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Die Hexe und der Herzog

Die Hexe und der Herzog

Titel: Die Hexe und der Herzog
Autoren: Brigitte Riebe
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du dein junges Leben aufs Spiel gesetzt? Das kann ich einfach nicht glauben!«
    »Meint Ihr nicht, das sei die Mühe wert?«, konterte sie. »Trinken und Essen hält schließlich Leib und Seele zusammen, kann heilen und fröhlich machen, und genau das braucht Ihr doch!«
    »Ich fürchte, das stellst du dir alles ein wenig zu einfach vor«, sagte er. »Es gibt schließlich einen Küchenmeister und dazu verschiedenste Köche, Küchenjungen sowie ein wahres Heer von weiteren Gehilfen: Metzger, Zerwirker, Talgbrutzler und viele andere. Jedenfalls fressen sie mir die Haare vom Kopf mit ihren ständig steigenden Ausgaben. Da kann ich doch nicht einfach jemanden von der Straße bestellen …«
    »Und all diese vielen Leute, die angeblich so gut für Euch sorgen, setzen Euch das hier vor?« Lena deutete auf die Zinnplatte und packte beherzt das Erste, das ihr in die Quere kam. »Ihr erlaubt doch?« Ohne eine Antwort abzuwarten, schob sie sich den Bissen einfach in den Mund und begann zu kauen.
    Der Herzog starrte sie an wie eine Erscheinung.
    »Bries in Eierteig gewendet«, sagte sie. »Eigentlich etwas Feines, wenn man es richtig zubereitet. Dieses jedoch ist eindeutig zu schwach gewürzt, dafür jedoch zu scharf und viel zu fettig gebraten. Das macht Eure Gicht nur noch ärger. Ihr solltet besser in Weißwein sautierten Fisch zu Euch nehmen, gedünstetes Gemüse oder gesottenes Geflügel mit Kräutern wie Giersch oder Gundelreben. Vielleicht sogar Löwenzahnblüten oder Sauerampfer – aus beidem lassen sich köstliche Saucen und Suppen herstellen. Habt Ihr davon schon einmal probiert?«
    »Willst du mich vergiften?«
    Lena lachte herzlich. »Ganz im Gegenteil, Euer Hoheit! Genießen sollt Ihr und dabei gesund sein. Genau das vermag nämlich die richtige Kochkunst.«
    »Wer hat dich das alles gelehrt?«, wollte er wissen. »Bist du etwa die Tochter einer Hexe?«
    Das jedenfalls ging entschieden in die falsche Richtung!
    »Natürlich nicht! Aber Großmutter Bibiana«, sagte Lena entschieden, was der Wahrheit ziemlich nah kam, »kennt so gut wie jedes Kraut, das jemals irgendwo seinen Kopf aus der Erde gestreckt hat. Und was sie erst alles daraus zaubern kann! Ihr müsst wissen, weder nördlich noch südlich des Alpenkamms gibt es jemanden, der besser kochen könnte als sie. Und ich bin bei ihr in die Lehre gegangen, seit ich ganz klein war.«
    Den Mund hatte sie damit ziemlich voll genommen. Und vermutlich war sie in der Aufregung auch laut geworden, denn nun steckte Ritter von Spiess, der offenbar draußen gelauscht hatte, seinen Kopf durch die Tür.
    »Sie inkommodiert Euch doch nicht, Euer Hoheit?«, fragte er. »Sonst lasse ich sie auf der Stelle entfernen.«
    »Nein, das tut sie nicht.« Herzog Sigmund erhob sich. Im Stehen sah man erst, wie zartgliedrig er war mit seinen schmalen Schultern und dünnen Armen und Beinen, auch wenn sich ein kleiner Spitzbauch unter seinem schenkellangen Rock aus hellgrünem Brokat zu wölben begann. »Im Gegenteil, sie beginnt mich zu amüsieren. Dabei ist die Kleine hier keineswegs schwanger, wie Ihr vorhin behauptet habt.«
    »Aber du hast doch …« Lena empfing einen giftigen Blick. »Sie hat es mich mit allen Mitteln glauben gemacht, Euer Hoheit. Sonst hätte ich doch niemals …«
    Eine wegwerfende Geste brachte ihn zum Schweigen. »Schneid besitzt sie und sie weiß, was sie will, das gefällt mir. Außerdem scheint sie einiges vom Kochen zu verstehen.« Der Herzog versetzte der Zinnplatte einen Stoß. »Soll ich etwa bis zum Lebensende mit diesem Fraß abgefertigt werden? Dann freilich könnte es schneller da sein, als euch allen vielleicht lieb ist.«
    »Euren braven Küchenmeister würde auf der Stelle der Schlagfluss treffen, könnte er Euch so reden hören«, rief der Hofmeister entrüstet. »Wo doch Meister Matthias Rainer Tag und Nacht über noch immer ausgefalleneren Rezepten für Euren herzoglichen Gaumen grübelt!«
    »Vieles von dem, was auf meine Tafel kommt, schmeckt ausgesprochen widerlich. Kein Wunder, dass ich in letzter Zeit die Lust am Essen nahezu verloren habe. Außerdem kehren neue Besen besser, so sagt man doch, nicht wahr? Rainer soll sie zunächst eine Weile in der Gesindeküche unterbringen. Dort kann sie ihre Geschicklichkeit unter Beweis stellen. Taugt sie etwas, sehen wir weiter. Falls nicht, ist kein großer Schaden entstanden.« Der Herzog seufzte. »Ohnehin kann uns gegenwärtig jede zusätzliche Hand nur von Nutzen sein, wo doch bald schon
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