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Die Herzogin der Bloomsbury Street

Die Herzogin der Bloomsbury Street

Titel: Die Herzogin der Bloomsbury Street
Autoren: Helene Hanff
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einen Wunsch, den sie zwanzig Jahre lang vor sich herschob. 1949 hatte sie Verbindung zu einem Londoner Antiquariat in der Charing Cross Road, Nummer  84 , aufgenommen, um seltene Bücher zu bestellen. Rasch entwickelte sich daraus ein Briefwechsel, der mit normaler Geschäftskorrespondenz nichts mehr zu tun hatte. Die New Yorkerin Helene Hanff und der Londoner Buchhändler Frank Doel wurden zu Freunden, die ihren Gefühlen auf sehr unterschiedliche Weise Ausdruck verliehen und die sich persönlich nie begegnen sollten: 1969 stirbt Frank Doel, was seine Briefpartnerin dazu bringt, diesen einzigartigen Briefwechsel zu publizieren.
84 , Charing Cross Road
heißt das 1970 bei Grossman, New York, zuerst erschienene Bändchen, dessen Charme die Leserinnen und Leser sofort eroberte – ein Siegeszug, der sich über dreißig Jahre später im Jahr 2002 , auch in Deutschland fortsetzte.
    Wesentlich schneller erreichte
84 , Charing Cross Road
England. Der Verleger André Deutsch entschloss sich umgehend, eine Ausgabe auf den Markt zu bringen, und lud die Autorin nach London ein, um das Erscheinen des Buches wirksam zu begleiten. Zwanzig Jahre lang, wie gesagt, war es Helene Hanff unmöglich gewesen, die ersehnte Reise über den Atlantik anzutreten. Der Kontostand der nicht auf Rosen gebetteten Drehbuchschreiberin ließ ein derart kostspieliges Unternehmen nicht zu, wiewohl manche der Hanff’schen Briefe den Verdacht nähren, dass auch leise Furcht mit im Spiel war – die Furcht, die farbigen Bilder der Imagination in den Straßen Londons nicht wiederzufinden.
    Im Juni 1971 ist es so weit: Helene Hanff bricht auf, um das ihr vor allem durch die Literatur vertraute London zu sehen. Sie beschließt, Tagebuch zu führen und ihre Eindrücke präzise festzuhalten.
Die Herzogin der Bloomsbury Street
ist das wunderbare Resümee dieser Aufzeichnungen, 1973 zuerst erschienen und nun erstmals ins Deutsche übertragen. Wie in
84 , Charing Cross Road
gelingt es Helene Hanff, ihre Erlebnisse und Begegnungen so pointiert und liebevoll einzufangen, dass man dieser ängstlichen wie entschlossenen Reisenden sofort folgen möchte. Hanff weiß natürlich um das Abenteuer, auf das sie sich einlässt. »Ein Gefühl der Ernüchterung« überkommt sie zuerst … und die beklemmende Regung, »dass die ganze Reise unnötig war«. Doch kaum beginnt sie, die Stadt für sich zu erobern, fallen die anfänglichen Zweifel von ihr ab, und das Glücksgefühl, endlich auf den Spuren von John Donne oder William Shakespeare wandeln zu dürfen, beherrscht sie völlig.
    Helene Hanff genießt ihren sechswöchigen Aufenthalt; sie erfreut sich an dem lebhaften Interesse, das ihr die Journalisten entgegenbringen, wohl wissend, dass dieser Ruhm nur von kurzer Dauer sein und nicht bis nach New York reichen wird. Mit Augenzwinkern lässt sie sich als »Ersatz-Herzogin« feiern und ist begierig darauf, jeden Augenblick ihrer Reise auszukosten. Freudig nimmt sie Essenseinladungen an, da diese ihren Geldbeutel entlasten und helfen, die Zahl ihrer London-Tage zu erhöhen. Dennoch ist die englische Metropole für Helene Hanff mehr als ein bloßer Andachtsort, der keine kritischen Anmerkungen verträgt. Mit dem ihr eigenen Witz beschreibt sie die Fehlkonstruktion einer Hoteldusche, die dürftige Ginhaltigkeit der gereichten alkoholischen Getränke, die rätselhafte Komposition eines »Chicken Maryland« und die gewöhnungsbedürftige britische Kleiderordnung.
    Das reale London hält den Erwartungen, hält der einstigen »Sehnsucht, die wie Heimweh war«, stand. Es ist der pragmatische Realitätssinn, der die Reisende Hanff davor schützt, in triefende Sentimentalität zu verfallen. Sie will die Stätten sehen, die ihr die Bücher nahe brachten, und sie will endlich Frank Doels Familie kennen lernen. Sie macht diese Erfahrungen und legt in ihrem Tagebuch sofort Rechenschaft darüber ab. Als sie beschließt, die alten Lettern des inzwischen geschlossenen Antiquariats Marks & Co. mitzunehmen, kommentiert sie diesen Anfall möglicher Wehmut umgehend: »Und an einem Tag im September, wenn ich meinen Hausputz mache und sie mir in die Hände fallen, werde ich mich fragen: ›Was willst du damit – willst du Tränen darüber vergießen, wenn du eine alte Dame bist?‹, und sie dann wegwerfen.«
    Auch
Die Herzogin der Bloomsbury Street
ist ein Buch der Freundschaft(en), und vielleicht liegt darin überhaupt die Erklärung für Helene Hanffs anhaltenden Erfolg. Bis heute rührt
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