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Die Holzhammer-Methode

Die Holzhammer-Methode

Titel: Die Holzhammer-Methode
Autoren: Fredrika Gers
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herumgezickt, bis wir dann reingegangen sind», erzählte Pfahl stockend, die Tränen mühsam unterdrückend.
    «Haben Sie den Absturz gesehen?», fragte Holzhammer.
    «Nicht richtig, ich war drüben, über dem Jenner. Hab nur gesehen, dass Alexander sehr hoch über dieser Wiese kreiste. Dann ging er plötzlich in eine Steilspirale über, als wollte er so schnell wie möglich zum Boden.»
    Das hat er geschafft, dachte Holzhammer. Er hakte nach: «Steilspirale?»
    «Ja, man fliegt enge, steile Kurven und kreiselt so nach unten.»
    «Und was passierte dann?»
    «Dann sah ich, dass er einen Einklapper hatte. Aber normalerweise hätte er das in den Griff bekommen.»
    «Einen Einklapper?»
    «Ein Teil des Schirms faltet sich durch einen Strömungsabriss an der kurveninneren Vorderseite des Schirms zusammen, wenn man zu stark bremst. Bei der Steilspirale kann das besonders leicht passieren. Aber normalerweise ist das in der Höhe kein Problem. Man gibt einfach die Bremse frei, und die Sache hat sich.»
    Franz Holzhammer verstand überhaupt nichts vom Gleitschirmfliegen. «Aber das hat Ihr Spezi nicht gemacht?»
    «Diesmal anscheinend nicht. Ich war ja mehrere 100  Meter weg, aber es sah aus, als hätte er plötzlich völlig vergessen, wie man fliegt. Normalerweise hätte der Schirm sich sogar ohne jede Einwirkung wieder stabilisieren können. Hätte eben etwas länger gedauert. Das wäre in der Höhe aber egal gewesen.»
    «Doch das tat er nicht.» Holzhammer blickte auf das alles andere als stabil aussehende Schirm-Mensch-Bündel.
    «Nein, er ging in einen Spiralsturz über. Es gab wohl einen Verhänger. Das heißt, der Schirm blieb beim Ausklappen in den Leinen hängen und konnte sich deshalb nicht mehr ganz entfalten.»
    «Verhänger, aha.» Holzhammer hatte inzwischen seinen Notizblock gezückt und schrieb einzelne Wörter mit. Irgendwann würde er daraus ein Protokoll zusammenbasteln müssen.
    «Ich bin dann im Schnellflug rübergekommen und so schnell wie möglich gelandet. Mein Gott. Eigentlich war er der bessere Flieger. Wie konnte das nur passieren?» Über seine fachlichen Erklärungen hatte der junge Mann kurzfristig den Schrecken vergessen. Jetzt wurde ihm wieder bewusst, was ihn überhaupt zu diesen fachlichen Ausführungen veranlasst hatte.
    «Mir werden’s rausfinden», gab Holzhammer sich zuversichtlich. «Unsere Spurensicherung hat Erfahrung mit Sportunfällen.» Das stimmte leider. Er wandte sich dem Gleitschirmflieger zu, der den Absturz gemeldet hatte. Aber der konnte nicht viel beitragen. Er hatte den Unfall erst bemerkt, als ihm sein Sportskamerad fast auf den Kopf gefallen war, während er selbst sich auf der Landewiese gerade von seinem Schirm befreite.
    Der Hauptwachtmeister klappte sein Notizbuch zu und überlegte. Vermutlich würde sein Chef, der Leiter der Polizeidienststelle Berchtesgaden, irgendwann hier am Absturzort auftauchen. Aber war der überhaupt schon informiert? In letzter Zeit war es öfter vorgekommen, dass der Chef sich stundenlang in angeblichen oder tatsächlichen Funklöchern befand. Insofern machte es wahrscheinlich keinen Sinn, die beiden Zeugen hier warten zu lassen. «Wenn Sie wollen, können Sie beide jetzt gehen», sagte Holzhammer. «Aber bleiben Sie bis auf weiteres im Ort. Wahrscheinlich will mein Chef Sie morgen noch sprechen.»
    «Wann wissen Sie denn, was genau passiert ist?», fragte Tobias, der Freund des Toten.
    «Weiß man jemals, was genau passiert ist?», fragte Holzhammer philosophisch zurück. «Aber wenn jemand seine Hand im Spiel hatte, finden wir das schon raus. Und wenn es am Schirm lag, auch. Wie gesagt, die Spurensicherung ist verständigt, die werden den Schirm unter die Lupe nehmen. Und die Leiche wird natürlich auch untersucht.» Beide Sportler nickten. Dann sammelten sie ihre Schirme ein und trotteten gemeinsam davon.
    Holzhammer vermutete, dass es hier bald von Schaulustigen und Wichtigtuern jeglicher Art wimmeln würde. Deshalb hoffte er, dass die Kollegen von der Spusi schnell eintreffen würden, damit er ihnen den Tatort übergeben und sich selbst aus dem Staub machen konnte. Auf den Arzt musste er allerdings noch warten. Hier im hintersten Winkel der Bundesrepublik gab es keinen eigenen Polizeiarzt. Man verständigte einfach den nächstgelegenen niedergelassenen Arzt und bat ihn, schnellstmöglich zu kommen, um den Tod festzustellen. Wenn der Mediziner allerdings gerade bis zum Ellenbogen in einem Privatpatienten steckte, dann konnte es auch
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