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Die Herrschaft der Zaren - Russlands Aufstieg zur Weltmacht

Die Herrschaft der Zaren - Russlands Aufstieg zur Weltmacht

Titel: Die Herrschaft der Zaren - Russlands Aufstieg zur Weltmacht
Autoren: Uwe Klußmann
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Toren der Hauptstadt des sibirischen Khanats ihre Waffen luden, hatten sie unendliche Strapazen zu erdulden.
    In den fünfziger Jahren des 16. Jahrhunderts regierte in Moskau Iwan IV. , »der Schreckliche«. Er interessierte sich zunächst nicht besonders für die kalte Landmasse, die da östlich des Uralgebirges lag und von berittenen Horden beherrscht wurde. Iwan stritt sich mit Polen und Schweden um die Vorherrschaft in Nordeuropa. Der Krieg im Westen band seine militärischen Kräfte jahrzehntelang. Und es waren nicht kühne Heerführer, die zuerst nach Osten vorstießen, sondern Kaufleute: die Stroganows.
    Die Legende führt die Familie auf einen mongolischen Kleinfürsten zurück, der sich dem Moskauer Herrscher anschloss. Leider, so will es die Überlieferung, fiel er später seinen Stammesgenossen in die Hände: Sie ließen ihm als Verräter das Fleisch bis auf die Knochen abziehen. Seine Witwe führte fortan den Namen Stroganow, vom russischen Verb für »schnetzeln, hobeln«.
    Der Enkel des Stammvaters, Luka, legte den Grundstock des Familienimperiums: In Solwytschegodsk, 850 Kilometer nordöstlich von Moskau, schöpfte er Wasser aus einem Salzsee und verdampfte es, um den wertvollen Stoff daraus zu gewinnen. Salz wurde im Mittelalter wie Gold aufgewogen. Lukas Enkel Anika brachte es zu märchenhaftem Reichtum. Er stieg auch in den Pelzhandel mit englischen Kaufleuten ein und erkannte das Potential Sibiriens, wo es Holz, Gold, Polarfüchse, Zobel und Biber in Hülle und Fülle gab. Die Agenten Anikas gelangten bis ins spätere Perm. Mit Billigung der Herrscher in Moskau, die sie sich durch Geschenke gewogen hielten, errichteten die Stroganows dort an der Kama, einem großen Nebenfluss der Wolga, ihr Hauptquartier. Sie kontrollierten damit das Tor nach Sibirien und konnten ihre Pelze und das Salz per Schiff nach Moskau schaffen.
    1558 verpachtete Iwan rund 15 Millionen Morgen »brachliegendes Land, dichte Wälder, wilde Ströme und Seen, unbewohnte Inseln und Teiche«, so groß wie Nordrhein-Westfalen, an die Stroganows. Dort im Vorland des Ural durften sie jagen, Salz sieden und Handel treiben; nur wenn sie Bodenschätze wie Gold fanden, hatten sie das sofort an den Kreml zu melden. Der Reichtum der Familie weckte die Raubgier der Tataren im Osten des Gebirgszuges: Kütschüm Khan, ein später Nachfahre Dschingis Khans, hatte zwischen Irtysch und Ob ein Reich gegründet. Seine Reiter überfielen immer wieder die Karawanen der Stroganows.
    Der Zar war im Westen noch zu beschäftigt, um helfen zu können. Also sahen sich die Stroganows nach Söldnern um. Sie wurden bei den Kosaken an der Wolga fündig: Nachkommen unfreier Flüchtlinge aus dem Zarenreich, die sich in den rauen Steppen eingerichtet hatten, geübte Kämpfer in offenem Felde gegen die Tataren und erfahrene Schiffer.
    Jermak Timofejewitsch war einer ihrer Anführer, Atamane genannt. Er hatte zeitweise für den Zaren im Livländischen Krieg gekämpft, dann wieder von Flusspiraterie gelebt.
    Jermak folgte dem Ruf der Stroganows, oder besser: ihrem Gold. Als er den Auftrag annahm, spielte womöglich auch eine Rolle, dass einige seiner Anführer die Gunst des Zaren wiedergewinnen wollten, derer sie wegen ihrer Räubereien verlustig gegangen waren. Wohl im Herbst 1581 sammelte Jermak seine 500 Kosaken, er verstärkte sie zusätzlich durch rund 300 versprengte Kämpfer aus Deutschland, Polen und Livland. Sogar ein paar Tataren sollen dabei gewesen sein.
    Diese bunte Truppe fuhr in den typischen hölzernen Kähnen auf einem Nebenfluss der Kama aufwärts gen Osten. Oft mussten sie ihre Boote vom Ufer aus ziehen, nicht selten an Stromschnellen vorbeischleppen. Schließlich hatten sie die Wasserscheide in den Hügeln des Ural erreicht. Im Quellgebiet der Tura bauten sie neue Kähne und steuerten stromab ins unbekannte Sibirien. Wo sie auf Tataren stießen, duckten sie sich vor dem Pfeilhagel hinter die hohen Bordwände. Im Frühjahr erreichten sie die Gegend um Sibir, das sie im Oktober im Handstreich nahmen. Doch damit saßen sie erst einmal fest. Jermak ging die Munition aus, ihm starben die Männer weg. Denn Kütschüm Khan ließ seine Tataren immer wieder angreifen.
    Also wählte der Ataman einen seiner Untergebenen aus, den tollkühnen Iwan Kolzo. Der sollte sich nach Moskau durchschlagen und Hilfe anfordern. Um dem Gesuch Nachdruck zu verleihen, gab Jermak ihm 40 Kosaken und mehr als 5000 Zobel-, Silberfuchs- und Biberfelle mit. Es war wohl vor allem
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