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Die Herzogin, ihre Zofe, der Stallbursche und ihr Liebhaber

Die Herzogin, ihre Zofe, der Stallbursche und ihr Liebhaber

Titel: Die Herzogin, ihre Zofe, der Stallbursche und ihr Liebhaber
Autoren: Victoria Janssen
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selbstverständlich unhörbar wie Katzen.
    Der Klang ihrer Absätze wurde leiser, als sie den weichen, blau und golden gemusterten Teppich betrat. Die Wachen zuckten nicht mit einem einzigen Muskel, als sie sich ihnen näherte, aber sie spürte, dass ihre Haltung noch ein wenig starrer wurde und ihre Aufmerksamkeit zunahm. Sie hätten ähnlich auf jeden reagiert, der näher kam, aber ihre Eunuchen waren unverwechselbar, und trotz der Hosen, die sie trug, und ihrer kurz geschnittenen Haare erkannten die Wachen ihre Herzogin. In dem Vertrauen, dass Kaspar und Arno ebenfalls anhalten würden, wenn sie es tat, blieb sie einen Schritt vor den beiden Gardesoldaten stehen, dicht genug, dass die Männer ihr den Kopf zuwenden mussten, wenn sie sie richtig sehen wollten.
    “Wache fortsetzen”, befahl sie in selbstverständlichem Ton, bevor sie ihr Gefolge die Treppe hinaufführte. Während der ersten zwei Stufen erlaubte sie sich noch die Frage, ob die Wachen sich im nächsten Moment auf sie stürzen würden, doch dann schob sie diese Angst beiseite. Es war einfacher, sich darauf zu konzentrieren, wie leicht es war, eine Treppe hinaufzusteigen, wenn man statt der schweren Röcke eine gut sitzende Reithose aus Leder und bequeme Stiefel trug.
    Oben an der Treppe standen zwei weitere Wachen, die lediglich die Enden ihrer Hellebarden als Gruß auf den Teppich stießen, als sie an ihnen vorbeiging. Fast hätte Camille gelächelt.
    Henri war nie zuvor in diesem Teil des Palasts gewesen, sie schaute sich nach ihm um, um seine Reaktion zu sehen. Er wirkte nervös. Gerne hätte sie seine Hand berührt, doch dafür war nun nicht der richtige Zeitpunkt. Bei seinem ersten Besuch im Palast hatte Sylvie ihn durch abgelegene Gänge eingeschleust, die eigentlich für die Diener bestimmt waren und ständig für geheime Rendezvous benutzt wurden. Die breiten Korridore passten besser zu ihm. Hier brannten Kerzen, deren süßer Duft nach Bienenwachs in der Luft lag. Der Geruch der Kerzen war für sie gleichbedeutend mit Heimat. Sie atmete tief ein, verlangsamte jedoch nicht ihre Schritte. Sie hatte das Gefühl, dass niemand sie hätte aufhalten können. Tief in ihrem Inneren spürte sie ein zartes Vibrieren. Sie fühlte sich gleichzeitig leicht und stark. Alles um sie herum erschien ihr klarer und sauberer, roch und klang intensiver, als hätte jemand einen Schleier von ihrem Gesicht gezogen. Sie stieg eine weitere Treppe hinauf.
    Die Räume des Herzogs lagen links den Gang hinunter. Camille wandte sich energisch in diese Richtung, um das plötzliche Unbehagen zu verbergen, das in ihr aufstieg. Sie hatte seine Zimmerflucht immer gehasst. Wie einen Hund hatte Michel sie oft dorthin befohlen, um sie vor den Augen der Diener zu beschimpfen und zu demütigen. Er hatte sich auch keinerlei Mühe gegeben, es vor ihr zu verbergen, wenn er die Dienerschaft demütigte. Das würde sich ändern. Sie hatte Sylvie, Kaspar und Arno so viel zu verdanken und würde ihnen ihre Dankbarkeit in Zukunft anders zeigen als dadurch, dass sie ihnen gelegentlich einige abgelegte Kleidungsstücke schenkte. Das war ein weiterer Punkt, den sie jener schier unendlichen Liste hinzufügen musste, mit deren Umsetzung sie lange Zeit beschäftigt sein würde.
    Vor der Tür des Herzogs blieb sie stehen. Drinnen war alles still. Henri berührte leicht ihre Schulter, bevor er seine Finger fest darauf legte und sie drückte. Wärme floss durch ihren Körper. Sie öffnete die Tür.
    Sylvie sprang zurück. Glücklicherweise ging dabei die Pistole, die sie in der Hand hielt, nicht los. Nachdem Camilles Atem sich wieder beruhigt hatte, betrat sie das Zimmer, gefolgt von Henri und den Eunuchen. Bis auf einen einzelnen thronartigen Sessel, von dem aus Michel mit Vorliebe seine Urteile verkündete, war der in der Mitte gelegene Raum der herzoglichen Zimmerflucht leer. Camilles Rückgrat versteifte sich, und ihre Muskeln spannten sich an. Nachdem sie einen Moment nachdenklich verharrt hatte, bemerkte sie, dass in der Luft noch ein Hauch von Michels Parfüm hing, wie ein Blütenblatt, das dem Boden entgegenfiel.
    “Wo ist er?”, fragte sie.
    Sylvie ließ ihre Pistole sinken. “In seinem Schlafgemach. Ich würde ihn gern erschießen.”
    “Nein.” Camille schüttelte den Kopf. “Das ist nicht deine Aufgabe.”
    “Es wäre mir eine Ehre, mich in Euren Auftrag um dieses Problem zu kümmern, Madame”, erklärte Kaspar, nachdem er sich geräuspert hatte. “Ich kann verhindern, dass er mit
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