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Die Hoehle des Grauens

Die Hoehle des Grauens

Titel: Die Hoehle des Grauens
Autoren: Ben Nevis
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tatsächlich: An mehreren Stellen unterhielt man sich bereits über die Geisterburg. Dort, die beiden älteren Damen zum Beispiel, bestimmt beide über siebzig, die eine etwas molliger als die andere. Ihnen gegenüber saß ein Mann mit Halbglatze und hellgrünem Pullover, der gerade sein Wissen von der Geisterburg zum Besten gab.
    »Vor einem halben Jahr erst wurde das Hotel eröffnet. Wir werden den allerneusten Spuk erleben, meine Damen. Ich hoffe, Sie haben starke Nerven!«
    »Die werden Sie ebenfalls brauchen, Sir! Haben Sie schon von der ›Höhle des Grauens‹ gehört? … Dort hat es beinahe einen Unfall gegeben.« Elisabeth, die etwas fülligere der beiden Damen, senkte ihre Stimme, so als verriete sie ein großes Geheimnis. »Man muss nur eins und eins zusammenzählen: Ich sage Ihnen, da steckt ein echtes Gespenst dahinter! Ein böser Fluch liegt auf der Höhle! Jeder, der sie betritt, wird sterben.«
    »Wissen Sie, über kurz oder lang werden wir alle sterben«, sagte der Mann im grünen Pullover gedehnt, während sein Blick Justus streifte. »Sie glauben doch nicht an derlei Unsinn?« Er stockte und sah zu Justus auf, der neugierig stehen geblieben war. »Kann ich helfen, junger Mann?«
    »Oh, nein, alles in Ordnung.« Justus hätte gerne mehr über die Höhle erfahren, doch die Gelegenheit, dem Gespräch noch länger zu lauschen, war dahin. Also setzte er sich wieder in Bewegung. Während er noch über die Bemerkung der alten Dame nachdachte, entdeckte er unter den weiteren Passagieren ein Gesicht, das ihm bekannt vorkam: Klar, es war John Fairbanks, ein Hollywoodschauspieler, der in Actionfilmen auftrat, begleitet von einer jungen Kollegin, die Justus ebenfalls aus Kinofilmen kannte. Hal Montgomery oder so ähnlich lautete ihr Name. Waren die beiden auch auf dem Weg nach Haunted Corner?
    Erneut wurde Justus’ Blick abgelenkt. Eine Frau war plötzlich in der Mitte des Wagens aufgestanden. Durch ihren hexenhaften rot-grünen Umhang und ihr graues Kopftuch war sie Justus bereits vorher aufgefallen. Auf den ersten Blick schien sie sehr alt zu sein, doch wenn man genau in ihr Gesicht sah, korrigierte sich der Eindruck auf ein Alter von vielleicht Mitte vierzig. Sie zog sofort die Aufmerksamkeit auf sich, als sie einen Schritt in den Gang trat und stehen blieb. Ihre Lippen bewegten sich, als wollte sie etwas sagen, doch es kam kein Ton heraus. Dann begann sie sehr leise zu reden, und die Gespräche der Umsitzenden verstummten langsam. Es waren unzusammenhängende Wortfetzen:
    »… eine Reise … ich sehe eine Reise ins Ungewisse … etwas Gefährliches lauert.« Ihre Stimme war dünn und gewann nur langsam an Stärke, sie sprach fast in einer einzigen Tonlage. Inzwischen war auch das letzte Gespräch verstummt. Alle Anwesenden starrten jetzt auf die Frau. »… warnen … warnen, ich muss Sie warnen … die ›Höhle des Grauens‹, vom Henker bewacht … das Skelett ist ein Zeichen, am Schluss wird einer Opfer sein, doch wer, das weiß nur er allein … wer unter euch ist unerkannt … wen holt der Henker in der Nacht … wenn ihr ihn seht, ist es zu spät.« Sie schwieg und sank auf ihren Sitz zurück.
    Justus’ Blick wanderte über die Passagiere. John Fairbanks hielt die bleiche Hal Montgomery fachmännisch im Arm. Die beiden alten Damen waren ebenfalls aufgesprungen und stützten sich an den Sitzen ab. Ihre Münder bewegten sich, als riefen sie sich das eben Gehörte noch einmal in Erinnerung. Justus sah Julia, die Detektivin aus San Francisco, die ihn über beide Ohren angrinste.
    Irgendetwas war hier faul. Was wurde hier für ein Spiel gespielt? Und plötzlich waren dem Ersten Detektiv die Zusammenhänge klar.
    Langsam schritt Justus los. Respektvoll wichen die Reisenden vor ihm zurück. Vor dem Platz der Hexe blieb Justus stehen. Er beugte sich zu ihr hinunter. Als sie nicht reagierte, zog ihr Justus mit einem schnellen Griff das Kopftuch ab. Zusammen mit dem Kopftuch hielt der Erste Detektiv plötzlich eine Perücke in der Hand. Zum Vorschein kam eine Frau mit kurzen rotblonden Haaren.
    »Guten Tag, Mrs Jones!«, sagte Justus höflich.
    Ein Raunen ging durch den Wagen, und die Anwesenden drängten sich um Justus, um nur ja nichts zu verpassen. Die Frau blinzelte mit den Augen, setzte sich gerade, als wenn nichts geschehen wäre, und lachte kurz auf. »Ich gratuliere Ihnen, junger Herr. Ich bin tatsächlich Maggie Jones!« Die Frau stand auf. Plötzlich wirkte sie wie die nette Nachbarin, die die
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