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Die Hexe von Freiburg (German Edition)

Die Hexe von Freiburg (German Edition)

Titel: Die Hexe von Freiburg (German Edition)
Autoren: Astrid Fritz
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an, lasst diese Frau los. Sie ist unschuldig!» Vor ihnen stand ein Mann mit unrasiertem Gesicht und zornig blitzenden Augen und versperrte ihnen den Weg. Catharina fiel auf die Knie und schrie heiser auf: «Christoph!»
    Christoph sank neben ihr zu Boden und riss sie verzweifelt in seine Arme, streichelte sie, bis ein kräftiger Schlag mit dem Stock des Büttels ihn zur Seite warf.
    «Verschwindet, sonst landet Ihr selbst im Kerker», brüllte der Büttel und schleifte Catharina die letzten Schritte bis zum Turm hinter sich her. Catharina wandte ein letztes Mal den Kopf und sah Christoph mitten auf der Straße stehen, die Tränen liefen ihm über die eingefallenen Wangen.
    Im Halbdunkel des Christoffelsturms wartete bereits ein Mann auf sie, den sie vorher nie gesehen hatte.
    «Die Stadellmenin, Euer Ehrwürden», meldete der Büttel. «Mit Verlaub bitte ich sagen zu dürfen, dass ihr die Scheiße wie Wasser aus dem Leib rinnt.»
    Angewidert rümpfte der Mann die Nase. «Verschieben wir ihre Examinierung. Ich ertrage diesen Gestank nicht. Ersucht den Henker um ein Mittel gegen Durchfall, aber eines, das bis morgen wirkt. Kettet die Frau oben an und bringt mir stattdessen die Wolffartin, aber schnell.»
    Catharina wurde über zwei Stiegen nach oben geführt und stand in einem dunklen Raum, in dem rundum Eisenketten von den Wänden hingen. Das einzige schmale Fenster war mit Stroh verstopft, und es stank bestialisch. Nachdem sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, stellte sie fest, dass sie allein war. Kurz darauf erschien ein älterer Mann, in dem sie den städtischen Henker erkannte. Er stellte einen Holznapf mit gesalzenem Haferschleim und bitteren Wein auf den Bretterboden.
    Catharina schüttelte den Kopf. Allein beim Anblick des Essens begann es sie zu würgen.
    «Ihr esst das jetzt, und wenn ich es Euch mit Gewalt einflößen muss.» Dabei klang seine Stimme keineswegs unfreundlich. Tatsächlich ging es Catharina nach dieser Mahlzeit, der ersten anständigen Nahrung seit Tagen, schnell besser. Sie versuchte, die Gedanken an das, was ihr möglicherweise bevorstand, zu verscheuchen, und dachte an Christoph. Wie elend hatte er ausgesehen. Im fiebrigen Halbschlaf spürte sie noch einmal seine Umarmung. Er hatte sie liebkost, obwohl sie verdreckter und verwahrloster war als jeder Landstreicher. Das Gefühl von Scham wechselte mit Dankbarkeit dafür, dass sie Christoph noch einmal hatte sehen dürfen. Dann tat der Wein seine Wirkung, und sie schlief ein.
    Ein kurzes, tiefes Stöhnen ließ sie aufschrecken. Was war das? Sie lauschte in die Stille. Von weit unten hörte sie gedämpfte Stimmen. Wieder dieses Stöhnen, und plötzlich ein lang gezogener, markerschütternder Schrei. Entsetzt presste sie die Fäuste gegen die Ohren und sprach laut und hastig «Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name, dein Reich komme –»
    Doch es half nichts. Die Schreie drangen durch alle Poren ihres Körpers, schnitten wie Messerstiche in ihr Hirn, zerrissen in ihr den allerletzten Rest an Mut und Zuversicht.

    «Warum vermeint Ihr hierher geführt worden zu sein?»
    Sie befanden sich im Keller des Turms. Eisige Kälte herrschte in dem von zwei Fackeln spärlich erhellten Raum. Vor Catharina stand derselbe Mann, dem sie gestern bei ihrer Einlieferung in den Christoffelsturm vorgeführt worden war. Sein Gesicht wies harte, wie in Stein gemeißelte Züge auf, mit einem vorspringenden Kinn und winzigen, eng beieinander liegenden Augen. Mit Schrecken wurde ihr klar, dass Doktor Textor die Untersuchung in ihrem Fall abgegeben hatte.
    Ungeduldig wiederholte der neue Commissarius seine Frage. Hinter ihm stand der Scharfrichter in seinem grauen Lederschurz und kratzte sich am Hals.
    Catharina riss alle Kraft zusammen und sagte laut: «Durch ein großes Unglück.»
    Der Richter musterte sie kalt.
    «Hört, Stadellmenin, Ihr seid eine Hexe. Gesteht es gutwillig, sonst wird der Scharfrichter seine Arbeit verrichten.»
    Sie schüttelte den Kopf. «Ich bin keine Hexe. Das habe ich doch bereits vor Doktor Textor geschworen.»
    «Ihr seid als Gespielinnen angegeben worden, und zwar von Margret Vischerin, Magdalena Schreinerin, Magdalena Karrerin und Hedwig Jüdin. Kennt Ihr diese Frauen?»
    «Nur die Vischerin. Ich bitte Euch, bringt sie her, damit sie mir ihre Anschuldigung ins Gesicht sagen kann.»
    «Die Vischerin ist zu Asche verbrannt», gab er ungerührt zurück. «Gebt zu, dass Ihr mehrfach bei teuflischen Zusammenkünften
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