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Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition)

Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition)

Titel: Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition)
Autoren: Tatjana Stöckler
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Mit einer Zange wird das Rohr entfernt, wenn er das Gestell verlassen darf. Das soll noch einmal qualvoll sein, wurde mir gesagt. Dann erst gilt die Strafe als vollzogen.«
    »Luzia, Liebes, du bist totenbleich!«, rief Lukas und zog sie stützend an sich. »Gehen wir besser hinein. Es ist vorüber. Willst du dich setzen?«
    Dankbar lehnte sie sich an ihn und ließ sich in die Wohnung führen. Trine und die anderen Dienstboten hatten am Fenster dem Schauspiel beigewohnt und zerstreuten sich jetzt. Eines der Mädchen servierte Glühwein und Luzia nahm dankbar den heißen Becher entgegen. Er war stark gewürzt und half gegen die Übelkeit. »Das kann er doch unmöglich überleben«, murmelte sie.
    »Oh doch«, sagte der Advokat. »Die besten Ärzte werden sich um ihn kümmern. Schon vor Tagen bereiteten sie ihn auf die Strafe mit Aderlässen vor. Der Erzbischof und auch Seine Heiligkeit bestehen auf einen Inquisitionsprozess. Er wird seine volle Schuld gestehen und auch dafür noch bestraft werden.«
    »Und dann wird er verbrannt«, meinte Magdalene zwischen zwei Schlucken Glühwein. »Lebendig. So wie er so viele Unschuldige verbrannt hat.«
    »Bis dahin ist jeder Tag für ihn eine Tortur. Der Tod wird eine Erlösung für ihn«, sagte Lukas und legte seinen Arm um Luzia.
    »Aber gibt es denn irgendetwas in der Welt, mit dem sie ihn noch bestrafen können? Hat er denn nicht schon genug gelitten?«, fragte Luzia.
    »Nun, Jungfer Luzia, da wird den Inquisitoren sicherlich noch etwas einfallen. Sein Verbrechen ist so unerhört, dass seine Bestrafung wirklich spektakulär sein muss, um das Volk zu beruhigen. Jetzt feiern sie, aber sie fiebern dem Ende des Prozesses entgegen. Man gesteht dem Noß sechs Wochen Genesung zu, damit er mit vollen körperlichen Kräften dem Prozess folgen kann. Alle siebenhundert Prozesse, die er leitete, werden aufgerollt, um zu prüfen, ob das Urteil seiner Wollust oder Geldgier zuzuschreiben war. Ich weiß: Für jedes einzelne Urteil ist ein gesondertes peinliches Verhör geplant. Er sprach dreihundert Menschen schuldig. Dann steht noch die Sache der widernatürlichen Vereinigung mit dem Teufel auf der Liste und der heimtückische Angriff auf den Erzbischof. Beides verlangt maximale Strafe. Man rechnet mit Monaten Dauer für den Prozess.«
    »Luzia, mein Liebling, es ist wohl besser, wenn wir uns mit diesem Thema nicht weiter befassen.« Dabei sah Lukas den Advokaten an, der nickte und seinen Glühwein leerte.
    »Nun, Herr Professor, ich bedanke mich für den Logenplatz bei diesem Schauspiel. Die Anrainer des Marktplatzes verlangen auf dem Balkon zehn Gulden und ich denke, bei seiner Verbrennung werden sie auch zwanzig nehmen. Ach, Jungfer Luzia, bevor ich es vergesse, ich wollte noch sagen, dass heute Nachmittag die Handwerker beschäftigt sind, die eingeworfenen Fenster am Rathaus zu vernageln. Sie werden vor Sonnenuntergang fertig sein, erfuhr ich. Danach rechnet man damit, dass sich keine Menschenseele mehr in der Nähe aufhält. Es wird vor den Stadttoren gefeiert - dort, weil die Feier auf dem Rathausplatz verboten wurde. Was ich meine, tja, die Wache auf den Stadtmauern wird wohl mitfeiern. Nun, so, ich verabschiede mich. Jungfer Magdalene, es war mir ein Bedürfnis, Eure Satisfaktion in Eurer Gegenwart erleben zu dürfen. Und dir, Jungfer Luzia, wünsche ich eine gute Reise und alles Gute für die Zukunft. Ich verabschiede mich.«
    Magdalene stellte ihren Becher ab und achtete gar nicht auf den Anwalt, der das Zimmer verließ. »Luzia, du verlässt uns? Du willst es wirklich versuchen?«
    »Ja, Magdalene, eure Gastfreundschaft war überwältigend und ich bedaure sehr, euch verlassen zu müssen, aber … ich fürchte mich zu sehr davor, dass jemand mich des Diebstahls anklagt. Mir stünde eine schwere Strafe bevor, dieser Tage sind die Richter streng. Was ich heute sah, bestärkt mich in meiner Ansicht. Ehe ich bereue, was ich diesem Mann angetan habe, will ich lieber gehen. Ja, ich weiß, ich kenne die Argumente. Er hatte genau das gleiche mit uns beiden vor und er hätte es auch vollbracht, wenn wir ihm nicht zuvor gekommen wären. Und ja, es stand uns kaum ein anderer Weg frei. Wir mussten ihn mit seinen eigenen Waffen schlagen. Trotzdem kann ich nichts gegen meine Schuldgefühle tun und wache nachts schweißgebadet auf, wenn ich daran denke, was ihm geschieht und was man vielleicht mit mir macht. Ich will fort.«
    Lukas’ Blick tat ihr weh, aber sie erwiderte ihn offen. »Und ich
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