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Die Höhlenkinder 3 – Im Steinhaus

Die Höhlenkinder 3 – Im Steinhaus

Titel: Die Höhlenkinder 3 – Im Steinhaus
Autoren: Alois Theodor Sonnleitner
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der wärmeren Zeit durchstreifte er alle Teile des Heimlichen Grunds, sammelte Merkwürdigkeiten für seine Denk- und Sammelstube, grub im eingeschwemmten Höhlenlehm nach Steinwerkzeugen, die er in das unterste Fach seiner Sammlung legte.
    Der Viehbestand war aufs Notwendigste verringert; die gutgedüngten Äcker, der wohlgepflegte Garten gaben viel mehr Ertrag, als die drei Menschen und ihre Haustiere brauchten. Vom halbzahmen Nachwuchs der Fuchshunde und von den Jungziegen, die sie schlachteten, hatten sie einen reichen Vorrat an Fellen, die sich gut zu Kleidern und Decken verarbeiten ließen. Was Peter und Hans bastelten, war nicht mehr nur gegen die nackte Not. Sie hatten entdeckt, daß Horn sich in der Wärme biegen und mit einer einfachen Säge leicht bearbeiten ließ; der feine Kamm, die Hornlöffel waren nicht zweckmäßiger als die aus Holz oder Metall, aber schöner.
    Peter, der viele Jahre hindurch von einer schweren Arbeit zur anderen geeilt war, empfand den halben Müßiggang als wohlverdiente Rast. Sein Sohn wurde ein Grübler, ein Beobachter seiner Umgebung, der manches bemerkte, was ihm früher entgangen war. Unter anderem war ihm aufgefallen, daß ein krummer Fichtenzweig, den die Mutter entrindet und als Aufhängehaken in eine Fuge der Steinmauer geklemmt hatte, sich an trockenen Tagen nach oben krümmte, bei trübem Wetter aber nach unten streckte. Weiter machte er die Erfahrung, daß es zu regnen pflegte, wenn die Zweigspitze ihren tiefsten Stand erreicht hatte. Um auch Vater und Mutter die »Sprache« der Wetterrute verständlich zu machen, bestrich er den Teil der Mauer, an dem das Rutenende auf und ab spielte, mit hellem Mörtel und zeichnete oben das Bild der Sonne, in der Mitte Wolken und zuunterst einen Alpensalamander, der ja bei nassem Wetter auf Regenwürmer Jagd macht; das hieß also: »Sonnig, bewölkt, regnerisch.«
    Wenn Hans eine Wanderung unternahm, begleitete Eva ihn ein Stück Weges. Hand in Hand gingen sie und fühlten, daß auch ihre Gedanken Hand in Hand gingen. Von einem solchen Gang heimkehrend, pflückte Eva die Blüten der kleinen blaublühenden Schwertlilie. Sie tat davon in ihren groben Leinwandschurz, so viel sie erlangen konnte, um den Ahnen ein Blumenopfer zu bringen. Daheim entdeckte sie, daß einige zerdrückte Blüten ihre saubere Schürze blau befleckt hatten, und verfiel auf den Gedanken, sie zu zerquetschen und mit ihrem Saft die ganze Schürze zu färben. Zwar verblaßte die Farbe in der Sonne, aber immerhin war Eva daraufgekommen, daß sie mit Heidelbeeren, wilden Reseden und Walnußschalen Garnsträhnen verschieden einfärben und damit beim Weben ihr Zeug mit Zierstreifen schmücken konnte, für Hans ein untrügliches Zeichen, daß sie sich wieder gesünder fühlte. Ohne Selbstvorwürfe konnte er nun, die Steigeisen an den Füßen, den eisenbeschlagenen Bergstock in der Hand, mit Seil, Bogen und Köcher zu Höhen emporsteigen, die sein Vater nie erreicht hatte. Damit es ihm unterwegs nicht an guter Nahrung fehlte, stopfte Eva knusprige Brote in seinen Rucksack, füllte Milch in ein irdenes, mit Riemen umwickeltes Flachgefäß, das er kunstvoll aus zwei Hälften geformt, gebrannt und an den Rändern gedichtet hatte.
    Hans zogen die Klammwände an. Jenseits des Moorsees, wo die alte Eibe an der steilen Klammwand ihm als Steigbaum diente, hatte er sich einen Pfad zur Höhe angelegt, mit Hammer und Meißel Stufen in die Wand gehauen und an eingetriebenen Eisennägeln geknotete Nesselseile befestigt. Ihre mit Steinen beschwerten Enden schwang er um höher gelegene Latschenbäume und Felsblöcke und hangelte sich daran empor.
    Eines Tages stand er hoch droben auf der Felsenkante. Unter ihm lag im Mittagsglanz der grünumsäumte Moorsee mit den verfallenen Pfahlhütten und eine Stufe tiefer der breite Klammbachsee, durch den die Bachströmung einen glitzernden Streifen zog. Rechts, am Fuß der Grableiten, war der flache Hügel, unter dem die Ahnl im Schatten dreier kümmerlicher Kastanien ruhte, die im Laufe der Jahre aus dem ersten Fruchtopfer Evas emporgewachsen waren, ohne jemals reife Früchte zu tragen. Und jenseits des Sonnsteins gähnten hinter der dunklen Urwaldmasse die alten Wohnhöhlen und das Felsentor, aus dem der Klammbach kam. Darüber glänzte die kalte Wüste eisbedeckter Bergriesen. Dort war die Welt nicht, aus der das Korn gekommen war. Zur Linken säumte Laubwald die Südwände, hinter denen in breiter Ferne Hochgipfel ragten. Unter den grell
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