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Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition)

Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition)

Titel: Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition)
Autoren: Tatjana Stöckler
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Brust wählen, weil bei der erwarteten Folter der Inquisition die Haut dort belastbar bleiben muss.«
    Die Menge grölte rhythmisch. Obwohl sie kein Wort verstehen konnte, erkannte Luzia, dass die Menschen dort zählten. Sie zählten laut die Peitschenhiebe mit, die Balthasar erhielt. Sechzig. Es gab keinen Grund für den Henker, barmherzig zu sein.
    Lauter Jubel erschallte, als die Peitsche ihre Arbeit verrichtet hatte, der aber Patrizius’ Worte nicht übertönen konnte. »Ein Band wird fest um sein Gemächt gezogen, um die Blutzufuhr zu vermindern. Dadurch wird auch der Schmerz betäubt. Jungfer Magdalene, dabei handelt es sich nicht um Gnade, sondern um die Gewähr, dass er die Prozedur überlebt. Außerdem lässt die Betäubung bald nach. Ohnedies käme es zum sofortigen Tod. Ein Chirurgus aus Salerno wurde deshalb für viel Geld gerufen. Nun, Noß zahlt es selbst, weil sein erpresstes Vermögen eingezogen ist. Das anschließende Ausbrennen der Wundhöhle wird er sehr wohl fühlen.«
    Magdalene sah kurz zu ihm herüber, bevor sie sich wieder auf den Blick durch das Fernrohr konzentrierte. »Halb wünschte ich, er würde am Wundbrand eingehen. Andererseits erscheint mir das zu gnädig für ihn.«
    »Man trägt Vorsorge auf Anraten des Medicus. Die nächsten drei Nächte verbringt er im Kerker in einem besonders dafür gefertigten Gestell mit gespreizten Armen und Beinen, dass er nicht in den Wunden bohren kann und somit doch noch seinen Tod hervorruft. Wie ich weiß, wird er schon seit Wochen darin gehalten, sowie die Aufsicht ihn verlässt. Er nutzt jede Gelegenheit, sich selbst zu verletzen. Sein Bedürfnis nach ständiger Strafe scheint mir auch so gestillt, denn die fortwährende Fesselung in dieser Lage ruft schmerzhafte Muskelkrämpfe hervor. Mein Spitzel im Rathaus berichtet, heute gibt er den ersten Tag Ruhe und tobt nicht gegen seine Bewacher.« Applaus brandete hoch. »Ah, es ist vollbracht.«
    »Gott sei Dank. Er hat Strafe verdient, aber ich kann nichts gegen mein Mitleid tun.« Luzia wollte sich herumdrehen und hinein gehen, aber die anderen blieben stehen. Magdalene klebte am Fernrohr und leckte sich kurz über die Lippen.
    »Strafverschärfung«, sagte Doktor Patrizius. In diesem Moment gellte ein Schrei über die Dächer, der sogar das Jauchzen der Menge übertönte. Ein Lächeln umspielte Magdalenes schöne Lippen. Luzia merkte, wie Lukas‘ Hand sich kurz um ihre verkrampfte. Die Stimme des Rechtsanwalts klang sachlich. »Der vordere Teil des Gliedes wurde mit einer glühenden Zange abgezwackt. Das wird verhindern, dass er trotz nachlassender Lust durch die Entmannung überhaupt körperlich in der Lage zu einer weiteren Vergewaltigung sein wird.«
    »Großer Gott, ist es denn endlich vorbei?«
    »Gleich, Jungfer Luzia. Eines noch. Wegen der Widernatürlichkeit. Er soll fühlen, wie sein Opfer fühlte. Ein englischer König schon musste sich diesem stellen als Strafe für sein gotteslästerliches Gelüst der Sodomie. Das ist als Schluss der Züchtigung vorgesehen, da es bei dieser Prozedur regelmäßig zur Ohnmacht kommt. Man wird sich nicht mit dem Wecken aufhalten, sondern ihn gleich in das Gestell fesseln und in den Kerker transportieren. Die wenigen Büttel sind überfordert, es mit der aufgewiegelten Menge aufzunehmen. Sie hoffen, mit seinem bewusstlosen Leib ungeschoren durch die Rotte zu kommen. Beginnt er zu toben, zerreißt ihn der Mob.«
    »Sie binden ihn auf den Bock«, rief Magdalene und beugte sich vor.
    Rhythmisches Klatschen und Rufe feuerten den Henker an. Eigentlich wollte Luzia es überhaupt nicht wissen, aber dann fragte sie doch: »Was geschieht denn jetzt noch?«
    »Sie sind mit zwei Haken in ihn eingedrungen und ziehen die Öffnung auseinander«, sagte Magdalene.
    Doktor Patrizius erklärte weiter. »Ein glühendes Rohr wird tief ins Rektum geführt und belassen. So wird den Rest seines Lebens jede Entleerung zur unerträglichen Qual. Auf diese Weise soll er täglich seiner Sünden gedenken und büßen. Das, Jungfer Magdalene, sollte Euch Vergeltung genug sein.«
    In dem Moment, als das Getöse der Menge den lautesten Punkt erreichte, gellte wieder ein Schrei empor, diesmal langgezogen und in einem Kreischen endend. Applaus und Jubelgesänge brandeten empor und wollten gar nicht enden. »Belassen?«, krächzte Luzia.
    »Natürlich nur die ersten Tage. Das gewährleistet eine so tiefe Verbrennung, dass der Zweck erfüllt ist, und schützt die Wundfläche, sagt der Chirurgus.
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