, meine Freundin! Aber sintemal jedes Ding zwei Seiten hat, und alles Irdische dem Wechsel unterworfen ist, also sind es auch unsere Handlungen und Pflichten, und wir von der Vorsehung angewiesen, auch die andere Seite in's Auge zu fassen, ehe wir urtheilen.«
    »Sie trocknen aber schon. Hans Jürgen steht bei der Leine Wacht,« sagte die Frau von Bredow, die wirklich nicht wußte, was sie sagen sollte. – »Was soll's nun aber, Herr Dechant!«
    »Nur uns erinnern, meine Freundin, daß wenn wir Jemand etwas verstecken sehen, ehe wir ihn darum verdammen, uns zu bedenken, ob wir nicht selbst etwas Anderes versteckt halten, erinnern, daß die Sünde uns Sterbliche von allen Seiten anschleicht, und daß, was auf dieser Betrug scheint, auf jener Fügung in Gottes Willen ist; daß diese Fügung uns aber als letztes Ziel vor Augen schweben muß bei allen unsern Wegen, und daß, wenn wir mit allen den Kräften, so der Herr uns gab, in guter Absicht auf das Ziel losgehen, eine christliche Frau noch nicht zu denken braucht, daß wir auf des Teufels Buckel dahin reiten.«
    Das war nun wohl der Frau von Bredow verständlich, aber wo es hinaus sollte, doch noch nicht ganz. Ihre Frage verrieth es:
    »Wenn's Sünde war, ich meine, das von der Seite, soll ich's denn meinem Götz sagen?«
    Der Dechant faßte vertraulich ihre Hand und klopfte mit seiner darauf! »Ich meine, wir bleiben vorläufig auf der anderen Seite stehen.«
    »Aber mit Küchenroth soll ich sie nicht wieder bestreichen?«
    »Wenn das die Täusch – ich wollte sagen den stillen Glauben unseres Herrn Gottfried länger erhält, warum nicht.«
    »Doch die Eva – das Kind, mein' ich – ob die den Vater –«
    »Sie wird doch nichts ausplaudern! Wenn meine Freundin es ihrem kindlichen Sinne nur recht vorstellt –«
    »Was?«
    »Ei nun,« – der Dechant hatte den Arm der Edelfrau in den seinigen gelegt, um sie nach dem Lager zurückzuführen, wo es laut wurde – »das wird meine Frau von Bredow am besten wissen, wie man den Sinn eines Kindes über kleine Bedenklichkeiten hinüberführt zu seiner höheren Pflicht gegen die Eltern, ich meine zumal gegen die Mutter.«
     
Drittes Kapitel.
     
Die Waschbank.
    Auch die Sonne hat ihre Flecken, auch die beste Haushaltung ihre Mängel, und was wir glauben, daß es ganz in der Richte sei, mag unmerklich wo einen kleinen Stoß bekommen haben, und der Bau wird schief.
    Frau Brigitte Bredow meinte, es sei Alles in Ordnung, weil sie Alles geordnet und Jeden auf seinen Platz gestellt. Aber sie hatte sich darin verrechnet, daß auch der wachsamste Wächter einmal einschlafen kann und daß der beste Mensch ein Mensch bleibt. Und wer giebt denn einem Gebietiger, ob er über ein Königreich das Regiment hat oder über eine große Herbstwäsche, das Recht, daß er nur gute und tüchtige Leute unter sich habe. Die Welt ist bunt; wir müssen sie nehmen wie sie ist. Zwischen Riesen und Zwergen ist die Auswahl, und die Krummen und Lahmen, die Tauben und Blinden gehören auch dazu. Der Meister über eine große Arbeit zeigt sich darin, daß er Jeden hinstellt, wo er hingehört und Jeden zu nutzen weiß nach seiner Kraft und nach seiner Schwäche.
    Hans Jürgen ist zu nichts gut! Darum hatte man ihn hingestellt auf die äußersten Sandhügel am Fließ, wo der Wind am schärfsten wehte. Da sollte er Acht haben. Worauf? – Wie hatten alle den armen Hans Jürgen ausgelacht und ihm den Rücken gedreht!
    Der arme Hans Jürgen! Er hatte doch schon sechszehn Sommer hinter sich, ach nein, er zählte nach Wintern und war eines Edelmannes Sohn, eines Edelmannes, so gut als Einer in den Marken zwischen Elbe und Oder, und doch sagten die Leute auf Hohen-Ziatz, er sei zu nichts gut, und hier mußte er Wache stehen vor einem Stück alten Leders, das wie ein Galgenmann zwischen zwei Kiefern hing. Fünf Fuß war er hoch und noch einen Zoll darüber, stark genug, eine junge Buche mit den Wurzeln auszureißen; auf das Fohlen in der Koppel könnte er sich werfen und wenn die Frau es gebot, ritt er drei Meilen ohne Sattel, um zur Sippschaft eine Botschaft zu tragen. Sein Auge war wie der Luchs, sein Bolzen traf den Vogel im Fliegen, und über Hecken und Gräben setzte er ohne Anlauf, und doch wollten sie ihn nicht ritterlich aufziehen, wie seines Standes war. Der alte Herr Gottfried sagte zwar wenn
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