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Die Herzogin, ihre Zofe, der Stallbursche und ihr Liebhaber

Die Herzogin, ihre Zofe, der Stallbursche und ihr Liebhaber

Titel: Die Herzogin, ihre Zofe, der Stallbursche und ihr Liebhaber
Autoren: Victoria Janssen
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zeigte auf ein Haus, dessen Tür fast hinter wild wuchernden Rosenbüschen verschwand.
    Kamah hatte ihre Aufgabe bestens erfüllt. Wenige Straßen vom Palast entfernt wartete eine junge Frau mit kurz geschnittenen Haaren auf sie, die ein Banner in der Hand hielt, auf dem Camilles Wappen zu sehen war. Als sich die Gruppe ihr näherte, schwenkte sie fröhlich die Fahne. Mit leuchtenden Augen stemmte Henri sich im Sattel hoch. “Nico!”, rief er.
    Ihre Miene erhellte sich. “Henri!” Dann sah sie Camille und riss die Augen weit auf. “Madame la Duchesse!” Mitten auf der Straße fiel sie auf die Knie.
    Camille beugte sich von Guirlandes Rücken hinunter und streckte die Hand aus. “Für so etwas haben wir keine Zeit. Kannst du vorauslaufen und mich ankündigen?”
    “Natürlich, Madame! Ich war … Ja.” Nico schüttelte sich, als wollte sie sich selbst beruhigen. Sie schaute zwischen den Pferden hindurch, erspähte Sylvie, errötete und richtete ihren Blick wieder auf Camille. “Madame, es ist alles für Eure Ankunft bereit.”
    “Vielen Dank. Und richte Annette meinen Dank aus, wenn du Gelegenheit dazu hast”, erwiderte Camille.
    Nico versank in einem Knicks und rannte dann mit flatternder Fahne davon.
    “Was ist das für ein Lärm?”, erkundigte sich Henri, während er Nico hinterhersah.
    “Eine große Menschenmenge”, antwortete Camille. “Komm. Sie warten auf uns.”
    Sie näherten sich den hohen, glatten weißen Mauern des Palasts, auf denen so breite Wege verliefen, dass dort oben zwei Wachen einander begegnen konnten. Camille hatte das Gefühl, als würden sich die Mauern schwer um ihr Herz legen.
    Nächstes Mal, schwor sie sich, würde es anders sein; dann würde sie den Palast als Ort der Sicherheit und der Beständigkeit sehen. Im Moment ignorierte sie die geschlossenen schmiedeeisernen Tore und konzentrierte sich stattdessen auf Guirlande. Die Stute sah hervorragend aus, und Camille sorgte dafür, dass das Pferd sich so anmutig und exakt bewegte wie die Tiere in der Ehrengarde des Königs. Die Menschen, die ihr zusahen, besaßen zum größten Teil keine eigenen Pferde und wussten vielleicht nicht zu schätzen, was sie leistete, hatten keine Ahnung, wie viele Jahre Training nötig gewesen waren, bis Guirlande die komplizierten Schrittfolgen beherrschte, aber Camille wusste es. Ihr Stolz und ihr Vertrauen in ihre eigene Leistung würden sich in ihrer Haltung spiegeln.
    Jubelschreie erhoben sich. Einen winzigen Moment lang schloss sie erleichtert die Augen, dann lächelte sie strahlend und winkte in die Menge.
    Der Hauptmann der Garde des Herzogs, David-Marie, ritt vom Palast aus in mäßigem Tempo auf sie zu. Sein Säbel hing an seiner Seite, aber er machte keine Anstalten, danach zu greifen, auch nicht, als er sein Pferd wenige Schritte von Guirlande entfernt anhielt. Er ritt einen muskulösen grauen Wallach, der so jung war, dass er noch helle Flecke auf Rücken und Seiten hatte. Ohne dass eine Bewegung David-Maries im Sattel sichtbar gewesen wäre, hob der Wallach ein Vorderbein und beugte den Hals. “Madame la Duchesse”, begrüßte der Hauptmann Camille. “Willkommen zu Hause.”
    Camille senkte den Kopf und seufzte innerlich erleichtert auf. “Ist das Sucre, den Ihr da reitet?”
    “Ja, Madame. Der Sohn von Tonnelle”, erwiderte er und ruckte mit seinem Kopf leicht in Richtung der Stute, auf der Kaspar saß. “Geht es Euch gut?”
    Sie wagte nicht, sich umzusehen, um festzustellen, ob jemand anders nahe genug war, um sie hören zu können. Dann wieherte Lilas. Camille vermutete, dass die kleine Stute wegen Sylvies mangelnder Reitkunst durch die sich herandrängende Menschenmenge von den anderen Tieren getrennt worden war und die beruhigende Nähe ihrer Artgenossen vermisste. Sie beugte sich leicht vor, als wollte sie ein vertrauliches Gespräch führen, denn sie konnte die forschenden Blicke, die auf ihr lagen, fast körperlich spüren. Mit einer sanften Geste legte sie die Hand auf ihren Bauch. “Es geht mir sehr gut, David-Marie. Das Reiten scheint keine schädliche Wirkung auf meine Weiblichkeit zu haben.”
    Sie hatte die Geräusche der Menge um sich herum nur am Rande wahrgenommen, der Bewegungen, des Gemurmels und des Raschelns der Kleidung, bis plötzlich absolute Stille eintrat. Für ein oder zwei Sekunden schien es, als wäre eine riesige Decke vom Himmel gefallen und hätte jedes Geräusch und jede Bewegung unter sich begraben. Dann erhoben sich wieder Stimmen, als
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